Rofo 2025; 197(S 01): S91-S93
DOI: 10.1055/s-0045-1802912
Abstracts
Case-Report
Interventionelle Radiologie (Onkologische Interventionen)

Kryoablation zur minimalinvasiven Behandlung einer Nierenzellkarzinommetastase mit Dura- und Knocheninfiltration am BWK 12

Authors

  • N Gerencsér

    1   KABEG Klinikum Klagenfurt, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Klagenfurt
  • B Petritsch

    2   KABEG Klinikum Klagenfurt am Wörthersee, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Klagenfurt
  • M Fürstner

    2   KABEG Klinikum Klagenfurt am Wörthersee, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Klagenfurt
 

Einleitung Wir berichten über einen Patienten, bei dem ein Lokalrezidiv einer initial singulären vertebralen bzw. paravertebralen Nierenzellkarzinommetastase seitens der Neurochirurgie aufgrund von postoperativen Vernarbungen als inoperabel definiert wurde. Zur lokalen nichtoperativen Tumortherapie von metastatischen Absiedelungen stehen, neben den Möglichkeiten einer Strahlentherapie, verschiedene minimalinvasive bildgesteuerte Ablationsverfahren zur Verfügung. Im vorliegenden Fall wurde eine Therapie mittels CT-gesteuerter perkutaner Kryoablation durchgeführt. Bei der vertebralen bzw. paravertebralen Tumorablation ist der Schutz des Myelons und sämtlicher weiterer Nervenstrukturen ebenso essenziell wie mitunter herausfordernd, jedoch unter Verwendung von speziellen protektiven Methoden und Monitoringmaßnahmen gut möglich. Hierzu zählt unter anderem eine spinale epidurale oder eine neuroforaminale Hydro- oder Carbodissektion sowie die Verwendung von Temperatursonden, die in unterschiedlichen anatomischen Regionen positioniert werden können [1] [2] [3].

Anamnese und Befund Bei einem 65-jährigen männlichen Patienten zeigte sich 1 Jahr nach einer laparoskopischen Nierenzelltumorenukleation im Staging eine singuläre 5,5 x 4 cm messende Metastase mit Beteiligung der 12. Rippe im Caput- und Collumbereich und des Pediculus arcus vertebrae rechts sowie mit Infiltration des spinalen Duralsackes an der rechtsseitigen Konvexität ([Abb. 1a]). Nach primärer neurochirurgischer Entfernung selbiger, zeigte sich in einer postoperativen MRT-Kontrolle 2 Monate nach der Metastasektomie ein 2 cm persistierender Rest- bzw. Rezidivtumor unmittelbar angrenzend an die Knochengrenze und die spinale Dura ([Abb. 1b]). Im interdisziplinären Tumorboard wurde eine weitere neurochirurgische Behandlung aufgrund von postoperativen Vernarbungen als nicht zielführend eingeschätzt. Der Patient entschied sich gegen eine Systemtherapie, sowie ebenfalls gegen eine Bestrahlung. Als minimalinvasive thermoablative Therapiemöglichkeit wurde seitens der Radiologie eine Kryoablation angeboten, welche vom Patienten angenommen wurde. Zum Schutz des Myelons wurde zunächst – mit der Absicht einer epiduralen Hydrodissektion – eine 23G Nadel über einen dorsalen Zugangsweg in den Epiduralraum positioniert ([Abb. 2a]), wobei ein epiduraler Hydrodissektionsversuch aufgrund von postoperativen Vernarbungen erfolglos blieb. Im nächsten Schritt erfolgte die Myelographie mit derselben Nadel mittels 10 ml 4%iger Kontrastmittellösung (Iomeron 300 mg/ml in 0,9% NaCl) zur exakten Visualisierung des Myelons. Hierbei zeigte sich eine kritische Nahebeziehung von 7 mm zwischen Dura und Myelon ([Abb. 2]). Für die Durchführung der Kryoablation per se wurden insgesamt zwei Ice-Sphere™ (Boston Scientific) Kryoablationsnadeln in dem Tumor etwas exzentrisch mit vermehrtem Abstand von Spinalkanal inseriert ([Abb. 2b-d]). Zusätzlich erfolgte als Monitoringmaßnahme die Anlage einer 17G Temperatursonde (Multi-Point 1.5 Thermal Sensor, Boston Scientific) an der Duragrenze zwischen Myelon und Tumor, um eine kontinuierliche Überwachung der Temperaturen während der Ablation zu gewährleisten ([Abb. 2c-d]). Insgesamt wurden zwei Kryoablationszyklen durchgeführt wobei beide Zyklen jeweils gestoppt wurden, sobald die Temperatur bei der Duragrenze 7°C erreichte. Die Temperaturen sind jeweils noch bis 2°C weiter gesunken. Zwischen den Zyklen wurden 3 Minuten passive und 1 Minute aktive Tauphase protokolliert. Die direkte Visualisierung der Eisbildung hat eine Ablation bis zur Dura und einen sicheren Abstand zum Myelon dokumentiert ([Abb. 3]). Die Kryoablation wurde technisch erfolgreich beendet. Neurologische Defizite oder Komplikationen anderer Art sind nicht aufgetreten. Der Patient konnte nach einem stationären Aufenthalt von insgesamt zwei Tagen am Folgetag des Eingriffes beschwerdefrei entlassen worden. In der MRT-Verlaufskontrolle 2 Monate nach Kryoablation zeigte sich eine vollständige Ablation des Befundes ohne Nachweis von Resttumoranteilen ([Abb. 4]).

