Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2000; 35(6): 381-387
DOI: 10.1055/s-2000-3743
ORIGINALIA
ORIGINALARBEIT
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Erfahrungen mit der G27 Whitacre Spinalnadel im stationären und ambulanten Bereich

- Inzidenz von postpunktionellen Kopfschmerzen und anderen NebenwirkungenU. Jost, M. Hirschauer, E. Dörsing, C. Jahr
  • Zentrum für Anästhesiologie, Caritas-Krankenhaus, Bad Mergentheim
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Zusammenfassung.

Ziel der Untersuchung war in einer anästhesiologischen Einheit, die sehr viele Spinalanästhesien durchführt, die Rate an postoperativen Beschwerden, speziell Kopfschmerzen, zu erfassen. Dazu wurden stationäre Patienten unter 40 Jahren nach Frühmobilisation und Patientinnen nach Sectio caesarea postoperativ erfaßt. Nach guten Erfahrungen im stationären Bereich haben wir die Spinalanästhesie auch bei ambulanten Patienten eingesetzt und eventuelle postoperative Beschwerden analysiert. Methodik: Es wurde in Seitenlage eine Spinalanästhesie mit G27 Whitacre Nadeln angelegt. Als Lokalanästhetikum wurde Bupivacain hyperbar verwendet. Außer Elektrolytlösungen wurde zur Kreislaufstabilisierung bei Sectio-Patientinnen Ephedrin, ansonsten Etilefrin verwendet. Nach Abklingen des Blocks durften die Patienten aufstehen. In den ersten 48 Stunden postoperativ wurden sie mit einer standardisierten Checkliste auf Beschwerden untersucht. Besonderes Gewicht wurde auf eine eventuelle Kopfschmerzcharakteristik gelegt. Bei ambulanten Patienten unter 60 Jahren wurde eine G27 Whitacre Nadel, bei Patienten über 60 Jahren eine G26 Quincke Nadel verwendet. Die jüngeren Patienten erhielten nach entsprechender Aufklärung einen adressierten, frankierten Freiumschlag und einen Fragebogen ausgehändigt. In diesem wurde nach postoperativen Beschwerden und ganz besonders nach Problemen bei der Miktion, Rückenschmerzen oder Kopfschmerzen und deren Charakteristik gefragt. Mit den älteren Patienten wurde ein postoperatives Telefoninterview vereinbart. Nach komplettem Abklingen der Anästhesie wurden die Patienten im Aufwachraum visitiert und nur bei Beschwerdefreiheit in Begleitung nach Hause entlassen. Ergebnisse: Es konnten 600 stationäre Patienten nachuntersucht werden (206 Patienten zur Sectio caesarea, Durchschnittsalter 30,7 Jahre). 547 Patienten wurden noch am Operationstag mobilisiert. Von den stationären, nichtgeburtshilflichen Patienten gaben 11, entsprechend 1,83 %, postpunktionell Kopfschmerzen an. Zwei benötigten für einen Tag Nichtopioid-Analgetika. Eine 17-jährige Patientin erhielt einen epiduralen Blutpatch. Von den Sectio-Patientinnen klagte keine über Kopfschmerzen. 36 Patienten klagten über Miktionsprobleme, die bei 15 von diesen eine Katheterisierung erforderte. Alle Sectio caesarea-Patientinnen waren im Rahmen der Operation mit einem Blasenkatheter versorgt worden. Von den ambulanten Patienten konnten in der Gruppe unter 60 Jahren 225 Patienten nachuntersucht werden. 103 Patienten jenseits des 60. Lebensjahres wurden telefonisch nachbefragt. 150 Patienten der ersten Untergruppe sandten den Fragebogen zurück, 75 Patienten taten dies erst nach telefonischer Erinnerung. Unter den jüngeren Patienten gaben 15 Kopfschmerzen an, die nur bei 3 Patienten therapiebedürftig waren. Bei den Patienten über 60 Jahren klagte nur eine Patientin über uncharakteristische, spontan abklingende Kopfschmerzen. Miktionsprobleme traten bei 3 Patienten auf. Über heftige Übelkeit und Erbrechen auf der Heimfahrt klagten 2 Patientinnen. Eine Patientin (75 Jahre) mußte wegen anhaltender Kreislaufprobleme (Freitag nachmittag) stationär aufgenommen werden. Schlußfolgerung: Die Spinalanästhesie mit der sogenannten atraumatischen Spinalnadel nach Whitacre mit einem Durchmesser G27 ermöglicht es Spinalanästhesien auch bei jungen Patienten und bei Schwangeren ohne nennenswertes Risiko postpunktioneller Kopfschmerzen einzusetzen. In Übereinstimmung mit der neueren Literatur fanden wir bei Frühmobilisation kein erhöhtes Kopfschmerzrisiko. Bei nur einer Patientin (entsprechend 0,17 %) ergab sich die Notwendigkeit invasiver Maßnahmen. Unsere Daten zeigen, daß bei entsprechendem Vorgehen und Verwendung adäquater Nadelgröße und Konfiguration auch ambulante Patienten von den Vorteilen einer Spinalanästhesie profitieren können. Insbesondere ergibt sich unter den Bedingungen der Frühmobilisation auch keine vermehrte Kopfschmerzproblematik.

