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DOI: 10.1055/s-0045-1811473
Estragol: Wie viel ist zu viel?
Autoren
Einleitung Es gibt verschiedene Ansätze zur Bewertung der Sicherheit von Spurenbestandteilen pflanzlicher Produkte. Angesichts der jüngsten regulatorischen Initiativen zu Estragol, das in zahlreichen Arznei- und Lebensmittelpflanzen vorkommt [1] [2], haben die Ergebnisse solcher Bewertungen direkte regulatorische Auswirkungen.
Zielsetzung und Methoden Die aktuelle Datenlage wurde durch eine Literaturrecherche erfasst und bewertet.
Ergebnisse Bereits in früheren Studien wurde eine Dosisabhängigkeit der potenziellen genotoxischen Wirkungen von Estragol aufgezeigt [3] [4]. In-vitro-Daten zur Bildung von E-3′-N2-dG-DNA-Addukten in menschlichen Leberzelllinien nach wiederholter Inkubation mit Konzentrationen von 0–50 μM deuten auf einen Schwellenwert bei 0,5 μM hin, der deutlich über den Werten liegt, die hierzulande bei normaler Ernährung auftreten [4]. Auch aus der Festlegung eines Grenzwerts auf der Grundlage einer 3-Monats-Studie an Ratten, bei der die Bildung von Foci in Leberzellen erfasst wurde [5] [6] [7] [8], ergaben sich Hinweise darauf, dass die sichere Dosis höher ist als bisher angenommen. Neueste Daten stützen dies. Die Zahl der DNA-Addukte in menschlichen Leberproben liegt demnach deutlich unter den Zahlen, bei denen bei HepG2-CYP1A2-Zellen in vitro Mutationen auftreten. Zudem wurde bei Konzentrationen von bis zu 2 mM Estragol keine DNA-Schädigung oder Zytotoxizität beobachtet [9] [10] [11].
Schlussfolgerungen Die wissenschaftliche Evidenz dafür, dass der Schwellenwert für mutagene Wirkungen von Estragol oberhalb der normalen Exposition liegt, wächst. Dementsprechend sollten regulatorische Maßnahmen, die negative Auswirkungen auf die therapeutische Verwendung estragolhaltiger pflanzlicher Arzneimittel haben, überdacht und neu bewertet werden.
Danksagung: Vielen Dank an D. Schrenk und J. Fahrer, RPTU Kaiserslautern-Landau, Deutschland, für fruchtbare Diskussionen.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
08. September 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
 - 1 EMA Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC), Public statement on the use of herbal medicinal products containing estragole. EMA/HMPC/137212/2005 Rev 1
 - 2 Schrenk D. et al. Planta Med 2024; 90: 219-242
 - 3 Yang S. et al. Toxicol Lett 2021; 337: 1-6
 - 4 Schulte-Hubbert R. et al. Toxicology 2020; 444: 152566
 - 5 Miller EC. et al. Cancer Res 1983; 43: 1124-1134
 - 6 Bristol DW.. Toxicity Report Series 2011; 82: 1-111
 - 7 Marsman DS, Popp JA.. Carcinogenesis 1994; 15: 111-117
 - 8 Kunz HW. et al. Environ Health Perspect 1983; 50: 113-122
 - 9 Ackermann G. et al. Z Phytother 2023; 44 (Suppl.): S18
 - 10 Ackermann G. et al. Lebensmittelchemie 2024; 78: S3
 - 11 Ackermann G. et al. Naunyn-Schmiedeberg’s Arch Pharmacol 2025; P041