Fortschr Neurol Psychiatr 2001; 69(1): 42-50
DOI: 10.1055/s-2001-10467
ORIGINALARBEIT
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Wortgenerierung bei Bilingualen - eine fMRT-Studie mit Implikationen für Sprach- und Gedächtnisprozesse

P. Calabrese1 , H. Neufeld1 , A. Falk2 , H. J. Markowitsch3 , C. Müller2 , L. Heuser2 , W. Gehlen1 , H. F. Durwen4
  • 1Neurologische Universitätsklinik, KnappschaftskrankenhausBochum-Langendreer, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum (Direktor: Prof. Dr. W. Gehlen)
  • 2Institut für Radiologie und Nuklearmedizin, Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum (Direktor: Prof. Dr. L. Heuser)
  • 3Lehrstuhl für Physiologische Psychologie, Universität Bielefeld (Direktor: Prof. Dr. H. J. Markowitsch)
  • 4Klinik für Akut-Neuro-Geriatrie, St. Martinus-Krankenhaus,Düsseldorf (Ärztl. Leiter: PD. Dr. H. F. Durwen)
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Dezember 2001 (online)

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Zusammenfassung:

Die Diskussion zur Frage der zerebralen Repräsentation von Sprachfunktionen bei mehrsprachigen Personen blickt mittlerweile auf einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren zurück. Traditionsgemäß wird die Sprache in der Hirnforschung als eine der am stärksten lateralisierten Funktionen angesehen. Während die Repräsentation der zuerst erworbenen Sprache in der Regel links-hemisphärisch lateralisiert ist, sprechen einige Studien an Hirngeschädigten, aber auch klinisch-experimentelle Untersuchungen der rechten Hirnhälfte eine spezielle Bedeutung hinsichtlich der Realisierung der Zweitsprache zu. Mit der Entwicklung der modernen Verfahren zur funktionellen Bildgebung eröffnet sich nun die Perspektive, auch Normalpersonen hinsichtlich grundlegender Fragen zur zerebralen Repräsentation bei Bilingualität zu untersuchen. Vor diesem Hintergrund wurde eine Gruppe bilingualer Normalpersonen anhand eines Wortflüssigkeitsparadigmas mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) in ihrer Erst- und Zweitsprache evaluiert. Während sowohl in der Erst- als auch in der Zweitsprache eine konsistente Aktivierung des linken präfrontalen Kortex zur Darstellung kam, zeigte sich in der Zweitsprache in der Regel eine zusätzliche Aktivierung in der rechten Präfrontalregion. Die gewonnenen Ergebnisse werden vor dem Hintergrund gegenwärtiger Konzepte der Informationsverarbeitung, insbesondere der Wechselwirkung zwischen Sprach- und Gedächtnisprozessen interpretiert und diskutiert.

Word Generation in Bilinguals - fMRI Study with Implications for Language and Memory Processes:

For over a century the cerebral representation of language functions is a matter of debate. In Neuroscience language is regarded as one of the most lateralized cognitive functions. Thus, while the language which is acquired first in most cases is processed by the left hemisphere some studies in brain damaged but also experimental investigations propose a pivotal role of the right hemisphere in second language processing. By the advent of modern neuroimaging it is now possible to study language lateralization and bilinguality also in healthy subjects. We studied first and second language abilities in a group of bilingual, healthy individuals by means of functional magnetic resonance imaging (fMRI) with a word-fluency paradigm. While we found a predominantly left prefrontal activity during both first and also second language processing an additional right prefrontal activation was registered during the use of second language. Our findings are discussed on the basis of an interaction between language and memory processes.

Literatur

1 Um begriffliche Unstimmigkeiten zwischen verschiedenen Termini, wie Bi-, Multilingual oder Polyglott zu vermeiden, wird hier und im Folgenden entsprechend einer, sich seit langem in der Fachliteratur zum Thema Bilingualität etablierten Tradition unter diesem Begriff im Allgemeinen das weitgehend flüssige Beherrschen von mehr als einer Sprache verstanden (vgl. auch [11]). Von dieser Grundfähigkeit ausgegangen werden in der Regel unterschiedliche Formen der Bilingualität unterschieden, die im Einzelnen einzuführen sind (z. B. Früh- oder Spätbilingualismus in Abhängigkeit vom Alter des Zweit- oder Mehrspracherwerbs).

Dr. Dipl.-Psych Pasquale Calabrese

Neurologische UniversitätsklinikBereich Neuropsychologie und neurologische Ambulanz(Knappschaftskrankenhaus)

In der Schornau 23 - 2544892 Bochum

eMail: E-mail: pasquale.calabrese@ruhr-uni-bochum.de