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DOI: 10.1055/s-0045-1810708
Unterschiede in der Erfassung der Fatigue-Prävalenz bei Patient*innen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen bei freier Erhebung, KI-gestützter Auswertung mit Large Language Model oder standardisierter Erfassung mittels Fragebogen
Authors
Einleitung: Patient*innen mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) leiden häufig an Fatigue und psychischen Beschwerden wie Angst oder depressiven Symptomen, welche die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen können. Im klinischen Alltag steht für das medizinische Personal häufig die Kontrolle der entzündlichen Aktivität im Vordergrund, während Patient*innen sich auch eine Adressierung ihrer extraintestinalen Beschwerden wünschen. Im Rahmen der klinischen Versorgung wurde in unserer Hochschulambulanz im März 2023 daher eine strukturierte Erfassung von extraintestinalen Symptomen mittels Fragebögen (u.a. HADS, FACIT, SHS) eingeführt. Unklar ist, in welchem Ausmaß die strukturierte Erhebung die Detektion extraintestinaler Symptome verbessert.
Ziele: Vergleich der Prävalenz von Fatigue-Symptomatik vor und nach Einführung einer strukturierten Abfrage mittels Fragebögen. Erfassung der Prävalenz von Fatigue-Symptomatik anhand der Auswertung der Ambulanznotizen durch ein Large Language Model.
Methoden: Wir führten eine semantische Datenbankabfrage aus unserem Klinikinformationssystem von den Patientenkontakten der CED-Hochschulambulanz aus dem Zeitraum 01.01.2022 bis 31.12.2022 mit den Items „Fatigue“, „Müdigkeit“, „müde“, „Erschöpfung“, „erschöpft“, „Abgeschlagenheit“, „abgeschlagen“ als Surrogat für die Erfassung von Fatigue-Symptomen durch. Für den gleichen Zeitraum wurden die Ambulanzbriefe durch ein Large Language Model im Hinblick auf das Vorliegen von Fatigue ausgewertet. Im nächsten Schritt wurde die Prävalenz von Fatigue aufgrund des FACIT-F Fragebogens für den Zeitraum 01.03.2023 bis 31.12.2024 ausgewertet ([Abb. 1]).


Ergebnis: Für die Datenabfrage vom 01.01.2022 bis 31.12.2022 wurden n=1510 Patientenkontakte eingeschlossen. Die Auswertung des Klinikinformationssystems ergab eine Fatigue-Prävalenz von etwa 8,2%. Die Auswertung durch das Large Language Model ergab eine Fatigue-Prävalenz von etwa 8,9%. Der FACIT-F Fragebogen mit n=439 Patient*innen zeigte eine Prävalenz einer schweren Fatigue (FACIT-Score<30) von etwa 33,9%.
Schlussfolgerung: Durch die strukturierte, fragebogenbasierte Erfassung konnte die Detektion von Fatigue-Symptomen in der Hochschulambulanz deutlich gesteigert werden. Die deutliche Diskrepanz in der Fatigue-Prävalenz zwischen freier vs. strukturierter Erhebung unterstreicht, dass die Fragebogenbasierte Erfassung die Sensitivität erheblich erhöhen und so die ganzheitliche Betreuung von Patient*innen mit CED verbessern kann.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
04. September 2025
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