Z Geburtshilfe Neonatol 2025; 229(03): e107-e108
DOI: 10.1055/s-0045-1808525
Abstracts
Pädiatrische Intensivmedizin: Herz/Kreislauf

Alimentäre pulmonal-arterielle Hypertonie

C Schmalstieg
1   Universitätsklinikum Münster, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Allgemeine Pädiatrie, Münster, Germany
,
K Trociewicz
2   Universitätsklinikum Münster, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Pädiatrische Kardiologie, Münster, Germany
,
K Masjosthusmann
1   Universitätsklinikum Münster, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Allgemeine Pädiatrie, Münster, Germany
,
J Potratz
1   Universitätsklinikum Münster, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Allgemeine Pädiatrie, Münster, Germany
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Zielsetzung Die pulmonale Hypertonie (PHT) ist eine lebensbedrohliche Erkrankung mit verschiedensten primären oder sekundären Ursachen. Wir berichten über einen 3-jährigen Jungen mit Erstdiagnose einer schweren PHT ungewöhnlicher Ätiologie.

Fallbericht Zur Vorstellung führende Symptome waren eine Tachykardie und Tachydyspnoe. In den vorangehenden 5 Monaten war das Kind nigerianischer Herkunft jedoch mit verschiedenen und zunehmenden Symptomen aufgefallen, u.a. schmerzhafter Laufverweigerung, prätibialer Schwellung, Gingivahyperplasie und Anämie. Zudem bestand eine Adipositas und Verdacht auf eine Entwicklungsverzögerung mit Verhaltensauffälligkeiten. Nach umfangreicher Diagnostik war unter dem Verdacht auf eine chronisch rekurrierende multifokale Osteomyelitis eine Therapie mit Ibuprofen, Steroiden und Etanercept erfolgt – ohne klinisches Ansprechen.

Wegweisend war die Bestimmung der Vitamine und Spurenelemente, die einen schweren Vitaminmangel inklusive Vitamin C von<1 mg/l (Norm 4-15 mg/l) offenbarte. Erst mit wiederholter und fokussierter Anamnese wurde eine schwere Fehlernährung deutlich. Der Junge ernährte sich fast ausschließlich von Yams-Brei (Fufu). Während die Yams-Wurzel prinzipiell reich an Vitamin C ist, war die genutzte Instantmischung dies nicht. Andere Vitamin-C-Quellen hatte der Junge konsequent verweigert.

Symptomatischer Vitamin C Mangel: Skorbut Die PHT ist – neben Blutungen, Gingivahyperplasie, Gelenkschmerzen und weiteren, auch bei unserem Patienten beobachteten, Symptomen – ein beschriebenes Symptom des Skorbut. Pathophysiologisch wird dazu u.a. die Rolle von Vitamin C bei der Synthese von Stickstoffmonoxid, Carnitin und Prostacyclin und beim Abbau von hypoxia-inducible factor (HIF1a) diskutiert. Eine Normalisierung des pulmonal-arteriellen Drucks unter Vitamin C Substitution ist häufig. [1]

Therapie Die Therapie des symptomatischen Vitamin C Mangels bedarf initial einer hochdosierten Substitution, so bereits 1919 in der Kinderklinik Wien “[…] 45 lemons were provided daily for the 64 children […]“.[2] Aktuelle Empfehlungen für Kinder nennen 300 mg Ascorbinsäure täglich in der ersten Woche, dann 100 mg täglich über mehrere Wochen.

Unser Patient erholte sich unter Therapie mit Vitamin C (und passager Sildenafil) sowie ausgewogener Ernährung vollständig. Die entwicklungspsychologische Testung diagnostizierte eine Autismusspektrumstörung.

Zusammenfassung Unter Fehlernährung treten auch heute noch bedrohliche Vitamin-Mangel-Erkrankungen auf. Psychische oder kognitive Entwicklungsstörungen sind Risikofaktoren. Migrationshintergrund und interkulturelle Differenzen können die Anamnese deutlich erschweren. Insbesondere für diese Kinder muss die Ernährung kinderärztliche Beachtung finden.



Publication History

Article published online:
19 May 2025

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