Pneumologie 2000; 54(10): 458-463
DOI: 10.1055/s-2000-7691
ORIGINALARBEIT
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zielorientierte Messung von kurz-, mittel- und langfristigen Effekten in der pneumologischen Rehabilitation[1]

J. Fischer, F. Raschke
  • Klinik Norderney der LVA Westfalen, Klinik der Universität Witten/Herdecke (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. med. J. Fischer)
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Dezember 2000 (online)

Zusammenfassung:

Trotz zunehmender Berücksichtigung der Qualität von Rehabilitationsmaßnahmen hat die Quantität der Rehamaßnahmen bei pneumologischen Krankheitsbildern um 40 % abgenommen. Ein wesentliches Qualitätsmerkmal ist die Festlegung von fallspezifischen Therapiezielen für die Rehabilitation. Ziel dieser Untersuchung ist es, die kurz-, mittel- und langfristigen Effekte der pneumologischen Rehabilitation auf spezielle Rehabilitationsziele zu ermitteln. Hierzu wurden bei 566 Patienten (381 Männer, 185 Frauen, 47,0 ± 9,8 Jahre, Bodymass-Index 27,5 ± 5,0 kg/m2) einer pneumologischen Rehabilitationsklinik mittels eines Fragebogens die Rehabilitationsziele ermittelt. Der Fragebogen wurde am Ende der Rehamaßnahme (T1), nach 6 Monaten (T2) und nach 12 Monaten (T3) erneut vorgelegt. Aus dem Quotienten der jeweiligen Differenz zum Ausgangswert (T0) und der Standardabweichung der Differenz wurde die Effektstärke zu den Zeitpunkten T1 - T3 ermittelt. Effektstärken unter 0,4 wurden als geringe Effekte, zwischen 0,4 und 0,8 als mittlere und über 0,8 als starke Effekte gewertet. In die Auswertung der einzelnen Variablen wurden jeweils Patienten einbezogen, deren Symptomatik zu Beginn der Rehamaßnahme mit „oft” oder „sehr oft” vorkommend angegeben wurden.

Am Ende der Rehabilitationsmaßnahme waren die Effekte am stärksten ausgeprägt. Bei 22/24 Symptomen konnten starke Effekte nachgewiesen werden. Die Besserung war am ausgeprägtesten für die nächtlichen Beschwerden festzustellen. Nach 12 Monaten waren bei 9/24 starke und bei weiteren 12/24 Variablen mittlere Effekte nachweisbar. Hier waren es vor allem die nächtliche Symptomatik wie Herzrasen, Atemnot, Husten, Schwitzen und Kopfschmerzen, aber auch Müdigkeit am Tage, spontane Einschlafneigung am Tage und die eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit bei denen Effektstärken von > 0,8 auftraten. Die Definition von Therapiezielen stellt ein wesentliches Qualitätsmerkmal dar. Bei fallspezifischer Betrachtung von Symptomen und Beschwerden können in der Rehabilitation ausgeprägte Kurzzeiteffekte, aber auch über 1 Jahr noch anhaltende starke Effekte nachgewiesen werden. Bei 46 Patienten mit mehr als 6 Wochen Arbeitsunfähigkeit im Jahr vor der Rehamaßnahme konnte im Mittel eine Reduktion der Arbeitsunfähigkeit im Jahr nach der Rehamaßnahme um 81 Tage erreicht werden.

On-Target Measurements of Short, Medium and Long-Term Effects in Pneumological Rehabilitation:

