Z Gastroenterol 2025; 63(08): e389-e390
DOI: 10.1055/s-0045-1810669
Abstracts | DGVS/DGAV
Freie Vorträge

Die Fallstricke von Calcitonin als Tumormarker: Reale Daten von Patient*innen mit erhöhten Calcitoninwerten, aber ohne medulläres Schilddrüsenkarzinom

A-K Lederer
1   Unimedizin Mainz, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Mainz, Deutschland
,
C-LJ Kessler
1   Unimedizin Mainz, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Mainz, Deutschland
,
N Bouzakri
1   Unimedizin Mainz, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Mainz, Deutschland
,
O Lozan
1   Unimedizin Mainz, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Mainz, Deutschland
,
F Wild
1   Unimedizin Mainz, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Mainz, Deutschland
,
K T Rauschkolb-Olk
2   Unimedizin Mainz, Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin, Mainz, Deutschland
,
H Rossmann
2   Unimedizin Mainz, Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin, Mainz, Deutschland
,
H Lang
1   Unimedizin Mainz, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Mainz, Deutschland
,
T J Musholt
1   Unimedizin Mainz, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Mainz, Deutschland
› Author Affiliations
 

Einleitung: Calcitonin dient als Tumormarker zur Diagnose des medullären Schilddrüsenkarzinoms (MTC), kann jedoch insbesondere bei nur leicht oder moderat erhöhten Werten auch durch andere Erkrankungen beeinflusst werden – was die diagnostische Abgrenzung erschwert. Ziel dieser Studie war es, klinische Merkmale von Patient*innen mit erhöhten Calcitoninwerten ohne MTC zu identifizieren, um künftig Übertherapie und verzögerte Diagnosen zu vermeiden.

Methoden: Es wurde eine retrospektive Kohortenstudie von Patient*innen mit erhöhten basalen Calcitoninwerten durchgeführt, die zwischen Januar 2015 und März 2025 in der endokrinen Sprechstunde der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie des Universitätsklinikums Mainz vorstellig wurden. Zusätzlich erfolgte eine Durchsicht elektronischer Krankenakten ab 2007 nach ICD-Codes für eine Calcitonin-Hypersekretion. Patient*innen mit bestätigtem MTC oder genetischen Syndromen wurden ausgeschlossen.

Ergebnisse: Von 345 Patientinnen mit erhöhtem Calcitonin erfüllten 167 (48 %) die Einschlusskriterien. Über die ICD wurden 29 weitere Patientinnen identifiziert, sodass insgesamt 167 Fälle analysiert wurden. Der Frauenanteil lag bei 52 %, das mittlere Alter bei 53,9 Jahren. Eine Struma wurde in 86 % der Fälle klinisch oder sonografisch festgestellt. In 81 % der Fälle waren die Calcitoninwerte nur leicht erhöht (<20 pg/ml); bei 10 Patientinnen überstiegen sie 50 pg/ml ([Abb. 1]). In 77 % der Fälle erfolgte eine Operation, meist eine Thyreoidektomie (50 %) zum Ausschluss einer Malignität. Bei 86 % der Operierten normalisierten sich die Werte postoperativ. Bei 8 Patientinnen blieben sie erhöht: Zwei wiesen falsch-positive Befunde auf, bei einem wurde ein neuroendokriner Tumor diagnostiziert, in vier Fällen blieb die Ursache unklar. Nur bei einer Patientin wurde im Verlauf ein okkultes MTC festgestellt. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 4,6 Monate. In dieser Zeit ergaben sich bei keinem weiteren Fall Hinweise auf ein MTC. Die Sterblichkeit lag bei 4 %, wobei keine Todesursache mit den erhöhten Calcitoninwerten in Zusammenhang stand.

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Abb. 1

Schlussfolgerung: Leicht erhöhte basale Calcitoninwerte sind häufig und meist nicht mit malignen Erkrankungen assoziiert. Persistierende Erhöhungen rechtfertigen weiterführende Diagnostik, vor allem wenn andere Ursachen ausgeschlossen wurden. Unsere Daten zeigen zudem eine geringe Teilnahme an der Nachsorge, was die langfristige Betreuung erschwert.

Präsentiert in der Sitzung: CAEK: Neue Leitlinie Schilddrüsenkarzinom

Freitag, 19. September 2025, 15:00 – 16:30, Saal 4



Publication History

Article published online:
04 September 2025

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