Open Access
CC BY-NC-ND 4.0 · Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(03): 274-282
DOI: 10.1055/s-0044-100919
GebFra Science
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mütterliche Thrombophilie und wiederholte Fehlgeburten – gibt es eine evidenzbasierte Indikation für Heparin als Rezidivprophylaxe?

Artikel in mehreren Sprachen: English | deutsch
Ana-Luisa Stefanski
1   Zentrum Innere Medizin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Charité Berlin, Berlin, Germany
2   Rheumatologie, klinische Immunologie und Allergologie, Inselspital Universitätsspital Bern, Bern, Switzerland
,
Christoph Specker
3   Krankenhaus St. Josef, Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie, Universitätsklinikum Essen, Essen, Germany
,
Rebecca Fischer-Betz
4   Poliklinik für Rheumatologie, Schwangerschaftsambulanz, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Medizinische Fakultät, Düsseldorf, Germany
,
Wolfgang Henrich
5   Klinik für Geburtsmedizin, Charité Berlin, Berlin, Germany
,
Ekkehard Schleussner**
6   Klinik für Geburtshilfe, Universitätsklinikum Jena, Jena, Germany
,
Thomas Dörner**
1   Zentrum Innere Medizin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Charité Berlin, Berlin, Germany
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Publikationsverlauf

received 23. Oktober 2017
revised 15. Januar 2018

accepted 15. Januar 2018

Publikationsdatum:
21. März 2018 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund Wiederholte Fehlgeburten, auch wiederholte Spontanaborte (WSA) genannt, werden von 1 – 5% der Paare erlebt und weisen eine multifaktorielle Genese auf. Erworbene und angeborene Thrombophilien werden als hämostaseologische Risikofaktoren in der Pathogenese diskutiert.

Methode Die Übersichtsarbeit basiert auf einer selektiven Literaturrecherche in PubMed. Auf die aktuelle Evidenzlage zu WSA beim Antiphospholipidsyndrom und den hereditären Thrombophilien wird besonders hingewiesen.

Ergebnisse Das Antiphospholipidsyndrom (APS) ist eine erworbene, autoimmun-vermittelte Thrombophilie, bei der wiederholte Fehlgeburten zu den klinischen Klassifikationskriterien gehören. Von den serologischen Kriterien hat sich der Nachweis des Lupusantikoagulans als wichtigster Risikofaktor für die Entwicklung von Schwangerschaftskomplikationen herauskristallisiert. Der kombinierte Einsatz von niedrigdosiertem ASS mit Heparin zeigte einen deutlichen Vorteil hinsichtlich des Schwangerschaftsausgangs bei APS-bedingten Fehlgeburten. Bei einigen angeborenen Thrombophilien besteht auch eine erhöhte Risikoassoziation mit der Entstehung von WSA, wenn auch geringer als beim APS. Der Analogschluss zum Antiphospholipidsyndrom bezüglich des Einsatzes von Heparin zur Abortprophylaxe wird durch die aktuellen Analysen nicht hinreichend unterstützt. Daten zu seltenen, kombinierten bzw. homozygoten Thrombophilien bez. Fehlgeburten sind unzureichend.

Schlussfolgerung Anders als beim Antiphospholipidsyndrom stellen wiederholte Spontanaborte für sich bei mütterlicher hereditärer Thrombophilie nach aktueller Studienlage keine Indikation zur prophylaktischen Heparingabe in einer Folgeschwangerschaft dar. Unabhängig davon bestimmt das maternale Risiko für thromboembolische Ereignisse die Indikation für eine Thromboseprophylaxe in der Schwangerschaft.

* geteilte Letztautorenschaft