Assessment of goal-oriented short-, mean-, and long-term effects in pneumological rehabilitation: Despite of increasing quality in rehabilitation, the amount of treatment in pneumological rehabilitation has decreased by 40 % in the last few years. A typical mark of quality is determination of individual objectives to reach a goal of therapy. Methods: in 566 patients (381 male, 185 female, mean age 47.0 year, body mass index 27.5 kg/m2) goals have been assessed by a questionnaire given at the beginning, the end, 6, and 12 months after rehabilitation. The effect size (ES) of single symptoms, defined as difference between initial and following score values, divided by their standard deviation was used as mild (ES < 0.4), mean (ES < 0.8), or strong (ES > = 0.8) effect. Only those patients were considered, who initially rated for “often” and “very often” in a single symptom. Results: At the end of rehabilitation the effect size was strong in 22 of 24 symptoms, mainly nocturnal symptoms. After 12 months 9 symptoms still revealed strong, and 12 mean effect sizes. These mainly again concerned nocturnal symptoms as palpation of the heart, breathlessness, cough, sweating, and headache, but even diurnal tiredness, spontaneously falling asleep, and lack of concentration revealed ES > 0.8. Additionally in 46 patients, who were incapable for work in more than 6 weeks the year before rehabilitation, a reduction of 81 days off job was measured in the year after rehabilitation. Discussion: The definition of aims of therapy is a mark of quality, and ES proves as a sensitive instrument of assessment, giving remarkable effects even one year after medical rehabilitaion.

1 Herrn Prof. Dr. med. Heinrich Matthys zum 65. Geburtstag gewidmet

Literatur

  • 1 VDR Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (Hrsg) Kommission zur Weiterentwicklung der Rehabilitation in der gesetzlichen Rentenversicherung .Abschlussberichte Band VI Arbeitsbereich „Wissenschaft und Forschung”. Frankfurt am Main: VDR 1991
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  • 3 Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (Hrsg) .Das Qualitätssicherungsprogramm der gesetzlichen Rentenversicherung in der medizinischen Rehabilitation, Instrumente und Verfahren. In: DRV Schriften 18 Frankfurt am Main: VDR 2000: 331-373
  • 4 Gerdes N, Weidemann H, Jäckel W H. (Hrsg) .Die Protos-Studie: Ergebnisqualität stationärer Rehabilitation in 15 Kliniken der Wittgensteiner Klinik-Allianz (WKA). Darmstadt: Steinkopff 2000
  • 5 Fischer J. Einfluss eines mehrwöchigen Aufenthaltes im Nordseeklima auf Schlaf, Herz-Kreislauf und Atmung bei Patienten mit Erkrankungen der Atmungsorgane und der Haut. In: Wilhelm H, Meyer M (Hrsg). Schriftenreihe 12 Hannover: Norddeutsches Institut für Fremdenverkehrs- und Heilbäderforschung 1993: 7-65
  • 6 Gerdes N, Jäckel W H, Zwingmann E, Weidemann H. Methodik. In: Gerdes N, Weidemann H, Jäckel WH (Hrsg). Die Protos-Studie: Ergebnisqualität stationärer Rehabilitation in 15 Kliniken der Wittgensteiner Klinik-Allianz (WKA) Darmstadt: Steinkopff 2000: 11-29
  • 7 Kiresuk T J, Sherman R. Goal Attainment Scaling: General method for evaluating comprehensive community mental health programs.  Community Mental Health Journal. 1968;  4 443-453
  • 8 Gerdes N. Rehabilitationseffekte bei zielorientierter Ergebnismessung: Ergebnisse der IRES-ZOE-Studie 1996/97.  Deutsche Rentenversicherung. 1998;  3 - 4 217-238
  • 9 Zwingmann C. Zielorientierte Ergebnismessung: Klinische Relevanz und Regression zur Mitte.  DRV-Schriften. 1996;  6 405-406
  • 10 Maurischat C, Löschmann C, Herdt J, Jäckel W H, Bengel J. Forschungsmethodische Beratung, Zielorientierung und Wissenstransfer. In: Bengel J, Jäckel WH (Hrsg). Zielorientierung in der Rehabilitation - Rehabilitationswissenschaftlicher Forschungverbund Freiburg/Säckingen Regensburg: Roderer 2000: 23-36

1 Herrn Prof. Dr. med. Heinrich Matthys zum 65. Geburtstag gewidmet

Prof. Dr J Fischer

Chefarzt der Klinik Norderney der LVA Westfalen

Kaiserstr. 26 26548 Norderney