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DOI: 10.1055/s-0043-1768823
Interdisziplinäre Behandlung einer Zervixgravidität – ein Fallbericht
Authors
Einleitung Die Zervixgravidität stellt mit weniger als einem Prozent der ektopen Schwangerschaften eine seltene Entität dar [1]. Um potentiell lebensbedrohliche Blutungskomplikationen und das damit verbundene Risiko einer Hysterektomie zu vermeiden, sind eine rechtzeitige Diagnostik und Therapie essentiell. Medikamentöse, interventionelle und operative Verfahren können je nach klinischer Situation angewandt werden. Aufgrund der niedrigen Inzidenz stellen Fallberichte die aktuelle Grundlage für klinische Handlungsempfehlungen dar.
Fallbericht Es stellte sich eine 35-jährige gesunde III Gravida 0 Para notfallmäßig in rechnerisch 8+6 SSW mit V.a. Zervixgravidität in unserem Klinikum vor. Anamnestisch war 10 Monate vorher eine Abortkürettage bei missed abortion einer Geminigravidität in der 10. SSW vorausgegangen sowie vor 5 Monaten eine biochemische Gravidität mit spontanem komplettem Abort. Aufgrund der rezidivierenden Aborte waren bereits frühzeitig eine genetische Untersuchung des Paares und eine hämostaseologische Untersuchung der Patientin extern erfolgt, welche beide keine Auffälligkeiten ergaben. Bei der Erstvorstellung in unserer Klinik war die Patientin asymptomatisch, es war keine vaginale Blutung vorhanden. Sonografisch zeigte sich eine intakte Einlingsgravidität (SSL 21,5mm, entsprechend 8+4 SSW) im Bereich des oberen Zervixdrittels/Os internum mit nur dünnem a.e. zervikalen Gewebe, umgebendes uterines Myometrium konnte nicht dargestellt werden ([Abb. 1]). Die Restzervix war 19mm lang. Zudem stellte sich eine ausgeprägte, zum Teil lakunäre Durchblutung im Chorion bis an die Oberfläche reichend dar ([Abb. 2]). Laborchemisch zeigte sich ein ßhCG-Wert von 112268 mIU/ml. Nach ausführlicher Besprechung der Befunde wurde die Indikation zum Schwangerschaftsabbruch gestellt. Bei Wunsch nach Organerhalt und möglichst schonenden Therapiemaßnahmen wurde noch am selben Tag mit dem ersten Zyklus Methotrexat (MTX) im Multidose-Schema (1mg/kg KG iv d1, d3, d5, d7) begonnen, intermittierend erhielt die Patientin Calciumfolinat 15mg an den Tagen 2, 4, 6 und 8. Nach einem Zyklus MTX zeigte sich zwar laborchemisch ein ßhCG-Abfall von 63% (von 107649 mIU/ml auf 67682 mIU/ml), die Herzaktion war sonografisch jedoch weiterhin positiv und die Patientin wurde zunehmend symptomatisch mit Unterbauchschmerzen und unterperiodenstarker vaginaler Blutung. Sieben Tage nach Erstvorstellung erfolgte daraufhin die präoperative Embolisation der Plazentaversorgung über die Aa. uterinae beidseits mittels Silikonsphären sowie die Embolisation der Aa. uterinae beidseits mittels resorbierbaren Gelatine-Partikeln durch die Kollegen der interventionellen Radiologie ([Abb. 3]). Ebenso wurde eine prophylaktische perioperative Einlage von Dilatationskathetern in die Aa. iliacae communes beidseits vorgenommen. Eine Stunde postinterventionell wurde die Dilatation und Saugkürettage in Notfalllaparotomie-Bereitschaft durchgeführt. Der intraoperative Blutverlust war 200ml, prophylaktisch erfolgte die intrazervikale Bakri-Balloneinlage, welcher nach 20 Stunden am Folgetag im OP und Intubationsbereitschaft komplikationslos entfernt werden konnte. Zwei Tage postoperativ konnte die Patientin bei sinkenden ßhCG-Werten und adäquater minimaler vaginaler Blutung in die ambulante Betreuung entlassen werden. Vier Wochen postoperativ zeigte sich der ßhCG-Wert erstmals unter der Nachweisgrenze.






Schlussfolgerung Die Zervixgravidität ist eine seltene Entität, bei welcher evidenzbasierte Handlungsempfehlungen fehlen. Bei nicht erfolgreicher MTX-Gabe kann die Kombination aus interventioneller Embolisation und anschließender Kürettage eine adäquate Therapie darstellen.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
06. Juni 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Bouyer J, Coste J. et al. Sites of ectopic pregnancy: a 10 year population-based study of 1800 cases. Hum Reprod 2002; 17: 3224-3230