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Abb. 1  Präoperative Darstellung der Metastase (Pfeil auf [a]) rechts vertebral bzw. paravertebral mit Infiltration der ossären Strukturen, der autochtonen Muskulatur und der spinalen Dura. Postoperatives Rezidiv bzw. Resttumor (Kreis auf [b]) und als Nebenbefund postoperatives Serom; MRT T1 TSE post KM [a,b]
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Abb. 2  Darstellung der inserierten Materialien in Bauchlage. Hydrodissektionsnadel im Spinalkanal rechts (Nr. 1 auf a); zwei Kryoablationsnadeln rechts paravertebral exzentrisch im Tumor positioniert, kranial (Nr. 2 auf b) und kaudal (Nr. 3 auf c); MTF Thermosensor an der Duragrenze zwischen Tumor und Myelon (Nr. 4 auf c); MIP Rekonstruktion mit sämtlichen Materialien [d]
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Abb. 3  Direkte Visualisierung der Eisbildung währen der Kryoablation, welche bis an der spinale Dura heranreicht[a.b]; Nativ-CT während Kryoablation, gleiche Schichten ohne [a] und mit Markierung (Kreis) der Eisbildung [b]
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Abb. 4  2-Monats-Kontrolle mittels MRT ohne Hinweis für Rest- oder Rezidivtumor [a,b]; MRT: T1 TSE post KM [a], T2 TSE [b]

Diskussion Bei paravertebralen bzw. bis an die spinale Dura heranreichenden Metastasen stellt die Kryoablation in ausgewählten onkologischen Settings eine veritable Therapieoption dar. Der Schutz lokaler Nervenstrukturen – im Speziellen des Myelons – ist essenziell. Nervale Strukturen tolerieren Temperaturen zwischen 10°C und 45°C. Davon abweichende Temperaturen können gravierende Folgen haben, allen voran transiente oder schlimmstenfalls persistente Nervenschäden [2]. Um thermale Schäden zu vermeiden, kann periinterventionell eine spinale epidurale Hydrodissektion durchgeführt werden, welche in unserem Fall aufgrund von postoperativen Vernarbungen jedoch erfolglos war. Jedoch erwiesen sich zum Schutz und zur besseren Visualisierung des Myelons eine Myelographie und die direkte Überwachung der Ablationstemperaturen mittels Thermosensor als geeignetes periablatives Unterstützungsverfahren. Diese werden bei Fällen, wo eine epidurale Hydrodissektion nicht möglich ist, unbedingt empfohlen. Da eine der Hauptvorteile der Kryoablation die direkte Visualisierung der Eiskonfiguration mit bildmorphologischer Demarkation entlang der Nullgradgrenze ist, kann ein drohender Schaden des Myelons bildunterschtützt periinterventionell direkt überwacht werden. Das kontinuierliche Monitoring der Temperaturen ergänzt die Protektion der Nerven, wodurch Nervenverletzungen, die noch oberhalb des Gefrierpunktes, aber bereits unterhalb von 10°C auftreten, ebenfalls vorgebeugt werden können. Aufgrund des beschriebenen Abstandes zwischen Tumor und Myelon haben wir bei der Duragrenze 7°C bzw. sogar 2°C tolerieren können. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass in selektierten Fällen mittels Kryoablation bei vertebralen/paravertebralen Nierenzelltumormetastasen unter Verwendung von Schutzmaßnahmen eine lokale Tumorkontrolle erreicht werden kann.



Publication History

Article published online:
25 March 2025

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