Rofo 2025; 197(S 02): S40-S41
DOI: 10.1055/s-0045-1810380
Abstracts
Abstractnr. WP 3

Konventionelle Röntgendiagnostik bei Verdacht auf Fremdkörperingestion im Kindesalter – Retrospektive Analyse von Einblendung, Dosis und nachgewiesenen Fremdkörpern

Vortragende:r: Max-Johann Sturm; sturm_m@ukw.de
M-J Sturm
1   Abteilung Kinderradiologie, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg
2   Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg
,
C Benoit
1   Abteilung Kinderradiologie, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg
2   Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg
,
F Müller-Reichart
1   Abteilung Kinderradiologie, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg
2   Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg
,
U Pytlik
1   Abteilung Kinderradiologie, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg
2   Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg
,
S Weick
3   Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg
,
T Bley
1   Abteilung Kinderradiologie, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg
,
H Huflage
1   Abteilung Kinderradiologie, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg
› Author Affiliations
 

Hintergrund: Bei der Fremdkörperingestion im Kindesalter spielt die konventionelle Röntgendiagnostik eine wesentliche Rolle – sowohl zur Bestätigung des klinischen Verdachts als auch zur Identifikation röntgendichter Fremdkörper sowie zur Lokalisationsdiagnostik. Die Ende 2024 veröffentlichte S2k-Leitlinie, die unter Mitwirkung der Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie (GPR) entstanden ist, empfiehlt eine großzügige Indikationsstellung für Röntgenuntersuchungen mit Einblendung vom Zahnbogen bis zur Symphyse. Dies stellt einen Paradigmenwechsel im Vergleich zur vorherigen Leitlinienversion aus dem Jahr 2015 dar, die – unter Berücksichtigung des Strahlenrisikos – eine restriktivere Bildgebung vom Hals bis zur unteren Thoraxapertur vorsah. Ziel dieser Arbeit war die retrospektive Erhebung von Dosisparametern, Röntgeneinstellungen und nachgewiesenen Fremdkörpern bei Verdacht auf Fremdkörperingestion.

Methoden: Ab August 2019 wurden Röntgenaufnahmen bei Verdacht auf Fremdkörperingestion von den diensthabenden Medizinischen Technologen für Radiologie (MTRs) systematisch in einer Liste erfasst. Die dokumentierten Fälle wurden retrospektiv ausgewertet. Bei Analyse wurden unter anderem folgende Parameter berücksichtigt: demographische Daten, Dosis-Flächen-Produkt (DFP, in cGy·cm2), Art der Röntgeneinstellung (z. B. Hals bis Oberbauch, erweiterte Einblendung bis zum Becken bzw. Symphyse, Thorax, Abdomen oder Sonstige), Anzahl und zeitlicher Abstand wiederholter Aufnahmen (<6 h bzw.>6 h) sowie Nachweis und Art des detektierten Fremdkörpers.

Ergebnisse: Es wurden insgesamt 228 Röntgenaufnahmen von 183 Patientinnen und Patienten (112 männlich, 71 weiblich) retrospektiv analysiert. Das mittlere Alter lag bei 4,4 Jahren. In 53,9% der Untersuchungen konnte ein röntgendichter Fremdkörper nachgewiesen werden. Am häufigsten handelte es sich um Münzen (n=39; 31,7%). In 17 Fällen (13,8%) wurden Knopfzellbatterien und in 15 Fällen (12,2%) Magnete identifiziert. Alle detektierten, ingestierten Kopfbatterien konnten eindeutig durch eine Doppelkontur („double rim sign“) oder ihre Breite identifiziert werden.

Etwa 60% der detektierten Fremdkörper projizierten sich auf den Magen, während 33% postpylorisch lokalisiert waren. Acht Fremdkörper (6,5%; 7 Münzen und eine Haarklammer) projizierten sich auf die obere Ösophagusenge im Hals. Bei zwei Dritteln der Aufnahmen (n=154) erfolgte die Röntgeneinstellung vom Hals bis zum Oberbauch. Das mediane DFP dieser Untersuchungen betrug 2,3 cGy·cm2 (Interquartilsabstand [IQR] 1,7–3,5). In 55 Fällen wurden isolierte Abdomenaufnahmen angefertigt (medianes DFP 6,8 cGy·cm2; IQR 3,84–12). Zwölf Aufnahmen beinhalteten eine tiefere Einblendung, die das Becken oder die Symphyse miterfasste (medianes DFP 3,9 cGy·cm2; IQR 1,45–6,25). Insgesamt wurden neun Röntgenaufnahmen innerhalb eines Zeitraums von weniger als sechs Stunden erneut durchgeführt: Fünf ergänzende Aufnahmen folgten auf initiale Abdomenaufnahmen, drei Wiederholungen betrafen ursprünglich eingestellte Aufnahmen vom Hals bis zum Oberbauch, und eine weitere Wiederholung war bei einer tief erweiterten Einstellung erforderlich.

Diskussion: Gemäß der bislang gültigen Leitlinie erfolgte die Röntgendiagnostik bei Fremdkörperingestion in der Regel mit einer Einblendung vom Hals bis zum Oberbauch; bei dieser Einstellung wurde das niedrigste Dosis-Flächen-Produkt (DFP) gemessen. Eine tiefere Einblendung, die auch das Becken oder die Symphyse einschließt, führt nur zu einem moderaten Anstieg des DFP, bietet jedoch eine verbesserte diagnostische Aussagekraft im Bereich des Abdomens – bei gleichzeitig deutlich geringerer Strahlenexposition im Vergleich zu isolierten Abdomenaufnahmen.

Bei röntgendichten Fremdkörpern, wie Münzen oder Knopfzellbatterien, bei denen das primäre Risiko bei der Ösophaguspassage besteht – etwa durch die anatomischen Engstellen oder die chemischen Reizreaktionen – ist die Einblendung vom Hals bis zum Oberbauch meist ausreichend, um klinisch relevante Pathologien zu erfassen. Im Gegensatz dazu kann bei unklaren Fremdkörpern oder bei der Ingestion von Magneten eine tiefere Einblendung sinnvoll sein, um eine weiterführende Abdomenaufnahme zu vermeiden und somit die Gesamtstrahlenbelastung zu reduzieren.

Fazit: Die Einstellung vom Hals bis zum Oberbauch ist meist ausreichend für eine Fremdkörperdetektion. Eine tiefere Einblendung könnte bei unklaren Befunden oder Magneten Folgeaufnahmen vermeiden und somit Strahlenbelastung reduzieren.



Publication History

Article published online:
25 August 2025

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