Handchir Mikrochir Plast Chir 2001; 33(5): 294-298
DOI: 10.1055/s-2001-17769
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zur Architektur des palmaren Faserkomplexes zwischen Palmaraponeurose und Retinaculum flexorum[1]

The Architecture of the Fibrous Complex between the Palmar Aponeurosis and the Flexor RetinaculumAnette Henkel-Kopleck, H.-M. Schmidt
  • Anatomisches Institut der Universität Bonn (Geschäftsführender Direktor: Prof. Dr. U. Wulfhekel)
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Publication Date:
12 October 2001 (online)

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Zusammenfassung

An der palmaren distalen Fläche des Retinaculum flexorum befindet sich ein etwa zwei Zentimeter langer, in proximo-distaler Richtung ausgespannter Faserkomplex. Er liegt immer ulno-dorsal der Einstrahlung der Sehne des M. palmaris longus in die Palmaraponeurose. Das von Legueu und Juvara (1892[10]) erstmalig erwähnte Fasersystem im „creux palmaire“ (im Bereich der proximalen Hohlhand) wurde bisher noch nicht näher untersucht.

Wir haben an 34 rechten und linken feuchtpräparierten Händen Erwachsener beiderlei Geschlechts im Alter zwischen 64 und 99 Jahren die Architektur des über der Handwurzel gelegenen Faserkomplexes lupenpräparatorisch freigelegt und vermessen. Darüber hinaus standen uns Schnittserien von sechs plastinierten Händen und 12 fetale Feuchtpräparate zur Verfügung.

Zum einen bestimmten wir die Größenmerkmale des Fasersystems. Zum anderen untersuchten wir die Lagebeziehungen zum R. palmaris n. mediani. Dieser gibt regelhaft einen oder mehrere nach ulnar verlaufende Äste unmittelbar in das Fasergeflecht ab. Die ulnaren Nervenäste sind bei einer operativen Spaltung des Retinaculum flexorum genauso gefährdet wie die scherengitterartig sich durchflechtenden Fasern des bindegewebigen Komplexes zwischen Palmaraponeurose und Retinaculum flexorum.

Der Faserkomplex hat eine mittlere Länge von 18,6 mm, eine Breite von 3,1 mm und eine Höhe von 4,3 mm.

Die klinische Bedeutung des Fasersystems ergibt sich aus der Topografie zum Karpaltunnel und dessen möglichen Einengungen. Bei der Dekompression des N. medianus durch Spaltung des Retinaculum flexorum werden immer Teile des bindegewebigen Komplexes durchtrennt und dessen Gefügebau zerstört. Außerdem können ulnare Äste des R. palmaris n. mediani traumatisiert werden.

Summary

During cadaver dissections of 34 adult human hands (fixed in formaldehyd solution), we examined a fibrous complex at the distal end of the flexor retinaculum. This fibrous complex was first mentioned by Legueu and Juvara (1892[10]). It is located always ulno-dorsally to the attachment of the palmaris longus tendon into the palmar aponeurosis. Measurements of this special connective tissue show a mean length of 18.6 mm, a mean height of 4.3 mm and a mean width of 3.1 mm.

Also, we looked for the fibrous complex in six adult plastinated transverse sections and in 12 fetal hands where it occurred in a constant way.

We also found a very close topographic relationship between these oblique criss-crossed fibers and the palmar cutaneous branch of the median nerve. This nerve regularly gives some ulnar branches to the fibrous complex.

The clinical relevance of the fibrous complex is discussed in relationship to a carpal tunnel syndrome. The described transverse fibers of the connective tissue complex are in danger as well as the ulnar branches of the palmar cutaneous nerve when releasing the flexor retinaculum during operation.

1 Nach einem Vortrag auf dem 41. Symposium der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Handchirurgie vom 2. bis 4. November 2000 in München (prämiiert als „Beste klinische Forschungsarbeit“).

Literatur

1 Nach einem Vortrag auf dem 41. Symposium der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Handchirurgie vom 2. bis 4. November 2000 in München (prämiiert als „Beste klinische Forschungsarbeit“).

Dr. med. Prof. Dr. med. Anette Henkel-Kopleck

Anatomisches Institut der Universität Bonn

Nussallee 10

53115 Bonn

Email: ahenkelkopleck@aol.com

Prof. Dr. med. Hans-Martin Schmidt

Anatomisches Institut der Universität Bonn

Nussallee 10

53115 Bonn