Rofo 2025; 197(S 02): S46
DOI: 10.1055/s-0045-1810392
Abstracts
Abstractnr. VCR 7

Immune effector cell-associated neurotoxicity syndrome (ICANS) im Rahmen einer CAR-T-Zell-Therapie

Vortragende:r: Michael Akers; michael.akers@uk-erlangen.de
M Akers
1   Universitätsklinikum Erlangen, Institut für Radiologie, Erlangen
,
O Rompel
1   Universitätsklinikum Erlangen, Institut für Radiologie, Erlangen
,
S Schulz-Heise
1   Universitätsklinikum Erlangen, Institut für Radiologie, Erlangen
,
N Naumann-Bartsch
2   Universitätsklinikum Erlangen, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Erlangen
› Author Affiliations
 

Anamnese: Männlicher Patient von 6 Jahren zum Zeitpunkt der Erstdiagnose eines Ewing-Sarkoms am linken Humerus im Februar 2023. Hierfür iEuroEwing-Protokoll von Februar bis November 2023. Im April 2024 ossäres Rezidiv am rechten proximalen Femur und Becken und Einleitung einer Rezidivtherapie nach rEECur-Protokoll mit Isofosfamid. Aufgrund unzureichender Response und neuer Metastasen sowie Neuro- und Nephrotoxizität Umstellung auf Irinotecan & Temozolomid (07/2024) und Rebiopsie zur Evaluation einer Target-Therapie (nach INFORM-Studienprotokoll). In diesem Rahmen Detektion eines Gangliosid-Oberflächenantigens (GD2) und hierdurch Möglichkeit einer Chimeric antigen receptor T-cell (CAR-T) Therapie (Phase-1-GD2IL18-Studie) im Sinne eines individuellen Heilversuches (Beginn 08.10.2024). Unter kontinuierlichem Monitoring mittels CAPD-Score (Cornell Assessment of Pediatric Delirium) frühzeitige Detektion therapieassoziierter Veränderungen eines Cytokin-Release-Syndroms (CRS, 15.10.2024, monoklonale Antikörpertherapie IL-6 Tocilizumab), nach Abklingen dessen eines Immuneffektorzell-assoziierten HLH-like Syndroms (IEC-HS, 17.10.2024, humaner IL-1 Rezeptorantagonist Anakinra) und im Verlauf unter neurologischer Verschlechterung (Kopfschmerz, Verwirrtheit und tonisch-klonischer Krampfanfall) sowie lymphozytärer Pleozytose (>90% CAR-T-Zellen) eines Immuneffektorzell-assoziierten Neurotoxizitätssyndroms (ICANS). Schutzintubation, Verlegung auf Intensivstation, Eskalation der bisherigen und Erweiterung der Gesamttherapie. Im Verlauf multiple infektiöse Komplikationen und zuletzt neurologische Verschlechterung (weite und lichtstarre Pupillen, Abnahme der Spontanmotorik, Verlust der Reagibilität auf Schmerzreize und Hirnstammreflexe), abnehmendes Flussprofil in der transkraniellen Dopplersonographie und neue EEG-Supprimierung. Indikation zur Limitierung der Therapiemaßnahmen. Exitus letalis am 15.11.2024 im Beisein der Eltern.

Bildgebung: Unter CAR-T-Zell-Therapie neue ödematöse Veränderungen der Pons und der basalen Großhirnstiele (MRT, 25.10.2024). Im Verlauf regrediente ödematöse Veränderungen bei aber neu abgrenzbaren Signalalterationen der medialen Thalami (MRT, 27.10.2024). Unter klinischer Verschlechterung supratentoriell globale Signalalteration des Kortex in T2-FLAIR- und diffusionsgewichteter Sequenz mit kongruentem Signalabfall in der ADC ohne Schrankenstörung (MRT, 14.11.2024). In dieser Untersuchung zudem neue, bereits in nativer T1-gewichteter Sequenz hyperintense Signalalterationen der Nuclei caudati, einzelner subkortikaler Areale beiderseits frontal sowie von Putamen und Globus pallidus mit kontinuierlicher Fortleitung in Richtung Hirnstamm.

Diagnose : Die MRT-Untersuchungen zeigten ein persistierendes vasogenes Ponsödem, im Verlauf mit zusätzlicher Ausbildung eines globalen zytotoxischen Kortexödems und Verdacht auf Nekrotisierung weiterer zentraler Hirnareale im Rahmen eines ICANS (Immuneffektorzell-assoziierten Neurotoxizitätssyndroms).

Diskussion und Fazit: Nach dem CRS ist das ICANS die zweithäufigste Komplikation unter CAR-T-Zell-Therapie. Das CRS ist dabei oft – aber nicht zwingend – vorausgehend und die Kombination der beiden mit deutlich schlechterer Prognose behaftet. Innerhalb der ersten Tage bis wenigen Wochen nach Therapiebeginn ist mit dem Auftreten eines ICANS zu rechnen. Pathophysiologisch wird eine Störung der Blut-Hirn-Schranke im Rahmen der cytokinvermittelten Inflammationskaskaden vermutet. Diagnostisch führend sind EEG-Veränderungen, die MRT steht neben der Liquorpunktion als ergänzende diagnostische Maßnahme zur Verfügung. Bei der Bildgebung eines ICANS mittels MRT sind in der Literatur bislang keine spezifischen Veränderungen beschrieben. Im Initialstadium müssen diese wohl auch nicht zwingend vorliegen. Die MRT-Verdachtsdiagnose eines ICANS sollte nach unserer Meinung differentialdiagnostisch erwogen werden, wenn neben der klinischen Wahrscheinlichkeit in Abhängigkeit des Therapiezeitpunktes folgende Veränderungen vorliegen: vasogene Ödeme in Hirnstamm, Thalamus oder Cortex (T2/FLAIR), cytotoxische Ödeme (DWI/ADC), Mikrohämorrhagien (SWI) oder eine leptomeningeale Kontrastmittelaufnahme.



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Article published online:
25 August 2025

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