Diabetologie und Stoffwechsel 2025; 20(S 01): S22-S23
DOI: 10.1055/s-0045-1807397
Abstracts | DDG 2025
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Posterwalk 1: Digitalisierung in der Diabetologie I Künstliche Intelligenz

Verordnungserfahrungen, Potenziale und Herausforderungen von Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) aus dem Bereich Adipositas und Diabetes mellitus: Eine quantitative Befragung von Ärztinnen und Ärzten in Deutschland

Authors

  • M Mäder

    1   Universität Leipzig, Health Economics and Management, Leipzig, Germany
  • D Müller-Wieland

    2   Universitätsklinikum RWTH Aachen, Medizinische Klinik I, Aachen, Germany
  • T Schönfelder

    3   Wissenschaftliche Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung, Versorgungsforschung, Leipzig, Germany
  • C Militzer-Horstmann

    1   Universität Leipzig, Health Economics and Management, Leipzig, Germany
  • R Heinrich

    3   Wissenschaftliche Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung, Versorgungsforschung, Leipzig, Germany
  • M Geisler

    3   Wissenschaftliche Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung, Versorgungsforschung, Leipzig, Germany
  • D Häckl

    1   Universität Leipzig, Health Economics and Management, Leipzig, Germany
 

Hintergrund: Die globale Prävalenz von Patient:innen mit Übergewicht oder Adipositas lag im Jahr 2020 bei ca. 42% ([1]). Eine der am häufigsten auftretenden Folgeerkrankungen ist Diabetes mellitus mit einer globalen Prävalenz von ca. 10,5% im Jahr 2021 ([2]). Beide Krankheitsbilder gehen mit einem erhöhten Risiko für neurologische und kardiovaskuläre Erkrankungen einher ([3]). Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), die in Deutschland als zertifizierte Medizinprodukte verordnet werden können, haben gezeigt, dass sie den HbA1c-Wert ([4] [5]) und das Gewicht ([6] [7]) senken können. Bislang liegen für jene Anwendungen keine Daten zum Verordnungsverhalten von Ärzt:innen und zu möglichen Verordnungsbarrieren vor.

Fragestellung: Welche Verordnungserfahrungen von DiGA aus dem Bereich Adipositas und Diabetes mellitus haben Ärzt:innen bereits gemacht? Welche Verordnungsbereitschaft besteht? Welche Potenziale und welche Verordnungsbarrieren werden gesehen?

Methodik: Es wurde ein Online-Fragebogen auf Basis von Vorstudien der Autor:innen und Literatur-recherchen konzipiert. Er bestand aus 86 Items und umfasste sechs Themenbereiche: Erfahrungen und Verordnungsbereitschaft, Versorgungseffekte, Barrieren, Studienevidenz, Digitale Affinität und Soziodemografie. Insgesamt wurden 6.035 Ärzt:innen über die Deutsche Diabetes Gesellschaft zu der anonymen Befragung eingeladen. Die Datenanalyse erfolgte mit SPSS 23.

Ergebnisse: An der Befragung haben 350 Ärzt:innen teilgenommen (Rücklaufquote=5,8%). Mehr als die Hälfte der Befragten (53,4%) hat noch keine der zum Zeitpunkt der Befragung verordnungsfähigen 54 DiGA verordnet, wobei 47,6% dies mit einer unzureichenden Erfahrung begründeten. Von den Ärzt:innen, die grundsätzlich schon einmal eine DiGA verordnet haben, hat der Großteil mit 85,3% auch bereits eine der zum Zeitpunkt der Befragung verordnungsfähigen 8 DiGA aus dem Bereich Adipositas oder Diabetes mellitus verordnet. 40,5% der Befragten planen, jene DiGA in den nächsten 12 Monaten sehr wahrscheinlich (23,0%) bzw. eher wahrscheinlich (17,5%) zu verordnen. Die größten Potenziale wurden in der Verbesserung des Selbstmanagements, der Gesundheitskompetenz oder der Adhärenz gesehen. Die größten Verordnungsbarrieren bestanden in der unzureichenden Erstattung von ärztlichen Begleitleistungen, der schlechten Kompatibilität mit der bestehenden Praxissoftware und in der mangelnden digitalen Affinität/Motivation der Patient:innen.

Diskussion: DiGA sind noch nicht vollumfänglich in der gesetzlichen Regelversorgung angekommen. Auch die wissenschaftliche Literatur zeigt, dass (immer noch) ein hohes Maß an Skepsis gegenüber DiGA be-steht ([8]) und dass monetäre Aspekte im Zusammenhang mit der Kostenerstattung einen der stärksten Prädiktoren für die Akzeptanz digitaler Interventionen durch die Ärzt:innen darstellen ([9]).

Fazit: Um die Potenziale von DiGA durch eine höhere Akzeptanz durch die Ärzt:innen stärker nutzbar zu machen, sollten akzeptanzsteigernde Maßnahmen entwickelt werden.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
28. Mai 2025

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  • Literatur

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  • 9 Jacob C, Sanchez-Vazquez A, Ivory C.. Social, Organizational, and Technological Factors Impact-ing Clinicians' Adoption of Mobile Health Tools: Systematic Literature Review. JMIR Mhealth Uhealth 2020; 8: e15935 Epub 2020/02/20 32130167