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DOI: 10.1055/s-0043-1768838
Nivolumab und Ipilimumab beim fortgeschrittenen Zervixkarzinom: Komplettremission in der Rezidivsituation – eine Falldarstellung
Authors
Einleitung Der Einsatz von Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) hat bisherige Therapiekonzepte gynäkologischer Tumoren drastisch gewandelt [1]. Durch Blockade wichtiger Signalwege des Immunsystems bilden tumorspezifische zytotoxische T-Lymphozyten womöglich ein immunologisches Gedächtnis aus, das zu teilweise lang andauernden Remissionsraten solider Tumore geführt hat. Unabhängig von molekularen Eigenschaften, wie der PD-L1 Expression zeigte die ICI-Kombination aus dem PD-1-Inhibitor Nivolumab mit dem CTLA-4-Inhibitor Ipilimumab nach den bisherigen Ergebnissen der Phase-I/II-Studie CheckMate 358 eine außergewöhnlich hohe Ansprechrate (medianes Gesamtüberleben 20.9 (14.4–32.8) Monate; medianes progressionsfreies Überleben 5.8 (3.8–9.3) Monate) [2], die sich auch durch den folgenden klinischen Fall darstellen lässt.
Klinischer Fall Die 36-jährige Patientin erhielt bei exophytisch wachsenden Tumor der Zervix uteri die radikale Hysterektomie mit Lymphknotenstaging, da zunächst differentialdiagnostisch ein Endometriumkarzinom nicht ausgeschlossen werden konnte. Nach endgültiger histologischer Diagnose eines adenosquamösen Zervixkarzinoms (postoperative Tumorklassifikation pT2a2, pN1 (9/52 LK), L1, V0, Pn1, G3; FIGO IIA2; R1) folgte eine adjuvante Radiochemotherapie aufgrund der postoperativen Befunde. Bei einem nach 4 Jahren eingetretenen zystisch-soliden abdominalen Rezidiv wurde angesichts der klinischen Symptomatik ein palliatives operatives Tumordebulking ohne makroskopische Komplettresektion durchgeführt. Unter Systemtherapie mit Cisplatin, Paclitaxel und Bevacizumab zeigte sich nach fünf Zyklen ein Progress. Analog zur CheckMate 358 Studie [2] wurde die Therapie mit Nivolumab (1 mg/kg Körpergewicht i.v.) und Ipilimumab (3 mg/kg Körpergewicht i.v.) q3w für 4 Zyklen, gefolgt von Nivolumab q2w (240 mg abs. i.v.) begonnen.
Nach 35 Monaten und 72 Zyklen Nivolumab zeigt sich eine computertomographische Komplettremission. Es trat jedoch eine akute Nierenfunktionsverschlechterung ein, die bei bekannter fixierter Nierenbeckenektasie am ehesten auf eine prä- und intrarenale Genese mit immunvermittelter interstitieller Nephritis zurückzuführen ist. Eine Nierenbiopsie wurde durch die Patientin abgelehnt. Nach Beendigung der Immuntherapie und Einleitung einer probatorischen Kortikosteroid-Therapie, sowie Harnableitung besserten sich die Nierenretentionsparameter. Sobald nephrologisch vertretbar, wird eine Re-Induktion der Nivolumab-Erhaltungstherapie angestrebt.
Zusammenfassung In der beschriebenen Falldarstellung konnte ein außergewöhnliches Ansprechen auf die ICI-Kombination Nivolumab und Ipilimumab des rezidivierten Zervixkarzinoms beobachtet werden. Die Einbindung von ICI in Therapiekonzepte des Zervixkarzinoms bietet die Möglichkeit von langen Remissionen. Immunvermittelte Nebenwirkungen, wie beispielsweise die interstitielle Nephritis, müssen rechtzeitig erkannt und therapiert werden.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
06. Juni 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Sherer MV, Kotha NV, Williamson C, Mayadev J.. Advances in immunotherapy for cervical cancer: recent developments and future directions. Int J Gynecol Cancer 2022; 32: 281-287
- 2 Oaknin A, Moore KN, Meyer T. et al. Safety and Efficacy of Nivolumab (NIVO) ± Ipilimumab (IPI) in Patients (pts) with Recurrent/Metastatic Cervical Cancer (R/M Cx Ca) in Checkmate 358. Ann Oncol 2022; 33: S235-S282