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DOI: 10.1055/s-0045-1808553
Familienbelastung von Familien mit Kindern mit neuromuskulärer Erkrankung und Langzeitbeatmung
Zielsetzung: Ziel der vorliegenden Studie war es, die Herausforderungen und psychosozialen Auswirkungen von Familien, in denen ein Kind mit neuromuskulärer Erkrankung (NME) und Heimbeatmung lebt, zu erfassen, um die Betreuung zukünftiger und bereits betroffener Familien zu verbessern.
Methoden: In einer monozentrischen, epidemiologisch-deskriptiven Kohortenstudie mit Kindern und Jugendlichen mit NME und Heimbeatmung wurden von April bis September 2021 37 Familien mit Hilfe des validierten Fragebogens FaBel [1] sowie eines selbstkonzipierten Fragebogens zu den familiären Belastungen, Vorteilen, Nachteilen und Problemen der Heimbeatmung befragt. Die statistische Analyse erfolgte mit dem Programm R (Version 4.1.3.), Mittelwertunterschiede wurden mittels einfacher t-Tests für unabhängige Stichproben ermittelt (Signifikanzniveau p < 0,05), wobei beim FaBel die Validierungsstichprobe zum Vergleich herangezogen wurde.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 37 Patienten (m=10,5 Jahre, 2 – 18 Jahre) mit NME (40,5% SMA, 51,4% Myopathie/CMD, 8,1% DMD), davon 23 NIV (62,2%) und 14 invasiv (37,8%) beatmet (m=14,4 h/d), ausgewertet, wovon invasiv beatmete Kinder häufiger kontinuierlich (p<0,05) und NIV-beatmete Kinder häufiger nur intermittierend nachts (p<0,05) beatmet werden. Invasiv beatmete Kinder sind dabei signifikant jünger (p<0,05). NIV-beatmete Kinder wurden häufiger oral (p<0,05) und invasiv beatmete Kinder häufiger via PEG (p<0,05) oder PEG/PEJ (p<0,05) ernährt. Die Familien gaben an, in 86,5% eine stabile Partnerschaft zu haben, alle Väter waren erwerbstätig, wobei Väter von NIV-beatmeten Kindern häufiger in Vollzeit arbeiten (p<0,05). Die Pflege (75,8%+/-25,8) wird hauptsächlich von den Müttern durchgeführt und in 59,5% von einem Pflegedienst unterstützt, der wiederum in 71,4% eine ausreichende Entlastung gewährleistet. Die am häufigsten genannten Belastungen waren: „Mobilität“, „Ängste vor Notfällen“ und „Schlechter Schlaf“, während als positive Aspekte das „Überleben des Kindes“ (Eltern invasiv) sowie „gute Leistungsfähigkeit“ und „Infektprävention“ (Eltern NIV) besonders oft genannt wurden. Die befragten Eltern empfehlen zukünftigen Eltern eine Beatmung (8,6+/-1,9, Skala 1 – 10). Insgesamt ist die Familienbelastung hoch (Soziale Belastung p<0,001, Persönliche Belastung p=0,00490, Finanzielle Belastung p<0,001, Belastung Geschwister p=0,0380, Gesamt p<0,001).
Zusammenfassung: Die Pflege eines Kindes mit NME und Beatmung geht mit einer hohen Familienbelastung einher. Die Kinder besuchen fast immer eine Schule und leben in mit der Allgemeinbevölkerung vergleichbaren Familienstrukturen. In die Pflege sind überwiegend Mütter involviert. Trotz der Belastungen stehen die Eltern der Beatmungstherapie sehr positiv gegenüber und würden diese anderen Betroffenen empfehlen. Da die Belastung mit der Zeit zunimmt, benötigen diese Familien besondere psychosoziale Betreuung und Begleitung.
Publication History
Article published online:
19 May 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Ravens-Sieberer U, Morfeld M, Stein RE, Jessop DJ, Bullinger M, Thyen U.. Der Familien-Belastungs-Fragebogen (FaBel-Fragebogen) – Testung und Validierung der deutschen Version der "Impact on Family Scale" bei Familien mit behinderten Kindern. Psychotherapie, Psychosomatik, medizinische Psychologie 2001; 51: 384-93