Z Gastroenterol 2025; 63(08): e441-e443
DOI: 10.1055/s-0045-1810749
Abstracts | DGVS/DGAV
Kurzvorträge
Lebertransplantation Donnerstag, 18. September 2025, 14:15 – 15:43, Seminarraum 14 + 15

Maschinenperfusion in Deutschland 2025: Status quo und zukünftige Herausforderungen

M Ibrahim
1   Universitätsklinikum Tübingen, Klinik für Allgemeine-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Tübingen, Deutschland
,
M Finotti
1   Universitätsklinikum Tübingen, Klinik für Allgemeine-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Tübingen, Deutschland
,
S Nadalin
1   Universitätsklinikum Tübingen, Klinik für Allgemeine-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Tübingen, Deutschland
,
A L Mihaljevic
1   Universitätsklinikum Tübingen, Klinik für Allgemeine-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Tübingen, Deutschland
,
P Kron
1   Universitätsklinikum Tübingen, Klinik für Allgemeine-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Tübingen, Deutschland
› Author Affiliations
 

Einleitung: Maschinenperfusion (MP) ersetzt zunehmend die statische Kaltlagerung und eröffnet neue Möglichkeiten für Organassessment, Organreparatur und daraus resultierend höhere Transplantationsraten, insbesondere bei marginalen Organen. In Deutschland befinden sich Perfusionsprogramme in unterschiedlichen Stadien des Aufbaus.

Ziele: Eine nationale Erhebung zum klinischen Einsatz, Nutzen und den Herausforderungen von MP in Leber- und Nierenzentren.

Methodik: Mittels einer bundesweiten Online-Umfrage wurden alle 39 deutschen Leber- und Nierentransplantationszentren kontaktiert. Abgefragt wurden Zentrumsstruktur, MP-Finanzierung und Forschung ([Tab. 1]), Indikationen und Organutilisation ([Tab. 2]), sowie klinische Nutzung der Maschinenperfusion bei Leber- und Nierentransplantation ([Tab. 3]).

Tab. 1 Zentrumsstruktur, Finanzierung und Forschung

Haben Sie ein MP Programm?

Ja

13/20 (65%)

Nein

6/20 (30%)

Nein, aber in Planung

1/20 (5%)

Wie perfundieren Sie?

NMP

3/14 (21%)

HOPE

7/14 (50%)

Beides, je nach Indikation

4/14 (29%)

Haben Sie ein Perfusionsteam?

Ja (≥3 Mitarbeiter)

4/14 (29%)

Nein

10/14 (71%)

Wie wird das MP Programm finanziert? (Mehrfachauswahl)

Krankenhausmittel

13/13 (100%)

Forschungsmittel

5/13 (38%)

Sonstiges

1/13 (8%)

Was sind die größten Barrieren für ein MP Programm? (Mehrfachauswahl)

Kosten

7/19 (37%)

Personalaufwand

7/19 (37%)

Fehlende Evidenz

2/19 (11%)

Sonstiges

3/19 (16%)

Besteht eine MP Forschungsgruppe?

Ja

10/18 (56%)

Nein

8/18 (44%)

Welche Forschungszeile hat Ihre Gruppe? (Mehrfachauswahl)

Erweiterung Spenderpool

13/15 (87%)

Ex-Vivo Organrepair

14/15 (93%)

Organverbesserung

14/15 (93%)

Tab. 2 Indikation und Organutilisation bei MP

Bringt MP einen Vorteil bei Transplantation?

Ja, immer

10/13 (77%)

Ja, aber nur für ECD-Organe

3/13 (23%)

Nein

0/13 (0%)

Konnten Sie durch MP die Organutilisation steigern?

Ja

8/13 /62%)

Nein

5/13 (38%)

Wenn ja, um wie viel Prozent?

0-10%

8/13 (62%)

11-20%

3/13 (23%)

>20%

2/13 (15%)

LTX

NTX

Wie hoch ist die Ablehnungsquote nach Allokation des Organs?

0-15%

4/11 (36%)

8/9 (89%)

16-30%

4/11 (36%)

0/9 (0%)

>30%

3/11 (27%)

1/9 (11%)

Durchschnitt

26%

11%

Was ist der häufigste Grund für die Nichttransplantation eines Organs?

