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DOI: 10.1055/s-0044-1785314
Diabetische Ketoazidosen bei Manifestation eines Typ-1-Diabetes bei Kindern unter 10 Jahren in Deutschland: Vergleich zwischen Bundesländern mit und ohne Früherkennungsprogramm
Authors
Hintergrund: Die Häufigkeit der diabetischen Ketoazidose (DKA) bei Manifestation eines Typ-1-Diabetes (T1D) im Kindesalter ist in den vergangenen Jahren angestiegen. Es gibt Hinweise, dass T1D-Früherkennungsprogramme und/oder Aufklärungskampagnen die DKA-Rate senken können. Unklar ist, ob bzw. wann dadurch eine relevante Reduktion der DKA-Rate auf Populationsebene erreicht werden kann. Dies sollte anhand von bundesweiten Daten des DPV-Registers untersucht werden.
Methoden: Die Entwicklung der DKA-Rate bei Manifestation eines T1D bei Kindern<10 Jahren wurde zwischen Bundesländern mit etablierten (BL-MFM: Bayern, Niedersachsen, Hamburg, Sachsen, Thüringen) bzw. ohne (BL-OFM) T1D-Früherkennungsmaßnahmen im Zeitraum von 2015 bis Juni 2023 verglichen. Baden-Württemberg (BW) wurde wegen des differierenden Ansatzes (Aufklärungskampagne) separat betrachtet. Die DKA-Raten wurden mittels log-binomialer Regression analysiert, adjustiert für Alter, Geschlecht, Migrationshintergrund, Urbanitätsindex, Ärztedichte und dem Gesamtversorgungsgrad der Kinder- und Jugendärzte. Aus demselben Modell wurden relative Risiken (RR) für eine DKA in den BL-MFM vs. BL-OFM je Jahr geschätzt.
Ergebnisse: 14.021 (51,6% männlich) Kinder mit einem medianen (Q1; Q3) Manifestationsalter von 6,1 (3,7; 8,2) Jahren wurden in die Analyse eingeschlossen. Manifestationsalter und Geschlechterverhältnis waren in allen 3 Gruppen vergleichbar, der Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund war mit 32% am höchsten in BW, gefolgt von 29% in den BL-OFM und 23% in den BL-MFM. In allen Gruppen war die Entwicklung der DKA-Rate von 2015-2021 vergleichbar. In den BL-OFM stieg die DKA-Rate von 21,7% [95%-KI: 18,8; 25,0] auf 34,6% [32,0; 37,5]. In den BL-MFM stieg die DKA-Rate von 19,3% [16,0; 23,3] auf 32,3% [29,2; 35,8], in BW von 23,7% [17,9; 31,3] auf 35,2% [30,0; 41,3]. Das RR [95%-KI] für eine DKA in den BL-MFM vs. BL-OFM variierte in den Jahren 2015-2021 nicht signifikant zwischen 0,89 [0,64; 1,24] und 1,11 [0,87; 1,43]. Im Jahr 2022 war das DKA-Risiko in den BL-MFM signifikant niedriger (RR 0,82 [0,67; 0,99], p=0,036), im ersten Halbjahr 2023 tendenziell niedriger (0,75 [0,55; 1,01], p=0,058).
Schlussfolgerung: In den ersten Jahren nach Einführung der T1D-Früherkennung konnte auf Populationsebene noch kein Zusammenhang zu einer sinkenden DKA-Rate in den betreffenden Bundesländern beobachtet werden. Seit 2022 zeigt sich allerdings ein niedrigeres DKA-Risiko in den Bundesländern mit T1D-Früherkennung. Ob diese Effekte alleine auf die Etablierung von Früherkennungsprogrammen zurückzuführen sind, oder ob zusätzlich eine vermehrte Aufmerksamkeit für T1D oder andere medizinische oder gesellschaftliche Entwicklungen ursächlich sind, lässt sich anhand der vorliegenden Analyse nicht beurteilen. Wegen der stufenweisen Einführung der Früherkennungsprogramme nach Region und Alter muss die weitere Entwicklung der DKA-Rate verfolgt werden, bevor endgültige Aussagen zur Wirksamkeit möglich sind.
Publication History
Article published online:
18 April 2024
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