Adipositas - Ursachen, Folgeerkrankungen, Therapie 2023; 17(03): 138
DOI: 10.1055/s-0043-1771554
Abstracts
Vorträge

Gehirnvolumenveränderungen bei Anorexia nervosa: Aktuelle Metaanalyse struktureller Bildgebungsstudien zu globalen Volumenveränderungen sowie Anatomical Likelihood Estimation (ALE) Metaanalyse zu regionalen Volumenunterschieden

L. Keller
1   Uniklinik RWTH Aachen, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Aachen
,
L. D. Lotter
2   Forschungszentrum Jülich, Institut für Neurowissenschaften und Medizin, Gehirn und Verhalten (INM-7), Jülich
3   Max Planck School of Cognition, Leipzig
,
C. R. Eickhoff
4   Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Institut für Klinische Neurowissenschaften und Medizinische Psychologie, Medizinische Fakultät, Düsseldorf
5   Forschungszentrum Jülich, Institut für Neurowissenschaften und Medizin, Strukturelle und funktionelle Organisation des Gehirns (INM-1), Jülich
,
S. B. Eickhoff
2   Forschungszentrum Jülich, Institut für Neurowissenschaften und Medizin, Gehirn und Verhalten (INM-7), Jülich
6   Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Institut für Systemische Neurowissenschaften, Medizinische Fakultät, Düsseldorf
,
B. Herpertz-Dahlmann
1   Uniklinik RWTH Aachen, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Aachen
,
J. Seitz
1   Uniklinik RWTH Aachen, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Aachen
› Author Affiliations
 

Einleitung Zahlreiche Studien zeigen strukturelle Hirnveränderungen bei Patient:innen mit Anorexia nervosa (AN). Insbesondere im akuten Krankheitsstadium finden sich Unterschiede in der grauen und weißen Substanz, der kortikalen Dicke sowie der Cerebrospinalflüssigkeit. Bislang existiert jedoch keine ALE-Metaanalyse über alle strukturellen Bildgebungsstudien hinweg. Die vorliegende Metaanalyse soll diese Lücke schließen und bisherige Metaanalysen zu globalen Volumenveränderungen bei AN aktualisieren.

Methoden Mithilfe einer systematischen Literatursuche wurden relevante Artikel identifiziert. Anschließend wurden berichtete Volumenwerte extrahiert und für die Analyse globaler Unterschiede unter Berücksichtigung des zeitlichen Verlaufs der Erkrankung genutzt. Zudem wurden MNI- oder TAL-Koordinaten extrahiert und zur Berechnung einer voxelbasierten whole-brain ALE-Metaanalyse verwendet, um die in den Einzelstudien gefundenen Koordinaten auf ihre räumliche Konvergenz hinsichtlich einer möglichen Strukturveränderung zu testen. Die resultierenden ALE-Maps wurden anschließend für Assoziationsanalysen mit Begriffen der Neurosynth-Datenbank sowie mit PET-Maps für unterschiedliche Neurotransmitter-Rezeptoren genutzt, um Aufschluss über potenziell zugrundeliegende biologische Mechanismen zu geben.

Ergebnisse Die globale Metaanalyse ergab signifikante Volumenveränderungen bei akuter AN. Erstmals konnten sogar bei seit mehr als 1,5 Jahren genesenen Patient:innen persistierende Verringerungen der grauen Substanz gefunden werden. Die ALE-Metaanalyse über 32 MRT-Studien zeigte ferner, dass Veränderungen in der grauen Substanz und der kortikalen Dicke großflächig über das Gehirn verteilt sind, jedoch bestimmte Regionen (v.a. Precuneus, Gyrus cingularis und praecentralis) besonders betroffen sind.

Schlussfolgerung Die vorliegende Metaanalyse zeigt erstmals kleine, aber persistierende Volumendefizite auch bei längerfristig gewichtsrehabilitierten Patient:innen. Dies unterstreicht die mögliche Relevanz dieser Hirnvolumenveränderungen für den Verlauf und die Prognose der Patientinnen. Die ALE-Metaanalyse liefert außerdem zusätzliche Informationen zur Regionalität der Veränderungen und den zugrundeliegenden Mechanismen.



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Article published online:
06 September 2023

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