Adipositas - Ursachen, Folgeerkrankungen, Therapie 2025; 19(03): 211
DOI: 10.1055/s-0045-1811392
Abstracts
Freie Vorträge Essstörungen

Einfluss einer hochkalorischen Ernährung auf das psychische und körperliche Befinden bei Anorexia nervosa mit extremen Untergewicht. Eine prospektive Studie

Authors

  • U Voderholzer

    1   LMU Klinikum, LMU München, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, München, Deutschland
    2   Schön Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee, Deutschland
  • J Silbernagl

    2   Schön Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee, Deutschland
  • U Cuntz

    2   Schön Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee, Deutschland
    3   Paracelsus Medizinische Universität, Forschungsprogramm für Psychotherapieevaluation im Komplexen Therapiesetting, Salzburg, Deutschland
  • S Naab

    2   Schön Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee, Deutschland
  • N Quadflieg

    1   LMU Klinikum, LMU München, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, München, Deutschland
    2   Schön Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee, Deutschland
 

Einleitung: Neuere Befunde zeigen, dass hochkalorische Ernährung zu Beginn der Therapie bei extremer Anorexia nervosa (AN) machbar ist, sofern die Elektrolyte sorgfältig überwacht und Phosphat substituiert wird. Die Auswirkungen auf das psychische und körperliche Befinden sind kaum bekannt.

Methoden: Sechsundvierzig stationäre Patientinnen mit AN bei extremem Untergewicht erhielten orale Ernährung beginnend mit 2000 kcal/d unter sorgfältigem klinischen Monitoring und Phosphatsubstitution. Über sechs Wochen wurden wöchentlich Schlankheitsstreben, Unzufriedenheit mit dem Körper, Depression und somatische Beschwerden erhoben.

Ergebnisse: Der BMI stieg von 12,61 (1,05) bei Beginn der Therapie auf 14,40 (0,98) in Woche 6 (F=151,60; p<.001; d=2,57). Schlankheitsstreben blieb unverändert während körperliche Unzufriedenheit leicht aber signifikant anstieg. Depression und somatische Beschwerden sanken signifikant. Refeeding-Syndrome traten nicht auf.

Schlussfolgerung: Hochkalorische Ernährung bei extremer AN ist sehr effektiv. Sie bewirkt eine schnelle Gewichtszunahme und reduziert Depression und somatische Beschwerden. Damit wird eine nachfolgende Psychotherapie effizienter und unterstützt eine frühere Symptomverbesserung. Die Studie zeigt, dass hochkalorische Ernährung medizinisch sicher durchgeführt werden kann und von den Patientinnen sehr gut akzeptiert wird. Besonders herauszuheben ist, dass die schnell erreichte Gewichtszunahme keine negativen Auswirkungen auf das kardinale Essstörungssymptom Schlankheitsstreben hatte. Mit der raschen Anwendung hochkalorischen Ernährung kommen die Patientinnen schneller aus dem für sie gesundheitlich gefährlichen Untergewichtsbereich.



Publication History

Article published online:
15 September 2025

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