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DOI: 10.1055/s-0045-1807414
Netzwerk-basierte Hirnstimulation erhöht die funktionelle Konnektivität insulinsensitiver Areale bei Personen mit Übergewicht und Adipositas
Fragestellung: Eine beeinträchtigte Insulinwirkung im Gehirn spielt eine wichtige Rolle in der Pathophysiologie des T2D ([1]). Bislang ist unklar, ob die Insulinresistenz im Gehirn (zentrale Insulinresistenz; zIR) Ursache oder Folge eines gestörten Glukosestoffwechsels ist. Bekannt ist jedoch, dass ein höherer BMI mit einer Änderung der Kommunikation, bestimmt durch die funktionelle Konnektivität (FC) von Hirnarealen, assoziiert ist. Betroffen sind hierbei insbesondere Netzwerke, die für die kognitive Kontrolle und das Belohnungsverhalten wichtig sind ([2]) und Hirnregionen beinhalten, die anfällig für die Entwicklung einer zIR sind ([1] [3]).
Eine transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) kann die Gehirnaktivität und FC im Gehirn modulieren ([4]) und das Verlangen nach Essen mindern (zur Übersicht ([5])). In einer Pilotstudie zeigten wir, dass eine Stimulation von insulinsensitiven Arealen die kognitive Kontrolle in Personen mit Übergewicht und Adipositas verbessert ([6]). Ziel der vorliegenden Studie war es, die Wirkung einer Stimulation auf die FC insulinsensitiver Areale zu untersuchen, die für die kognitive Kontrolle und das Belohnungsverhalten relevant sind.
Methodik: Im Rahmen einer randomisierten und doppelblinden Studie wurden 17 Personen mit Übergewicht und Adipositas (Alter: 20–59 Jahre; BMI: 27,6–37,6 kg/m2; 8 Männer) und 17 Personen mit Normalgewicht (Alter: 21–57 Jahre; BMI: 19,4–24,8 kg/m2; 7 Männer) eingeschlossen. An zwei Untersuchungstagen erhielten die Personen jeweils eine 25-minütige aktive Stimulation (d.h. erregend oder hemmend). Die Effekte auf die FC wurden mittels funktioneller Magnetresonanztomographie vor und unmittelbar nach der Stimulation untersucht. Zusätzlich wurde das subjektive Verlangen nach Essen vor und nach der Stimulation ermittelt.
Ergebnis: Personen mit Übergewicht zeigten eine Erhöhung der FC nach beiden aktiven Stimulationen, während es keine Veränderung bei Personen mit Normalgewicht gab (Interaktion Zeitpunkt X Gruppe: Estimate=0.28, 95% CI [0.08, 0.48], p=0.007). Post-hoc zeigte die erregende Stimulation eine größere Auswirkung auf die FC bei Personen mit Übergewicht. Zudem gab es eine signifikante Interaktion zwischen der Veränderung der FC und der Gruppe auf das subjektive Verlangen nach Essen (Estimate=-31.08, 95% CI [-57.98, -4.18], p=0.024). Dabei war nur bei Personen mit Übergewicht eine Reduktion des Verlangens nach Essen mit einer Erhöhung der FC assoziiert.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen, dass eine netzwerk-basierte Stimulation von insulinsensitiven Arealen die FC bei Personen mit Übergewicht und Adipositas erhöhen kann, was auf eine mögliche Normalisierung der FC hindeutet. Diese Veränderung ist mit einer Reduktion im Verlangen nach Essen assoziiert. In welchem Umfang eine verbesserte Kommunikation zwischen Hirnareale die Insulinwirkung im Gehirn und damit verbundene Mechanismen der Pathophysiologie von T2D beeinflussen kann, muss in zukünftigen Studien untersucht werden.
Publication History
Article published online:
28 May 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur: References
- 1 Kullmann S, 1 Kleinridders A, 1 Small DM. 1 et al. Central nervous pathways of insulin action in the control of metabolism and food intake. The Lancet Diabetes & Endocrinology 2020; 8: 524-34
- 2 Syan SK, 1 McIntyre-Wood C, 1 Minuzzi L. 1 et al. Dysregulated resting state functional connectivity and obesity: A systematic review. Neurosci Biobehav Rev 2021; 131: 270-92
- 3 Kullmann S, 1 Heni M, 1 Hallschmid M. 1 et al. Brain Insulin Resistance at the Crossroads of Metabolic and Cognitive Disorders in Humans. Physiol Rev 2016; 96: 1169-209
- 4 Yavari F, 1 Chhabra H, 1 Polania R. 1 et al. Mechanisms of action of transcranial direct current stimulation. In: . Interventional Psychiatry. Elsevier; 149-86
- 5 Ester T, 1 Kullmann S.. 1 Neurobiological regulation of eating behavior: Evidence based on non-invasive brain stimulation. Rev Endocr Metab Disord. 2021
- 6 Ester-Nacke T, 1 Berti K, 1 Veit R. 1 et al. Network-targeted transcranial direct current stimulation of the hypothalamus appetite-control network: a feasibility study. Sci Rep 2024; 14: 11341