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DOI: 10.1055/s-1999-9128
Infektiologie und Pneumologie: Hartmut Lode zum 60. Geburtstag
Publication History
Publication Date:
31 December 1999 (online)
„Das gelbe Licht der Öllampen, die vorm Hause auf Stangen brannten und weiter unter an dicken, über die Straße gespannten Ketten hingen, flackerte unruhig. Hie und da sprangen die Häuser mit Vorbauten in die Straße hinein, die abschüssig zur Trave hinunterführte, und einige waren mit Beischlägen und Bänken versehen. Feuchtes Gras sproß zwischen dem schlechten Pflaster empor. Die Marienkirche, dort drüben, lag ganz in Schatten, Dunkelheit und Regen gehüllt.”
(Thomas Mann, Buddenbrooks, Frankfurter Ausgabe, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1981, S. 42f.)
Lübeck, Mitte Oktober vor 180 Jahren, mit den Aromen des Hafens und etwas Salz in der Luft, feucht und kalt, aber doch in der klaren Luft des Nordens. 120 Jahre später - wieder ist es Herbst, aber die Zeit geht etwas langsamer hier oben - besucht Hartmut Lode das Katharineum der Hansestadt. Hier fand einer, der in Köln gebürtig und schon in Westfalen und Niedersachsen zur Schule gegangen war, seine wahre Heimat, wovon nicht nur der graue Seemannsbart noch zeugt, sondern auch ein beständiger Charakter, der vor Herausforderungen nicht zurückschreckt und seine norddeutsche Geradlinigkeit bewahrt hat, obwohl der Weg nicht immer einfach war.
Geboren wurde Hartmut Lode am 15. 10. 1939 in bösen Zeiten, die einen Teil der Jugend und auch das Elternhaus für lange überschatten sollten. Aber in Lübeck - so denkt es zumindest der Autor - kam eine Wende, und von hier aus ging es voran: Abitur am Katharineum 1959, Studium der Medizin in Berlin 1959 - 1965 und 1964 die Heirat mit Antje Zietan waren die Wegmarken dieser Jahre, ebenso wie die Geburten der Kinder Imke und Jan in den folgenden Jahren. Im Jahre 1965 - nach einem Auszeichnungsexamen - begann Hartmut Lode seinen beruflichen Weg als Medizinalassistent und seinen wissenschaftlichen Weg als Doktorand bei Prof. Herken in der Pharmakologie. Von letzterer ließ unser Geburtstagskind nicht wieder ab, und auf dieser erwarb er sich internationale Anerkennung, wovon noch die Rede sein wird. Die weitere ärztliche Ausbildung führte über die Pathologie des Rudolf-Virchow-Krankenhauses bei Prof. Stein schließlich zu Prof. Schwab - zuerst am Westend-Klinikum und später dann an das neue Klinikum Steglitz. Unter der Leitung der Professores Schwab und von Kreß erwarb sich Hartmut Lode ein breites und profundes internistisches Wissen, und in dieser Zeit keimte auch eine für den späteren Lebensweg entscheidende Leidenschaft für die Infektiologie auf.
Vielleicht liegt es den Lübeckern ja im Blut, sich für den Kampf der Menschen mit den Mikroben zu interessieren, denn Thomas Mann danken wir ja - allein schon aus den Buddenbrooks klassische literarische Schilderungen der Pneumonie, der Sepsis und des Typhus und später dann aus dem Zauberberg die meisterliche Darstellung der Tuberkulose. Vielleicht war es aber auch Hartmut Lodes Neigung, sich mit den interessanten und drängenden Fragen außerhalb des deutschen akademisch-medizinischen Mainstreams zu beschäftigen. So begann Hartmut Lode also eine Karriere auf einem Feld, das es in Deutschland akademisch in den sechziger und siebziger Jahren eigentlich gar nicht gab: der Infektiologie. Diese Entscheidung war mutig, denn es war von Beginn an klar, daß es nicht leicht werden sollte und daß es einfachere Wege zum Ziel gab. Aber Hartmut Lode hielt an seiner Entscheidung fest, und er hatte Erfolg. Dies haben wir ihm heute zu danken, denn Hartmut Lode wurde zu einem der Väter der deutschen Infektiologie in der Zeit nach dem zweiten großen Krieg und verschaffte der deutschen Infektiologie, die ja vor den Kriegen Weltgeltung besessen hatte, erneute internationale Reputation.
