Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2000; 35(9): 592-593
DOI: 10.1055/s-2000-7094-2
MINI-SYMPOSIUM
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Editorial

P.  H.  Tonner1 , B.  W.  Urban2
  • 1Klinik für Anästhesiologie, Universitäts-Krankenhaus, Eppendorf, Hamburg
  • 2Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
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Publication History

Publication Date:
28 April 2004 (online)

Grundlagenforschung in der Anästhesie wird in Deutschland seit Jahren national und international erfolgreich betrieben, wie sich anhand der Beiträge zu diesem Themenbereich in deutschsprachigen und in internationalen Fachzeitschriften sowie auch anhand der Präsentationen auf nationalen und internationalen Kongressen belegen lässt. Ein wesentliches Problem, das sich in den letzten Jahren zunehmend kristallisiert hat, stellt aber die Vereinzelung und das Fehlen einer „Kritischen Masse” der in diesem Arbeitsbereich tätigen Gruppen untereinander dar. Insbesondere gab es zu wenig Expertise an den eigenen Institutionen, die fachkritisch die eigenen Forschungsansätze bewerten und hinterfragen konnte. Weiterhin führte mangelnder Kontakt der verschiedenen Arbeitsgruppen zum Beispiel dazu, dass „das Rad noch einmal neu erfunden werden muss” oder aber dazu, dass wesentliche Fragestellungen aufgrund mangelnden Equipments im Labor oder aufgrund mangelnder Fachkenntnis der Untersucher nicht konsequent weiterverfolgt werden konnten.

Als Ausweg aus diesem Dilemma regten Kochs und Urban im Jahr 1995 die Etablierung eines regelmäßigen informellen wissenschaftlichen Arbeitstreffens an, des sogenannten „Unincorporated Channel Meeting” (UCM). Dieser zunächst ungewöhnlich anmutende Name sollte mehrere Intentionen signalisieren: Zum einen ging es darum, Arbeitsgruppen miteinander in Kontakt zu bringen, die molekulare Strukturen, wie z. B. verschiedene lonenkanäle mit der Patch-Clamp-Technik und ähnlichen Techniken funktionell untersuchen. Dabei wurde bewusst auf die Einbeziehung des Begriffs Anästhesie verzichtet, um auch Gruppen, die in anderen Arbeitsfeldern mit den gleichen Methodiken arbeiten, nicht abzuschrecken. Zum zweiten sollte der englische Name darauf hinweisen, dass dieses Meeting in Anlehnung an ähnliche Internationale Meetings „informeller Natur” sein sollte, um eine möglichst offene, ungezwungene Diskussion gerade unter Einbeziehung jüngerer Forscher zu ermöglichen. Des weiteren sollte signalisiert werden, dass dieses Treffen sich zwar primär an deutschsprachige Arbeitsgruppen richtete, allerdings im internationalen Kontext zu sehen sei. In diesem Zusammenhang ist angedacht, dieses Treffen bei Bedarf und entsprechender Resonanz auf den europäischen Raum auszudehnen.

Die Ziele des Meetings waren zunächst im wesentlichen auf Methodik, Versuchsdesign und die damit verbundenen Probleme sowie auf kritische Auseinandersetzung mit Daten und deren Interpretation ausgerichtet So sollten auf den eintägigen Meetings nicht wie auf anderen Kongressen fertige Arbeiten präsentiert werden, sondern Versuche, die sich in der Planung oder Durchführung befanden. Auf diese Weise sollte zum Beispiel eine Qualitätsverbesserung der präsentierten Projekte erreicht werden, indem Problembereiche frühzeitig erkannt werden und Änderungen womöglich noch in das laufende Projekt miteinbezogen werden können. Ein weiteres Ziel war es, die Chancen auf Forschungsmitteleinwerbung durch besser konzipierte und formulierte Drittmittelanträge zu vergrößern. Des weiteren sollte jungen Forschern die Möglichkeit gegeben werden, sich in der öffentlichen Darstellung ihrer Forschungsergebnisse vor einem fachkundigen und konstruktiv-kritischem Publikum zu üben. Diese im wesentlichen methodische Ausrichtung ist bis heute erhalten geblieben. Dennoch hat sich das Spektrum des halbjährig in verschiedenen Städten abgehaltenen Meetings seit seiner Initiierung geändert. Stand die Patch-Clamp-Methodik anfangs ganz im Vordergrund der Präsentationen, wurden im Laufe der Zeit auch andere Methodiken und Thematiken einbezogen, so dass eine breitere Basis entstand. Diese Öffnung befruchtete die Diskussion.

Derzeit sind etwa 10 Gruppen aus Deutschland und Österreich mehr oder weniger regelmäßig mit ca. 20 - 30 Teilnehmern an den halbjährlich stattfindenden Meetings beteiligt. Das hier vorgestellte Minisymposium ist ein Abriss der Präsentationen des UCM vom 27. März 1999, das in Hamburg abgehalten wurde. Um es noch einmal zu betonen: Im Sinne des UCM stellen die hier präsentierten Beiträge keine „fertigen” Arbeiten dar, sondern sind als Vorstellung des Methodenspektrums mit einigen mehr oder weniger vorläufigen Ergebnissen gedacht. Die Beiträge zeigen eine große Vielfalt der in den Gruppen vorhandenen Methodiken auf, von der Patch-Clamp-Technik über die Rezeptorautoradiographie bis hin zu Untersuchungen der Wirkung von Anästhetika am lebenden Tier. Mit der Publikation dieser Beiträge als Minisymposium soll erreicht werden, dass die Grundlagenforschung in der Anästhesie nicht im „akademischen Elfenbeinturm” abgeschottet ist, sondern sich auch dem rein klinisch tätigen Anästhesisten erschließt.

Neben dem direkten Kontakt der beim UCM beteiligten Arbeitsgruppen während der Meetings besteht auch die Möglichkeit über das Internet miteinander in Verbindung zu treten. Auf dem Server der Universität Bonn ist eine Webseite des UCM unter der Adresse: http://mac2001.uni-bonn.de/ucm eingerichtet worden. Hier findet man unter anderem aktuelle Nachrichten, ein Mitgliederverzeichnis sowie Ort und Zeitpunkt des nächsten UCM. Darüber hinaus gibt es eine Diskussionsgruppe, bei der man sich mit einer E-mail an die Adresse: majordomo@imsdd.meb.uni-bonn.de mit dem Text: subscribe ucm anmelden kann.

Wir hoffen mit dem Minisymposium einen möglichst großen Leserkreis zu erreichen und mit diesen Beiträgen bei allen, die Interesse an der Grundlagenforschung in der Anästhesie haben, die Hemmschwelle für eine Beteiligung zu senken.

Priv.-Doz. Dr. Peter H. Tonner

Klinik für Anästhesiologie, Universitäts-Krankenhaus Eppendorf

Martinistraße 52, 20246 Hamburg

Email: tonner@uke.uni-hamburg.de