physioscience 2025; 21(S 01): S9
DOI: 10.1055/s-0045-1808124
Abstracts
Vorträge

Clinical Reasoning von deutschen und niederländischen Manualtherapeuten: Ergebnisse einer qualitativen und einer Querschnittsstudie

M Veenstra
1   Hochschule Fresenius, Idstein, Germany
,
R Klemm
1   Hochschule Fresenius, Idstein, Germany
,
T M Szikszay
2   Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany
,
K Luedtke
2   Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany
,
A Jung
2   Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany
3   Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany
› Author Affiliations
 

Einleitung Clinical Reasoning (CR) wird eine zentrale Rolle bei der Durchführung eines effizienten Therapieprozesses zugeschrieben und beruht auf evidenzbasierten Ansätzen zur Verbesserung patientenrelevanter Endpunkte [1] [2]. Ziel dieser Studie war es, den CR-Prozess deutscher Manualtherapeuten (MTs) zu evaluieren, dabei dienten die CR-Fähigkeiten niederländischer MTs als Referenzstandard.

Material und Methodik Beide Studien untersuchten den CR-Prozess und die diagnostischen Fähigkeiten deutscher MTs. Niederländische MTs dienten als Referenzstandard aufgrund ihrer Erfahrung mit dem Direktzugang, welcher einen fortgeschrittenen CR-Prozess erfordert [3] [4]. Die CR-Fähigkeiten wurden in der Querschnittstudie mit dem Diagnostic Thinking Inventory (DTI) und in der qualitativen Studie mittels eines Experten-Interviews mit Fallvignetten von Jette et al. [5] untersucht. In Subgruppenanalysen wurde der Einfluss des Bildungsniveaus und der Berufserfahrung auf das CR untersucht.

Ergebnisse 396 MTs (229 deutsche und 167 niederländische) füllten das DTI aus [6]. Niederländische MTs erzielten höhere DTI-Gesamtwerte im Vergleich zu deutschen MTs. Bezüglich des Bildungsniveaus gab es keine signifikanten Unterschiede. In den Subgruppenanalysen bezüglich der Berufserfahrung wurden Unterschiede von moderater Effektgröße zwischen deutschen und niederländischen MT-Novizen (zugunsten der niederländischen MT-Novizen; p=.001; Cohen&apos;s d=.62) und zwischen deutschen MT-Novizen und erfahrenen deutschen MTs (zugunsten der erfahrenen deutschen MTs; p<.001; Cohen&apos;s d=.6) festgestellt [6]. In der qualitativen Studie, durchgeführt mit jeweils 5 MTs beider Länder, wurden die Fallvignetten (inkl. Red Flags) überwiegend von niederländischen MTs richtig bewertet. Die akademisierten MTs tendierten bei der Argumentation zum hypothetisch-deduktiven Denkansatz.

Zusammenfassung Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass akademisch ausgebildete deutsche und niederländische MTs sowie erfahrene deutsche und niederländische MTs in Bezug auf ihre hypothetisch-deduktiven CR-Fähigkeiten ähnlich sind. Im Gegenzug scheinen deutsche MT-Novizen im Vergleich zu niederländischen MT-Novizen und erfahrenen deutschen MTs das hypothetisch-deduktive CR in geringerem Maße zu nutzen, was wiederum die Hypothese stützt, dass das Niveau der Berufserfahrung und der Ausbildung einen signifikanten Einfluss auf die Entwicklung der hypothetisch-deduktiven CR-Fähigkeiten hat.



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Article published online:
21 May 2025

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