Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2017; 24(06): 297
DOI: 10.1055/s-0043-123056
Gesellschaft | DGMM
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Deutsche Gesellschaft für Maritime Medizin e. V.

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Marcus Oldenburg
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Publication Date:
12 December 2017 (online)

als Urvater der Kreuzfahrt gilt die Peninsular and Oriental Steam Navigation Company, die mit einer Schifffahrtslinie zwischen England und der Iberischen Halbinsel begann, im Jahre 1840 den Postdienst nach Alexandria übernahm und dann ab 1844 die ersten Luxuskreuzfahrten nach Gibraltar, Malta und Athen anbot. In Deutschland war es der Reeder Albert Ballin, Generaldirektor der Hamburger HAPAG, der in den 1980er Jahren das wirtschaftliche Potenzial erkannte, die freien Winterkapazitäten der Schifffahrtslinien für Kreuzfahrten zu nutzen. Im Dezember 1900 wurde das weltweit erste als Kreuzfahrtschiff konzipierte Schiff, die Prinzessin Victoria Luise, nach Stapellauf in der Werft Blohm & Voss in den Dienst der Hamburger Reederei HAPAG gestellt.

Seit mehreren Jahren boomt die Kreuzfahrtindustrie. Während zum Beispiel in Hamburg im Jahr 2005 nur 40 000 Passagiere gezählt wurden, waren es 2016 bereits 722 000 bei 171 Schiffsanläufen. Gemäß Angaben des Deutschen Reiseverbands (DRV) stellte Deutschland mit 2,02 Mio. Passagieren nach den USA den zweitgrößten Markt für Kreuzfahrten dar. Weltweit waren im Jahr 2016 24,2 Mio. Passagiere auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs. Nicht nur die Anzahl, sondern auch die Größe der neuen Kreuzfahrtschiffe hat in letzten Jahren deutlich zugenommen.

Aus medizinischer Sicht hält das Arbeiten und Leben auf den Kreuzfahrtschiffen für die Besatzungen zahlreiche und ganz unterschiedliche Anforderungen bereit. Zum einen sind es die typischen seefahrtsbezogenen Einwirkungen wie Seegang, UV-Belastung, Lärm und Vibrationen, zum anderen kommen noch kreuzfahrtübliche Herausforderungen dazu. Hierzu zählen unter anderem hohe psychosoziale und psychoemotionale Belastungen der Crew, um den Passagieren zu jeder Zeit eine Wohlfühlatmosphäre zu vermitteln, große logistische Herausforderungen, damit die Versorgung von Hunderten von Menschen an Bord auf hohem Niveau gewährleistet ist, oder auch strenge Hygienevorgaben, um einem befürchteten Infektionsausbruch angesichts der Menschenmassen auf engen Raume präventiv zu begegnen. Natürlich kann auch die medizinische Versorgung der zahlreichen Kreuzfahrtpassagiere an Bord, die die schiffs- und reisetypischen Bedingungen nicht gewohnt sind, für Schiffsärzte ein Problem darstellen. Dieses gilt nicht nur für das massenhafte Auftreten kinetotischer Beschwerden bei starkem Seegang, sondern auch für Unfallereignisse, die trotz aller Sicherheitsbestimmungen an Bord infolge der Schiffsbewegungen nicht vermeidbar sind.

Aus präventiv-medizinischer Sicht treten insgesamt zahlreiche Fragen auf, zum Beispiel welche Anforderungen werden konkret an Schiffsärzte gestellt und wie können diese optimal vorbereitet werden, welche Qualifikationen sind von ihnen zu fordern, wie ist die Bordapotheke auszustatten oder welche hygienischen Maßnahmen sind zur Prävention und im Falle eines Infektionsausbruchs durchzuführen.