Z Gastroenterol 2025; 63(08): e525
DOI: 10.1055/s-0045-1810922
Abstracts | DGVS/DGAV
Kurzvorträge
Multimodale Therapie des kolorektalen Karzinoms Donnerstag, 18. September 2025, 09:30 – 10:47, Vortragsraum 11

Jugendliche mit familiärer adenomatöser Polyposis coli – Karzinomentstehung und Kolektomie vor dem 18. Lebensjahr

Authors

  • M W Laass

    1   Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Klinik und Poliklinik f. Kinder- u. Jugendmedizin, Dresden, Deutschland
  • D Aust

    2   Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Institut für Pathologie, Dresden, Deutschland
  • A Jahn

    3   Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Institut für Klinische Genetik, Dresden, Deutschland
  • J Weitz

    4   Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Klinik und Poliklinik für Viszeral , Thorax- und Gefäßchirurgie, Dresden, Deutschland
 

Einleitung: Das mittlere Alter der Karzinomentstehung bei der klassischen familiären adenomatösen Polyposis coli (FAP) liegt bei 40 Jahren. In 80% kann eine pathogene Keimbahnmutation im APC Gen gefunden werden. Unbehandelt entwickeln alle Patienten ein kolorektales Karzinom. Dessen Entstehung vor dem 18. Lebensjahr ist mit ca. 0,05% jedoch selten.

Ziele: Wie hoch ist das Risiko für die Entwicklung eines Kolonkarzinoms vor dem 18. Lebensjahr bei unseren Patienten? Wann und wie sollten die Vorsorgeendoskopien begonnen werden?

Ergebnis: Bei von uns betreuten 40 Kindern (aus 29 Familien) mit einer FAP war bei 3 Betroffenen eine Kolektomie mit Pouch-Anlage bereits vor dem 18. Geburtstag notwendig: einem 16-jährigen Jungen (Patient 1), seiner 14-jährigen Schwester (Patientin 2) und einem 14-jährigen Jungen (Patient 3).

Bei den drei Jugendlichen fanden wir bereits in der ersten Koloskopie>100 Polypen, überwiegend Adenome mit niedriggradiger Dysplasie (Wien Kategorie 3). Die beiden Jungen hatten bereits große, sessile und ulcerierte Polypen mit hochgradiger Dysplasie (Wien Kategorie 4). Wir stellten bei den drei Jugendlichen die Indikation zur Kolektomie. Beim Patient 1 wurde ein mittelhoch differenziertes Adenokarzinom des rektosigmoidalen Überganges mit Lymphknotenmetastasen nachgewiesen, weshalb eine adjuvante Chemotherapie erfolgte. Bei seiner Schwester fanden sich hochgradige Dysplasien, aber kein Karzinom. Beim Patienten 3 wurde ein Mukosa-Karzinom (Wien Kategorie 4.4) nachgewiesen. Die genetischen Untersuchungen des APC-Gens ergaben bei dem Geschwisterpaar eine Nukleotid-Substitution an der Position -6 von Intron 11, die ein verändertes Spleißen verursacht. Beim Patienten 3 fanden wir heterozygot eine Duplikation im Codon 1301 mit Verschiebung des Leserasters und Einführung eines Stopp-Codons.

Schlussfolgerung: Bei Risikopersonen für eine FAP empfiehlt die DGVS-S3-Leitlinie jährlich Sigmoidoskopien ab dem 10. Lebensjahr und bei Adenom-Nachweis komplette Koloskopien. Europäische Leitlinien empfehlen z.T. den Beginn erst zwischen 12 bis 14 Jahren. Unsere Erfahrung zeigt, dass die erste Vorsorgeendoskopie spätestens ab dem 12. Lebensjahr erfolgen sollte. Eine Kenntnis des Genotyps ist wichtig; Mutationen zwischen Codon 1250 und 1464 führen zu einem schwereren Phänotyp. In unserem Kollektiv hatten 5% der Betroffenen (2/40) ein Kolonkarzinom vor dem 18. Lebensjahr. Die Betreuung dieser Patienten soll interdisziplinär und entsprechend den Leitlinien erfolgen.



Publication History

Article published online:
04 September 2025

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