Z Gastroenterol 2024; 62(09): e635-e636
DOI: 10.1055/s-0044-1789744
Abstracts │ DGVS/DGAV
Kurzvorträge
Erkrankungen des Pankreas: Grundlagen und Verlauf Freitag, 04. Oktober 2024, 15:45 – 16:49, Seminarraum 14+15

Somatosensorische Hyposensibilität der pankreatischen Head-Zone – quantitativ sensorische Testung als individueller Marker der Schmerzverarbeitung?

P. Göltl
1   II. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim, Mannheim, Deutschland
,
P. Merz
2   Mannheim Center for Translational Neurosciences (MCTN), Abteilung für Neurophysiologie, Mannheim, Deutschland
,
A. Schneider
1   II. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim, Mannheim, Deutschland
,
M. Ebert
1   II. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim, Mannheim, Deutschland
,
W. Magerl
2   Mannheim Center for Translational Neurosciences (MCTN), Abteilung für Neurophysiologie, Mannheim, Deutschland
,
M. Hirth
1   II. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim, Mannheim, Deutschland
› Author Affiliations
 

Einleitung: Erkrankungen des Pankreas gehen häufig mit abdominellen Schmerzen einher, wobei unterschiedliche Mechanismen zugrundeliegen. Die Identifikation des individuell dominanten Mechanismus ist essentiell zur Etablierung individualisierter Schmerztherapien. Kürzlich konnte gezeigt werden, dass bei chronischer Pankreatitis eine kutane Hypersensibilität der Haut insbesondere in der pankreatischen Head-Zone (Th10) mit der Entwicklung eines „Schmerzgedächtnisses“ einhergeht, wobei diese Patienten schlechter auf lokale Verfahren zur Schmerzkontrolle (OP/endoskopische Therapien) ansprechen [Faghih 2022; Philipps 2023].

Ziele: Wir haben sensorischen Profile bei unterschiedlichen Erkrankungen des Pankreas identifiziert und daraus Rückschlüsse auf die zugrundeliegenden Schmerzmechanismen gezogen.

Methodik: Wir führten eine Charakterisierung der somatosensorischen Profile in der pankreatischen Head-Zone (Th10) und einem Kontrollareal (C5) bei Patienten mit akuter (AP, n=23) und chronischer Pankreatitis (CP, n=20), autoimmuner Pankreatitis (AiP, n=10) und Pankreaskarzinom (PDAC, n=17) durch. Als Kontrolle dienten 30 gesunde Probanden. Dabei werden u.a. die Detektions- und Schmerzschwellen für unterschiedliche Stimuli bestimmt, was eine Information über die Sensibilität der Nervenfasern inklusive des zentralen Nervensystems gibt.

Ergebnis: Alle Patientengruppen zeigen ein breites Spektrum signifikanter somatosensorischer Hyposensibilität im pankreatischen Th10-Segment. Dies umfasst alle thermischen Detektions- und Schmerzschwellen, sowie taktile Schwellen im Vergleich zum Kontrollbereich (C5) oder zu Probanden (p<0,005 – p<<0,0001. Dieses Muster ist bei AP deutlich stärker ausgeprägt als bei CP. Die Schmerzsummation (WUR), als Marker der zentralen Sensibilisierung, blieb unverändert.

Schlussfolgerung: Zusammenfassend konnten wir vor allem bei AP, aber auch bei AiP und PDAC eine Hyposensibilität in der pankreatischen Head Zone nachweisen. Im Gegensatz zur Hypersensitivität bei „end-stage“ CP zeigte sich in unserem Kollektiv von milder CP (nur wenige Schmerzen; nur 10% unter Opiaten), in Summe eine Balance zwischen Hypo-/Hypersensibilität. Als ursächlich für die Hyposensibilisierung in Th10 ist a.e. die stark aktivierte, deszendierende Schmerzinhibition bei fehlender zentralen Sensibilisierung (kein „Schmerzgedächtnis“) zu sehen, so dass lokale Therapieformen erfolgversprechend sein sollten.



Publication History

Article published online:
26 September 2024

© 2024. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany