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DOI: 10.1055/s-0045-1808452
Spielt das Geschlecht eine Rolle in der Immunentwicklung Frühgeborener? Zwischenergebnisse einer prospektiven Beobachtungsstudie
Hintergrund: Neu- und Frühgeborene sind deutlich anfälliger für Infektionen als Erwachsene. Insbesondere männliche Frühgeborene haben ein hohes Risiko für Infektionen und inflammatorische Folgeerkrankungen. Das Geschlecht scheint eine Rolle in der Regulation der humoralen [1] und zellulären [2] Immunität zu spielen, aber auch Einfluss auf autoinflammatorische Prozesse zu haben [3] [4]. Eine Studie konnte zeigen, dass schon im Nabelschnurblut ein Unterschied in dem Anteil von B- und T-Zellen zwischen männlich und weiblichen Neugeborenen besteht (5). Bisher ist wenig über den Einfluss des Geschlechtes auf die Immunzellkomposition und die Entwicklung der angeborenen und der adaptiven Immunität von Frühgeborenen bekannt. Als Subanalyse einer prospektiven Beobachtungsstudie zum Einfluss von Antibiotika auf die Immunentwicklung untersuchten wir den Effekt des Geschlechtes auf die Immunzellkomposition bei Frühgeborenen.
Material und Methoden: Eingeschlossen wurden 80 Frühgeborene zwischen 23 0/7 und 31 6/7 Schwangerschaftswochen (SSW). Analysiert wurden EDTA-Blutproben, welche im Alter von 14 Tagen sowie bei einem Nachsorgetermin im korrigierten Alter von 4 Monaten (ET+4) im Rahmen von Routine-Blutentnahmen entnommen wurden. Aus den Blutproben wurden mittels Dichtegradientenzentrifugation mononukleäre Zellen aufgereinigt. Diese wurden bis zur weiteren Verarbeitung bei -80°C gelagert und dann durchflusszytometrisch auf das Vorhandensein von Monozyten und myeloiden Suppressorzellen sowie B- und T-Zellen und deren Subsets analysiert.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 147 Blutproben untersucht, 78 zum Zeitpunkt von 14 Tage und 69 zum Zeitpunkt ET+4. Es stammten 74 Blutproben von männlichen Frühgeborenen und 73 von weiblichen Frühgeborenen. Das mittlere Gestationsalter der männlichen Frühgeborenen lag bei 29.9 SSW, das der weiblichen bei 29.5 SSW. Männliche Frühgeborene hatten an ET+4 im Vergleich zu weiblichen Frühgeborenen weniger Monozyten und zu beiden Zeitpunkten weniger antiinflammatorische myeloide Suppressorzellen (MDSC). Der prozentuale Anteil von B-Zellen und T-Zellen sowie T-Helfer-Zellen und zytotoxischen T-Zellen an den mononuklearen Zellen war zwischen den Geschlechtern nicht unterschiedlich.
Jedoch hatten männliche Frühgeborene an ET+4 weniger Effector memory, Central memory T-Helfer-Zellen und T-Helfer 17-Zellen. Leichte Unterschiede zeigten sich auch in der Komposition der B-Zell-Subpopulationen.
Schlussfolgerung: Das Geschlecht scheint einen Einfluss auf die Immunzellreifung bei Frühgeborenen zu haben. Weitere Untersuchungen sind notwendig, um die klinischen Auswirkungen dieser Unterschiede genauer zu definieren.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
19. Mai 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Cook I.F.. Sexual dimorphism of humoral immunity with human vaccines. Vaccine 2008; 26: 3551-3555
- 2 Hewagama A., Patel D., Yarlagadda S., Strickland F.M., Richardson B.C.. Stronger inflammatory/cytotoxic T cell response in women identified by microarray analysis.
- 3 Okoro N.I., Kane S.V.. Gender-related issues in the female inflammatory bowel disease patient. Expert Rev Gastroenterol Hepatol 2009; 3: 145-154
- 4 Voskuhl R.. Sex differences in autoimmune diseases. 2011