Z Gastroenterol 2001; 39(1): 33-38
DOI: 10.1055/s-2001-10696
Leitlinien der DGVS
© Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Akuter Schub

W. E Fleig
  • Halle/Saale
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Publication History

Publication Date:
31 December 2001 (online)

Definitionen

Akuter Schub

Konsens

Der akute Schub einer Colitis ulcerosa ist durch die typische Konstellation von schleimig-blutiger Diarrhö und gegebenenfalls Tenesmen definiert. Bei Proktitis ulcerosa kann die Symptomatik auf peranale Blutabgänge möglicherweise sogar bei Obstipation beschränkt sein (C).

Eine endoskopische Untersuchung des Kolons mit histologischer Beurteilung von Schleimhautbiopsien muss den klinischen Verdacht in der Situation der Primärdiagnostik bestätigen (C).

Laborparameter (Hämoglobin, Leukozyten, allgemeine Entzündungsparameter, wie z. B. Thrombozyten, BSG, CRP), die perkutane Sonographie können hilfreich sein (C).

Die Häufigkeit einer infektiösen Ursache der Schubsymptomatik bei Colitis ulcerosa ist nicht bekannt. Eine infektiöse Darmerkrankung muss bedacht werden (C).

Außer bei Verdacht auf Komplikationen sind konventionelle Röntgenuntersuchungen, CT und MRT zur Diagnostik eines akuten Schubes einer Colitis ulcerosa nicht indiziert (C).

Erläuterung

Verbindliche Definitionen des akuten Schubes einer Colitis ulcerosa liegen bislang nicht vor. Die Konsensuskonferenz hielt jedoch die Formulierung einer solchen Definition als Übereinkunft zur Klärung der diagnostischen Notwendigkeiten und zur Schaffung besser vergleichbarer Ausgangssituationen für zukünftige klinische Studien für sinnvoll.

Die Teilnehmer der Konsensuskonferenz waren übereinstimmend der Auffassung, dass der akute Schub einer Colitis ulcerosa primär durch das Vorliegen klinischer Symptome charakterisiert wird. Während endoskopische und histologische Daten für die Erstdiagnose und die Ausdehnungsbeurteilung einer Colitis ulcerosa für essenziell gehalten wurden, erschien die Empfehlung zu routinemäßigen endoskopischen Wiederholungsuntersuchungen bei einem nach klinischen Kriterien vorliegenden akuten Schub einer bekannten Colitis ulcerosa nicht sinnvoll. Aktivitätsindizes zur Festlegung des Schweregrades des Schubes sind bislang anders als beim M. Crohn nicht gut validiert [1] [2]; sie werden außerhalb von klinischen Studien nicht eingesetzt. Während die Bestimmung von Laborwerten bestenfalls Auskunft über das Ausmaß des Blutverlustes oder der systemischen Entzündung gibt [3], scheint der transkutane Ultraschall eine gute Eingrenzung befallener Darmabschnitte zu ermöglichen, auch wenn eine Differenzialdiagnose zwischen Colititis ulcerosa und anderen entzündlichen Kolonerkrankungen nicht möglich ist [4] [5]. Auch wenn entsprechende Vergleichsstudien nicht vorliegen, so wurde es doch für notwendig erachtet, auf die außer bei Verdacht auf Komplikationen (z. B. Abdomenübersicht bei V. a. toxisches Megakolon; siehe „Fulminanter Schub”) fehlende Indikation zur Durchführung konventioneller Röntgenuntersuchungen, CT’s und MRT’s hinzuweisen (siehe auch Kapitel „Klinische Diagnostik”).

Konsens

Die Definition eines akuten Schubes hängt ab von Zeitdauer und Intensität der Beschwerden. Bei geringen Beschwerden kann es notwendig sein, länger als 7 Tage zu warten, um banale Befindensänderungen von einem Krankheitsschub abzugrenzen.

Erläuterung

Anhand der ausgewerteten Fragebogen existierte zur Frage der für die Feststellung eines akuten Schubes notwendigen Dauer der Symptomatik kein Konsens. Die knappe Mehrheit der Kliniker hatte sich für eine Dauer der Veränderungen über mindestens 7 Tage ausgesprochen, um einen akuten Schub zu definieren. Eine international verbindliche Definition zu diesem Punkt fehlt. In Studien an Patienten im aktiven Erkrankungsschub sollte die jeweils verwendete Definition klar beschrieben werden.

Remission

Konsens

Die Remission einer Colitis ulcerosa wird anhand der klinischen Parameter (Verschwinden der initialen Krankheitssymptome) definiert (C).

Hinweise zur Remissionsbeurteilung liefern Laborwerte (Hb, Leuko, BKS, CRP) (C).

Eine Endoskopie (ggf. mit Biopsie/Histologie) ist bei klinischer Besserung zur Remissionsbeurteilung nicht erforderlich (C).

Erläuterung

Aufgrund fehlender Kenntnisse zur Ätiologie muss die Definition einer Remission der Erkrankung auf der Basis der für die Definition des akuten Schubes verwendeten klinischen Symptome erfolgen [6].

Therapieversagen

Konsens

Eine allgemeine Begrenzung der Behandlungsdauer, ab der unter Standardtherapie bei fehlendem Remissionseintritt oder gar bei Verschlechterung ein Therapieversagen festgestellt werden muss, ist nicht möglich. Abhängig vom Schweregrad des Schubes, sollte die Therapie jedoch spätestens nach 8 Wochen zu einer Remission führen. Verschlechtert sich unter der Schubtherapie die klinische Situation, wird abhängig von der Ausgangssituation und vom Ausmaß der Verschlechterung nach 3 bis 14 Tagen ein Versagen der Therapie festgestellt (C).

Erläuterung

Die Ergebnisse der Fragebogen waren zu diesem Punkt so heterogen, dass eine zeitlich exaktere Konsensusempfehlung nicht ausgesprochen werden konnte. Angesichts der Variabilität des Schweregrades eines akuten Schubes und des Verlaufes unter der Therapie wäre dies auch nicht sinnvoll. Die Wirksamkeit einer Behandlung muss in einem zeitlichen Rahmen beurteilt werden, der bei einer Verschlechterung umso enger zu stecken ist, je ausgeprägter sich die klinische Symptomatik entwickelt [7] [8].

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