Lebermakroskopie

7/13 (54%)

-

Steatose>30% in der Biopsie

5/13 (38%)

-

Nierenmakroskopie

-

5/8 (63%)

Suboptimale Graftperfusion

-

2/8 (25%)

Sonstiges

1/13 (8%)

1/8 (12,5%)

Welche Indikation zur Verwendung der MP? (Mehrfachauswahl)

ECD-Organe

7/13 (54%)

5/6 (83%)

Lange Ischämiezeit erwartet

6/13 (46%)

3/6 (50%)

Spender über 65 Jahre

5/13 (38%)

1/6 (17%)

Alle Organe werden perfundiert

6/13 (46%)

0/6 (0%)

Welche Vorteile bei der MP? (Mehrfachauswahl)

Organprotektion

12/13 (92%)

5/7 (71%)

Verringerter Reperfusionsschaden

13/13 (100%)

6/7 (86%)

Erweitertes Monitoring

6/13 (46%)

2/7 (29%)

Logistik

6/13 (46%)

-

Tab. 3 Klinische Nutzung von MP bei Leber- und Nierentransplantation

LTX

NTX

Wie perfundieren Sie?

NMP

3/13 (23%)

0/6 (0%)

HOPE

9/13 (69%)

6/6 (100%)

HOPE und NMP gleich

1/13 (8%)

0/6 (0%)

Welche Art der Leberperfusion wird genutzt?

Dual

5/13 (38%)

-

Nur Portal

7/13 (54%)

-

Dual und Portal gleich ermaßen

1/13 (8%)

-

Wie lange wird perfundiert?

1-2h

0/13 (0%)

1/4 (25%)

2-4h

10/13 (77%)

1/4 (25%)

>4h

3/13 (23%)

2/4 (50%)

Machen Sie ein Viabilitytest bei HOPE?

Ja

2/13 (15%)

1/4 (25%)

Nein

11/13 (85%)

3/4 (75%)

Welche Viabilitytests machen Sie bei NMP? (Mehrfachauswahl)

Lactat clearance

8/9 (89%)

-

pH>7,3

5/9 (56%)

-

Glukosemetabolismus

4/9 (44%)

-

Galleproduktion

5/9 (56%)

-

Galle pH>7,45

2/9 (22%)

-

Urinproduktion

-

1/3 (33%)

Nierenresistance

-

2/3 (66%)

Base Excess in der BGA

-

1/3 (33%)

Wie viele Organe wurden in den letzten 5 Jahren perfundiert?

0-50

8/13 (62%)

8/8 (100%)

51-100

4/13 (31%)

-

>100

1/13 (8%)

-

Gesamt

719

27

Ergebnisse: 20 von 39 (51,3 %) der angeschriebenen Zentren nahmen teil. 65 % verfügen über ein MP-Programm (13 Leberzentren und 3 Nierenzentren), das meist intern finanziert wird und häufig ohne spezialisiertes Perfusionsteam auskommt. Lediglich 29 % der Zentren gaben an, ein Perfusionsteam mit≥3 Mitarbeitenden zu haben. In Leberzentren werden sowohl normotherme Maschinenperfusion (NMP) als auch hypotherme Perfusion (HOPE) genutzt; bei Nierentransplantationen wird unter den Befragten nur HOPE genutzt. Bei der Frage nach der Indikation der Leber-MP gaben 46% der Leberzentren an, dass Sie alle akzeptierten Organe perfundieren, während 54% primär marginale Organe perfundieren. Die durchschnittliche Steigerung der Organutilisation seit Einführung eines MP Programmes wurde mit 10% angegeben. Alle Befragten sehen in der MP einen klaren Vorteil für deutsche Transplantationsprogramme. Knapp über die Hälfte aller Befragten (56%) forschen auf dem Gebiet der MP mit Schwerpunkten im Bereich Ex-Vivo Organrepair (93%), Organverbesserung (93%) und Erweiterung des Spenderpools (87%).

Schlussfolgerung: Maschinenperfusion steigert die Organverfügbarkeit nachweislich und ist angesichts des Organmangels essenziell. Der fehlende nationale Finanzierungsrahmen sowie begrenzte Forschungsaktivitäten behindern jedoch eine flächendeckende Etablierung. Eine strukturierte Förderung auf Systemebene ist dringend erforderlich. Über die Indikation der Perfusion liegt in Leberzentren ein Dissens vor mit einerseits Befürwortern von genereller Perfusion und andererseits Befürwortern einer speziellen Indikation nur für ECD-Organe.



Publication History

Article published online:
04 September 2025

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