Z Gastroenterol 2017; 55(08): 781
DOI: 10.1055/s-0043-114080
Sonderforschungsbereiche und Forschergruppen in der Gastroenterologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Klinische Forschergruppe 1321/2 „PLAFOKON“: Universelles, skalierbares Plattformkonzept für mikro-invasive viszeralmedizinische Eingriffe

Hubertus Feußner
1   Forschungsgruppe MITI, Technische Universität München
,
Alexander Meining
2   Forschungsgruppe InExEn, Universität Ulm
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Publication Date:
10 August 2017 (online)

Seit 2012 wird die DFG-Forschergruppe 1321 „Single-Port-Technologie für die gastroenterologische und viszeralchirurgische endoskopische Intervention“ durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) an der Technischen Universität München, Klinikum rechts der Isar, gefördert. Nach der erfolgreichen Evaluation im Jahre 2016 wurde eine weitere Förderung der Klinischen Forschergruppe bis in das Jahr 2019 bewilligt. Das Thema der zweiten Förderperiode ist die Entwicklung eines universellen, skalierbaren Plattformkonzepts für die mikroinvasive viszeralmedizinische Intervention. Zielsetzung der Forschergruppe ist es, eine für laparoskopische/extraluminale Single-Port-Eingriffe ebenso wie für flexibel-endoskopisch/intraluminale Eingriffe geeignete Operationsplattform zu entwickeln, um die Dissemination von minimal-invasiven endoskopischen Operationsmethoden weiter zu verbessern. Ein entscheidendes Schlüsselelement ist dabei – unabhängig ob aus laparoskopischer oder interventionell gastroenterologischer Sicht – die sog. Basisplattform („OP-Roboter“, „Superendoskop“).

Es hat sich herausgestellt, dass eine derartige Plattformlösung patientenindividuell entsprechend des jeweiligen Phänotyps konfiguriert werden muss, da die optimale Funktion durch eine Über- wie auch durch eine Unterdimensionierung verhindert wird. Aufgabe der Forschergruppe ist es, wissenschaftlich-technische Lösungen zu finden, die unter vertretbaren ökonomischen Randbedingungen die Anfertigung „maßgeschneiderter“ Instrumente möglich macht. Konkret soll die im Erstantrag entwickelte Plattform skaliert hergestellt werden können.

Der komplexe mechanische Aufbau erschwert die Geräteaufbereitung (Sterilisation) des Instrumentariums erheblich, sodass zumindest die in den menschlichen Körper eingeführten Komponenten als Einwegprodukt hergestellt werden sollten. Beide Forderungen sprechen für einen modularen Aufbau des Gesamtsystems. Der patientenseitige Teil soll individuell „on demand“ für den einmaligen Gebrauch ausgelegt sein, während die patientenferne Steuerungs- und Antriebseinheit universell in allen einzelnen Anwendungsfällen eingesetzt wird.

Die im Vorprojekt entwickelte Plattform kann in künftigen integrierten Interventionsumgebungen (OP der Zukunft) keine „stand-alone“-Lösung sein. Deshalb soll die aktive und passive Einbindung der Plattform in eine kooperative Interventionsumgebung erreicht werden. Dabei sollen einerseits Informationen von der/über die Plattform von dem sog. kooperativen Interventionsumfeld (KIU) übernommen werden, wodurch die Funktionalität des KIU erheblich erweitert und verbessert werden kann. Andererseits soll das KIU an die Operationsplattform in Echtzeit kontextsensitive Informationen übermitteln, die der Plattform kontextadaptierte teilautonome Aktionen ermöglicht. Das hohe kognitive und aktorische Potenzial der zu entwickelnden Plattform eignet sich zudem dazu, bei mikroinvasiven viszeralmedizinischen Eingriffen erstmals einen echten theragnostischen Ansatz zu realisieren, d. h. in gleicher Sitzung sowohl das Ausmaß der zu behandelnden Läsion exakt zu diagnostizieren und auch unmittelbar und hochpräzise zu behandeln. PLAFOKON wird deshalb nicht nur wichtige Impulse für die minimal-invasive Chirurgie und die interventionelle Endoskopie liefern, sondern wünschenswerterweise auch einen integrierten viszeralmedizinischen Ansatz (z. B. im Sinne von „NOTES“ – also dem Operieren über natürliche Körperöffnungen i. A.) ermöglichen. Darüber hinaus besitzt PLAFOKON auch einen besonderen Modellcharakter hinsichtlich der intensiven Zusammenarbeit von Klinikern mit Ingenieuren und Informatikern auf dem Gebiet der Medizintechnik.

Die bisher erzielten Ergebnisse der Forschergruppe wurden interdisziplinär in ingenieurwissenschaftlichen und medizinischen Fachjournalen publiziert. Die im Tiermodell erfolgreich durchgeführte Evaluation der Plattform bei der endoskopischen Submukosadissektion wurde 2016 mit dem Endoskopieforschungspreis der DGVS ausgezeichnet.