Zeitschrift für Phytotherapie 2025; 46(S 01): S22-S23
DOI: 10.1055/s-0045-1811473
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Estragol: Wie viel ist zu viel?

Autoren

  • O Kelber

    1   Phyto & Biotics Tech Platform, Phytomedicines Supply and Development Center, Bayer Consumer Health, Steigerwald Arzneimittelwerk GmbH, Darmstadt, Deutschland
  • H Sievers

    2   PhytoLab GmbH & Co. KG, Vestenbergsgreuth, Deutschland
  • J Reichling

    3   Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie (IPMB) der Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
 

Einleitung Es gibt verschiedene Ansätze zur Bewertung der Sicherheit von Spurenbestandteilen pflanzlicher Produkte. Angesichts der jüngsten regulatorischen Initiativen zu Estragol, das in zahlreichen Arznei- und Lebensmittelpflanzen vorkommt [1] [2], haben die Ergebnisse solcher Bewertungen direkte regulatorische Auswirkungen.

Zielsetzung und Methoden Die aktuelle Datenlage wurde durch eine Literaturrecherche erfasst und bewertet.

Ergebnisse Bereits in früheren Studien wurde eine Dosisabhängigkeit der potenziellen genotoxischen Wirkungen von Estragol aufgezeigt [3] [4]. In-vitro-Daten zur Bildung von E-3′-N2-dG-DNA-Addukten in menschlichen Leberzelllinien nach wiederholter Inkubation mit Konzentrationen von 0–50 μM deuten auf einen Schwellenwert bei 0,5 μM hin, der deutlich über den Werten liegt, die hierzulande bei normaler Ernährung auftreten [4]. Auch aus der Festlegung eines Grenzwerts auf der Grundlage einer 3-Monats-Studie an Ratten, bei der die Bildung von Foci in Leberzellen erfasst wurde [5] [6] [7] [8], ergaben sich Hinweise darauf, dass die sichere Dosis höher ist als bisher angenommen. Neueste Daten stützen dies. Die Zahl der DNA-Addukte in menschlichen Leberproben liegt demnach deutlich unter den Zahlen, bei denen bei HepG2-CYP1A2-Zellen in vitro Mutationen auftreten. Zudem wurde bei Konzentrationen von bis zu 2 mM Estragol keine DNA-Schädigung oder Zytotoxizität beobachtet [9] [10] [11].

Schlussfolgerungen Die wissenschaftliche Evidenz dafür, dass der Schwellenwert für mutagene Wirkungen von Estragol oberhalb der normalen Exposition liegt, wächst. Dementsprechend sollten regulatorische Maßnahmen, die negative Auswirkungen auf die therapeutische Verwendung estragolhaltiger pflanzlicher Arzneimittel haben, überdacht und neu bewertet werden.

Danksagung: Vielen Dank an D. Schrenk und J. Fahrer, RPTU Kaiserslautern-Landau, Deutschland, für fruchtbare Diskussionen.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
08. September 2025

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