Geburtshilfe Frauenheilkd 2023; 83(06): e12-e13
DOI: 10.1055/s-0043-1769811
ABSTRACTS | MGFG

Gastrointestinaler Stromatumor als Differenzialdiagnose zum Ovarialkarzinom

H. Ernstberger
1   Sana Kliniken Leipziger Land, Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, Borna, Deutschland
,
G.G. R. Hiller
2   Universitätsklinikum Leipzig, Institut für Pathologie, Leipzig, Deutschland
,
A. Freude
2   Universitätsklinikum Leipzig, Institut für Pathologie, Leipzig, Deutschland
,
F. Flade
3   Onkopraxis Probstheida, Leipzig, Deutschland
,
L.-C. Horn
2   Universitätsklinikum Leipzig, Institut für Pathologie, Leipzig, Deutschland
,
J. Einenkel
1   Sana Kliniken Leipziger Land, Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, Borna, Deutschland
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Hintergrund Gastrointestinale Stromatumore (GIST) sind seltene mesenchymale Tumore, welche entlang des gesamten Gastrointestinaltrakts entstehen können. In fortgeschrittenen, ausgeprägten Fällen können sich GIST als große abdominopelvine Tumormassen mit begleitendem Aszites und CA 125 Erhöhung präsentieren. Diese Konstellation ähnelt dem häufigerem Ovarialkarzinom und kann zu Fehldiagnosen führen.

Fallbericht Die Vorstellung der 64-jährigen Patientin erfolgte aus einem externen Klinikum bei Verdacht auf eine ausgeprägte Peritonealkarzinose am ehesten ausgehend vom linken Ovar. Anamnestisch war eine vaginale Hysterektomie bei Hypermenorrhoe mit Adnexektomie rechts bei Blutungskomplikation bekannt. Die letzte gynäkologische Vorsorgeuntersuchung erfolgte etwa ein halbes Jahr vor Diagnosestellung.

Initial stellt sich die Patientin mit Bauchumfangzunahme, Völlegefühl und B-Symptomatik vor. CT-morphologisch und sonographisch zeigte sich eine ausgeprägte Peritonealkarzinose mit konfluierenden Herden im Oberbauch, eine unklare Raumforderung links des Vaginalstumpfes, infiltrative Leberbefunde, Aszites und Pleuraergüsse beidseits. Das Omentum majus war auf 6,4cm verdickt, es war von einer großflächigen intestinalen Beteiligung auszugehen. Paraklinisch zeigte sich das CA 125 moderat erhöht (743 U/ml). Die Koloskopie und Gastroskopie ergaben keinen Anhalt auf ein gastrointestinales Primum. In Zusammenschau der Befunde wurde der Verdacht auf ein Ovarialkarzinom mit massiver Peritonealkarzinose gestellt. Aufgrund der sehr ausgeprägten Tumorlast, insbesondere im linken Oberbauch, dem Leberhilus und der starken intestinalen Beteiligung, mit unwahrscheinlicher Erreichbarkeit einer optimalen oder suboptimalen Zytoreduktion durch ein primäres Tumordebulking wurde die Indikation für eine neoadjuvante Chemotherapie mit Intervalldebulking gestellt und eine histologische Sicherung durchgeführt. Unerwarteterweise ergab die transkutane Stanzbiopsie der Netzplatte einen spindelzelligen Gastrointestinalen Stromatumor (immunhistochemisch c-KIT Exon 11 positiv, proliferative Aktivität 30%, 14 Mitosen/15 HPF).

Aufgrund der hohen Ansprechrate von GIST mit Mutation im Exon 11 des KIT-Rezeptorgens auf Tyrosinkinaseinhibitoren wurde eine Therapie mit Imatinib begonnen. Im Kontroll-CT, drei Monate nach Beginn der Therapie, sind der Aszites und die Pleuraergüsse rückläufig, die Tumormassen sind partiell verkalkt und regredient.

Fazit Gastrointestinale Stromatumore können Ovarialtumore imitieren. Gynäkolog*innen sollten daher den GIST als seltene Differenzialdiagnose zum Ovarialkarzinom berücksichtigen. Zudem unterstreicht dieser Fallbericht die Notwendigkeit einer prätherapeutischen histologischen Sicherung und stellt in Frage, ob die erst intraoperativ durchgeführte histologische Sicherung bei Verdacht auf ein Ovarialkarzinom ausreicht.



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Article published online:
21 June 2023

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