Experience with G27 Whitacre Needle in In-Patient and Out-Patient Settings - Incidence of Post Dural Puncture Headaches anf other Side-effects.

Objektive: The aim of the study was to evaluate the incidence of side-effects in patients bearing a high risk of post dural puncture headache (PDPH) when a spinal anaesthesia was performed. This included outpatients, patients for sectio caesarea and patients younger than 40 years who were mobilized as soon as the surgeon agreed. Methods: Quality control without randomization. Spinal anaesthesia for sectio caesarea was applied with a G 27 Whitacre needle with the patient in the right lateral decubitus position. Hyperbaric Bupivacain 2 - 2.2 ml (10 - 12 mg) was injected when spontanous flow of spinal fluid occurred through the needle. The preparations for the surgery then started immediately with the patient in a left lateral position. Intravenous Ephedrin (10 - 20 mg) was given simultanously. All the other spinal anaesthesias were performed in a similar manner with the patient lying on the side of the scheduled surgery. For outpatients Articain was used instead of Bupivacain. In those outpatients older than 60 years a 26 G Quincke needle was used for spinal anaesthesia. Interviews: All in-hospital patients were visited once or more during the first 48 hours and asked about side-effects e.g. PDPH. Outpatients older than 60 years were interviewed by a telefon call on the third day after surgery. The younger ones were asked to send back a questionnaire free of charge. Results: None of the 206 patients (mean age 30,7 years) who underwent caesarian sectio suffered from headache. Lower back pain was seldom [8] and moderate. They all had the bladder drained as a routine measure of the obstetrician. 547 of 600 in hospital patients were mobilized as soon as the block disappeared. 11 complained of headache. (1.8 %) 2 females needed oral non-opioid analgesics, one 17-year-old woman an epidural blood patch (0.17 %). 150 of the outpatients younger than 60 years sent back the questionnaire spontaniously. 75 had to be reminded by a telephone call. 10 of these 225 had PDPH but only 2 females needed oral non-opioids for one day. One 34-year-old woman needed conservative treatment with oral fluid intake more than 3 liters a day, analgesics and bed rest. None of the outpatients older than 60 years complained of headache. Two suffered from vomiting on the way home. Three males had disturbed bladder function, but did not need catheterism. Conclusions: The use of a thin pencil point needle (Whitacre G 27) enables the application of a spinal anaesthesia to young people with a low risk of moderate PDPH. Pregnancy is not a contraindication. Early mobilisation does not increase the risk of PDPH even in young patients nor is this the case in outpatients. In outpatients older than 60 years a G 26 Quinke needle, which is easier to handle and cheaper, is suitable for spinal anaesthesia without a risk of PDPH. Better post-operative vigilance may be a further benefit of the method. Young people especially appreciated the option to pursue their own video-endoscopic surgery. In a comparable group where an epidural was performed we found more side-effects.

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Dr. med. U. Jost

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