Diese Anerkennung erhielt er vor allem durch die damals noch neue und wichtige Verbindung seiner pharmakologischen Leidenschaft mit der Untersuchung antiinfektiver Substanzen, einem in der Zwischenzeit immens gewachsenen Gebiet, auf dem es aber neben Hartmut Lode weltweit nur wenige ähnlich erfahrene Experten gibt. Auch auf vielen anderen Feldern der Infektiologie, von der Endokarditis bis zur Sepsis und von der HIV-Infektion bis zur Tuberkulose hat Hartmut Lode wesentliche Beiträge geleistet und Anregungen gegeben und sich dabei auch nicht gescheut, seinen Schülern bei der Bearbeitung verschiedener grundlagenwissenschaftlicher Aspekte der Infektiologie und Immunologie mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Vorher aber gab es viel Arbeit auf diesem Weg, trocken markiert durch die Daten der Ernennung zum Assistenzprofessor 1971, der Habilitation 1976, der Ernennung zum Privatdozenten und der Berufung zum Professor für Innere Medizin im Jahre 1979. Vielfache Forschungsaufenthalte in diesen Jahren in nationalen und internationalen mikrobiologischen und infektiologischen Zentren (Düsseldorf, Boston, Stanford, Chicago, Los Angeles) gaben Hartmut Lode das Rüstzeug für seine eigenen wissenschaftlichen Arbeiten und führten auch zu langanhaltenden internationalen Freundschaften, deren Wert er immer besonders hoch einschätzte.
Ein weiterer Schwerpunkt der ärztlichen Tätigkeit und Forschung wurde Ende der siebziger Jahren die Beschäftigung mit der Pneumonie, und von hier fand Hartmut Lode vermutlich den Weg in sein zweites großes klinisches Arbeitsgebiet: die Pneumologie. Fortan wurden die Fragen der infektiologischen Pneumologie für ihn zu einem Schwerpunkt, den er mit größtem Engagement vertiefte und der ihn ebenfalls internationale Bekanntschaft und Anerkennung gewinnen ließ.
So war es auch eine glückliche Fügung und eine weitsichtige Entscheidung, daß Hartmut Lode 1990 dem Ruf folgte, in der Lungenklinik Heckeshorn die Leitung einer neugeschaffenen Abteilung für Infektiologie und Immunologie zu übernehmen. Hier verwirklichte er seine Vorstellung einer klinischen Tätigkeit, die ihre Basis in einer kontinuierlichen wissenschaftlichen Arbeit hat und die, sich befruchtend aus dem Dialog zwischen Klinik und Forschung, das Beste für den Patienten zu erreichen sucht. Und dies soll betont sein, trotz seiner vielfältigen Verpflichtungen war und ist Hartmut Lode ein engagierter Kliniker, der mit großem persönlichem Einsatz ärztlich tätig ist.
Pneumologie und Infektiologie waren, obwohl epidemiologisch und wissenschaftlich weltweit von eminenter Bedeutung, in Deutschland zwei Fächer, denen die akademische Medizin jahrzehntelang die Anerkennung verweigert hat. Daß sich dies langsam, aber stetig ändert, ist den Männern und Frauen der Generation Hartmut Lodes zu danken, die auch die Unbillen der momentanen Verhältnisse nicht dazu gebracht haben, ihren als richtig eingeschätzten Kurs zu ändern, und die mit allen Kräften daran gearbeitet haben, beiden Fächern auch im akademischen Verbund eine Zukunft zu geben.
Hartmut Lode, auch dies soll nicht verschwiegen sein, war und ist ein guter, aber kein einfacher Lehrer. Sein hoher Standard in Klinik und Wissenschaft läßt ihn viel fordern, aber er ist auch in hohem Maße fähig zu motivieren, zu unterstützen, die eigene Verantwortlichkeit zu fördern und die Leistungen seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzuerkennen. Hiervon zeugen nicht nur eine kaum noch zu überschauende Zahl von Doktoranden, sondern auch die - vorerst drei - Schüler, die sich unter Hartmut Lodes Führung und Leitung habilitieren konnten. In der Klinik ist Teamgeist für ihn kein leeres Wort und Kooperation auch in der argumentativen Konfrontation eine Selbstverständlichkeit.
350 wissenschaftliche Publikationen und mehr als 550 wissenschaftliche Vorträge legen ebenso von einem reichen und erfolgreichen wissenschaftlichen Leben Zeugnis ab, wie die Tatsache, daß Hartmut Lode seit Jahrzehnten ein vielbeschäftigter Herausgeber und Reviewer international erstrangiger Zeitschriften, ein geschätzter und gesuchter Ratgeber der infektiologisch forschenden Industrie und vielfältiger Funktionsträger nationaler und internationaler Fachgesellschaften war und ist. Aber auch die zahlreichen Präsidentschaften und Vizepräsidentschaften großer nationaler und internationaler Kongresse drücken die Wertschätzung aus, der sich Hartmut Lode weltweit erfreuen durfte und darf.
So sei es denn gestattet dem Jubilar mit dem - aus seinem eigenen Munde - höchsten Ausdruck des Lobes zu gratulieren, einer Redewendung aus dem Sprachschatz trockner norddeutscher Marine-Segler: „Spreche Anerkennung aus!”
Das tun wir, die Schülerinnen und Schüler Hartmut Lodes, und die Infektiologie in Deutschland aus ganzem Herzen.
T. Schaberg, Rotenburg