Fortschr Neurol Psychiatr 2018; 86(03): 141-142
DOI: 10.1055/s-0044-100424
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Atypische Antipsychotika in der Erhaltungstherapie der bipolaren Störung

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Publication Date:
05 April 2018 (online)

Lithium ist nach wie vor das Mittel der Wahl in der Erhaltungstherapie der bipolaren Störungen – dies haben Studien immer wieder bestätigt. Auch im direkten Vergleich zu atypischen Antipsychotika (AAP), die immer mehr zum Einsatz kommen, schneidet Lithium in Langzeitvergleich besser ab [1]. Leider ist die Studienlage insbesondere bez. der Erhaltungstherapie recht schwach, da es nur wenige, kontrollierte Langzeitstudien über einen Zeitraum von über 2 Jahren gibt – dies gilt auch für die AAP. Dennoch sind die meisten AAP für diese Indikation zugelassen – höchste Zeit also, die Effektivität der AAP in der Erhaltungstherapie in einer Metaanalyse zu untersuchen. Schwedische Wissenschaftler haben nun eine solche Metaanalyse mit folgenden Fragestellungen veröffentlicht:

  1. Wie schneiden AAP in der Monotherapie im Vergleich zu Placebo in der Erhaltungstherapie bei bipolarer Störung ab?

  2. Sind AAP den klassischen Stimmungsstabilisierern vielleicht sogar überlegen?

  3. Wie schneidet die Kombination aus AAP und einem klassischen Stimmungsstabilisierer im Vergleich zu einer Monotherapie mit Lithium oder Valproat ab?

Es wurden nur randomisierte, kontrollierte Studien mit einer Mindestdauer von 6 Monaten eingeschlossen. Insgesamt wurden die Daten von 6142 Patienten eingeschlossen und mit einer Ausnahme wurden nur Biplolar-I-Patienten eingeschlossen. Untersucht wurden jeweils u. a. die Rückfälle in jegliche Episode, in eine depressive oder manische Episode sowie die Abbruchrate. Folgende AAP konnten analysiert werden (in Klammern maximale Dauer der Studie): Ziprasidon (6 Monate, kein Vergleich mit Placebo), Aripiprazol, Olanzapin und Risperidon (1 Jahr) sowie Quetiapin (2 Jahre). Im Vergleich zu Placebo konnten Olanzapin, Quetiapin und Risperidon in der Monotherapie überzeugen (keine Daten für Ziprasidon). Für Aripiprazol war die Datenlage zu schwach, um eine konkrete Aussage treffen zu können.

Im Vergleich zu Lithium oder Valproat konnte lediglich für Quetiapin ein Vorteil in der Erhaltungstherapie detektiert werden – dies auch nur dann, wenn Quetiapin schon in der Akutphase der bipolaren Störung wirksam war. Die Datenlage für Olanzapin in dieser Fragestellung war zu schwach für eine konkrete Empfehlung.

Hinsichtlich der Kombinationstherapie aus AAP und einem klassischen Stimmungsstabilisierer konnte festgestellt werden, dass Aripiprazol, Quetiapin und Ziprasidon add-on dann gegenüber einer Monotherapie mit einem Stimmungsstabilisierer überlegen waren, wenn diese auch schon in der Akutphase erfolgreich eingesetzt wurden. Nur Quetiapin zeigte allerdings eine Überlegenheit in der Verhinderung sowohl einer manischen als auch einer depressiven Episode, während Aripiprazol nur eine Überlegenheit in der Verhinderung von manischen Episoden zeigte. Für Olanzapin und Risperidon war eine Aussage in dieser Indikation aufgrund der niedrigen Fallzahl nicht möglich.

FAZIT

Die Datenlage der AAP in der Behandlung der akuten Phase der bipolaren Störung, insbesondere der manischen Episode, ist sehr gut belegt. Bezüglich der Erhaltungstherapie kann insbesondere Quetiapin sowohl in der Monotherapie als auch als Kombination mit Lithium oder Valproat empfohlen werden. Leider sind bis heute keine kontrollierten, randomisierten Studien über einen Zeitraum von mehr als 2 Jahren verfügbar – dies wäre jedoch hinsichtlich einer optimalen Langzeittherapie wünschenswert. Bis dato bleibt Lithium bei fehlender Kontraindikation, wie in der S3-Leitlinie zu recht empfohlen, das Pharmakon der Wahl. Quetiapin könnte jedoch eine gute Alternative sein, insbesondere wenn es in der Akutphase erfolgreich eingesetzt wurde. Im direkten Vergleich gibt es Vor- und Nachteile für beide Präparate; hier sollte die für den Patienten beste Option gewählt werden.

PD Dr. Arnim Quante, Berlin

 
  • Literatur

  • 1 Hayes JF. et al. World Psychiatry 2016; 15: 53-58