Tierarztl Prax Ausg G Grosstiere Nutztiere 2023; 51(05): 336
DOI: 10.1055/s-0043-1775944
Abstracts | DVG

Sprechstunde Tierarzneimittelrecht – Ausgefallene Fragestellungen aus der Imkerschaft

I U Emmerich
1   VETIDATA, Institut für Pharmakologie, Pharmazie und Toxikologie, Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig
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Die neuen arzneimittelrechtlichen Vorschriften für Tierarzneimittel, die im Zuge der EU-Harmonisierung eingeführt wurden, führten in der Imkerschaft auch dazu, die Verwendung bestimmter Produkte an Honigbienenvölkern zu hinterfragen. Häufig ging es dabei um Abgrenzungsfragen, also ob bestimmte Produkte den Tierarzneimittelbegriff nach Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 erfüllen und damit der Zulassungspflicht unterliegen.

Für die Einstufung als Tierarzneimittel ist grundsätzlich die Landesbehörde des Bundeslandes zuständig, in dem das pharmazeutische Unternehmen seinen Sitz hat. Im Zweifel kann sie beantragen, dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als zuständige Bundesoberbehörde über das Bestehen einer Zulassungspflicht entscheidet (§ 9 Absatz 8 TAMG bzw. § 22 Absatz 6 TAMG). Daher können die nachfolgenden Ausführungen nur empfehlenden Charakter für die zuständigen Bundes- und Landesbehörden bei der Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben haben und geben allein die Auffassung der Autorin wieder:

  1. Die Verwendung von Puderzucker im Rahmen eines schadschwellenorientierten Varroa-Managements dient eher der Probenaufbereitung durch einen mechanisch-physikalischen Effekt des Zuckers als den Zweck der Diagnosestellung an sich.

  2. Die Verwendung dünnflüssigen Zuckersirups, mit dem Bienen gegen Nosemose zur Steigerung des Brutumsatzes eingesprüht werden, kann als Verwendung eines Pflegemittels aufgefasst werden.

  3. Bei der Betäubung von Bienen mit CO2 dürfte es aufgrund des Absinkens der Sauerstoffsättigung letztendlich zur Energieverarmung (im Gehirn) und damit zur Bewusstlosigkeit kommen, womit letztendlich physiologische Funktionen durch eine metabolische Wirkung beeinflusst werden und Artikel 4 Nummer 1 Buchstabe b erfüllt sein dürfte.

  4. Schwefelschnitten, die als Biozid u.a. zur Schädlingsbekämpfung registriert sind, können zum Abtöten von Bienenvölkern verwendet werden, wenn diese „Schädlinge“ darstellen und der Euthanasiebegriff, also die Einschläferung oder sonstige möglichst schonende Tötung von Tieren zur Verhinderung unnötiger Leiden, nicht erfüllt ist.

    Weiterführende Literatur

  5. Verordnung (EU) 2019/6 des europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG

  6. Tierarzneimittelgesetz vom 27. September 2021 (BGBl. I S. 4530), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2852) geändert worden ist



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Article published online:
13 November 2023

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