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DOI: 10.1055/s-0045-1808127
Begleitende Angehörigenarbeit als Bestandteil des Therapieprozesses – Ansatz für eine Neuausrichtung der Angehörigenarbeit in der Therapie.
Einleitung Pflegende Angehörige sind nicht nur eine wichtige Unterstützungsressource für die Patient:innen, sondern auch eine tragende Säule für das gesundheitliche Versorgungssystem [1]. Sie müssen sich in ein komplexes, sich stetig veränderndes Aufgabenspektrum einarbeiten, auf das sie kaum vorbereitet sind. Ihre Relevanz wird in der Gesundheitsversorgung bislang unzureichend berücksichtigt [2] [3]. Eine besondere Teilgruppe der pflegenden Angehörigen sind Gesundheitsfachpersonen (u.a. Therapeut:innen), die auch privat pflegebedürftige Angehörige versorgen, international als „Double-Duty Carer“ (DDC) bezeichnet [4].
Diese Teilgruppe verfügt neben einem Einblick in die private Angehörigenversorgung gleichzeitig über berufsspezifische Kenntnisse zum professionellen (therapeutischen) Versorgungsprozess. Im Rahmen einer Teilfragestellung einer Mixed-Method-Studie zum Thema „Private Angehörigenpflege bei Beschäftigten in therapeutischen Gesundheitsberufen“ wurde diese Doppelperspektive vertiefend untersucht. Der vorliegende Beitrag geht der Frage nach, welche Veränderungspotentiale die DDC-Therapeut:innen aus ihrer Rollenerfahrung als pflegende Angehörige und Gesundheitsfachkraft für die eigene Berufspraxis ableiten.
Material und Methodik Die Ergebnisse basieren auf einem Explanatory Sequential Mixed-Methods Design, bestehend aus einer standardisierten Fragebogenerhebung bei 64 DDC-Therapeut:innen aus den Berufsgruppen Physio-, Ergo- und Sprachtherapie (quantitativer Teil) und 10 Leitfadeninterviews mit Teilnehmenden des quantitativen Samples (qualitativer Teil). Der Beitrag präsentiert Teilergebnisse der qualitativen Teilstudie. Die Auswertung basierte auf der qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz.
Ergebnisse Die DDC-Therapeut:innen sprechen sich aus ihrer Doppelperspektive heraus für eine Aufwertung und Neuausrichtung der beruflichen Angehörigenarbeit der Therapieberufe aus. Sie stellen sich den zukünftigen Charakter der beruflichen Angehörigenarbeit in Form einer begleitenden Angehörigenarbeit als integralen Bestandteil des Therapieprozesses vor. Dieser zeichnet sich durch ein Zusammendenken und Integrieren von Patiententherapie und Angehörigenarbeit innerhalb des therapeutischen Prozesses aus. Sie benennen Empfehlungen zur inhaltlichen Umsetzung einer therapieintegrierten begleitenden Angehörigenarbeit sowie zur Anpassung struktureller Veränderungen der beruflichen Rahmenbedingungen.
Zusammenfassung Für einen nachthaltigen Therapieerfolg sollte die Kompetenzförderung der pflegenden Angehörigen als Handlungsfeld in den Therapieberufen stärkere Beachtung finden. Der Beitrag liefert erste Schwerpunkte für eine empirisch-gestützte Konzeptentwicklung zur Gestaltung einer begleitenden beruflichen Angehörigenarbeit in Therapieberufen.
Publication History
Article published online:
21 May 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Wetzstein M., Rommel A., Lange C.. Pflegende Angehörige – Deutschlands größter Pflegedienst. GBE kompakt 2015; 6: 3-11
- 2 Becker G., Kempf D.E., Xander C.J., Momm F., Olschewski M., Blum H.E.. Four minutes for a patient, twenty seconds for a relative – an observational study at a university hospital. BMC health services research 2010; 10: 94
- 3 Wolff J.L., Roter D.L.. Hidden in plain sight. Medical visit companions as a resource for vulnerable older adults. Archives of Internal Medicine 2008; 168: 1409-1415
- 4 Ward-Griffin C.. Nurses as Caregivers of Elderly Relatives: Negotiating Personal and Professional Boundaries. Canadian Journal of Nursing Research 2004; 36: 92-114