Pneumologie 2025; 79(S 01): S112
DOI: 10.1055/s-0045-1804791
Abstracts
D3 – Arbeitsmedizin, Umwelt- und Aerosolmedizin, Sozialmedizin, Epidemiologie

Bedeutung des Vier-Augen-Prinzips und der fachlichen Expertise im Berufskrankheitenverfahren bei Pneumokoniosen

L Cervis
1   Regierungspräsidium Darmstadt; Landesgewerbearzt
,
W Witulla
1   Regierungspräsidium Darmstadt; Landesgewerbearzt
,
G Petereit-Haack
1   Regierungspräsidium Darmstadt; Landesgewerbearzt
› Author Affiliations
 

Einleitung: Der Landesgewerbearzt Hessen (LGA) wirkt als für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Landesstelle bei der Feststellung von Berufskrankheiten (BKen) mit. Das medizinische Krankheitsbild der BK-Nr. 4112 oder der BK-Nr. 4104 bedarf außer einem Lungenkarzinom ggf. zusätzlich einer Silikose bzw. der sog. Brückenbefunde (BB).

Falldarstellung: Folgend werden zwei als BK-Nr. 4104 angezeigte Lungenkarzinomfälle vorgestellt, die erst anhand gewerbeärztlich empfohlener, fachradiologischer Gutachten als BK anerkannt wurden.

Erster Fall: Im BK-Feststellungsverfahren wurde eine für die Anerkennung einer BK-Nr. 4104 quantitativ nicht ausreichende Asbestexposition ermittelt. Der hinzugezogene beratende Arzt hat vorhandene Pleuraveränderungen als keine BB erachtet. Dennoch wurden sie im Rahmen einer vom LGA empfohlenen zusätzlichen fachradiologischen Überprüfung als asbestbedingt bewertet. Dadurch wurde die Anerkennung einer BK-Nr. 4104 ermöglicht.

Zweiter Fall: Im BK-Feststellungsverfahren wurde eine für die Anerkennung einer BK-Nr. 4104, 4113 oder 4114 quantitativ nicht ausreichende Exposition gegenüber Asbest und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen ermittelt. Fachradiologisch wurden verkalkte Lymphknoten und Verkalkungen der Pleura befundet, die aber als nicht eindeutige BB bewertet wurden. Aufgrund aktenkundig arbeitsanamnestischer Hinweise auf eine Exposition gegenüber kristallinem Siliziumdioxid (RCS), sprach sich der LGA für ein Gutachten durch eine erfahrene fachradiologische Sachverständige und für eine entsprechende Erweiterung der arbeitstechnischen Ermittlungen aus. Das radiologische Bild einer Silikose und die Exposition gegenüber RCS wurden bestätigt, so dass eine zuerst nicht berücksichtigte BK-Nr. 4112 anerkannt wurde.

Schlussfolgerung: Die dargestellten Fälle zeigen beispielhaft die Wichtigkeit der gewerbeärztlichen Mitwirkung im BK-Feststellungsverfahren, der aufmerksamen Betrachtung der Arbeitsanamnese und der Bewertung des bildgebenden Materials bevorzugt durch fachärztliche Sachverständige mit einschlägiger, überdurchschnittlicher Erfahrung im Bereich der asbest- oder quarzbedingten Berufskrankheiten.



Publication History

Article published online:
18 March 2025

© 2025. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany