Dtsch Med Wochenschr 2001; 126(43): 1221-1222
DOI: 10.1055/s-2001-18006-2
Leserbriefe
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Erwiderung

Further Information

Publication History

Publication Date:
28 April 2004 (online)

Wir möchten Hoke für sein Interesse und seine Anmerkungen bezüglich unseres Artikels [4] im Rahmen der Rubrik Fragen aus der Praxis der Deutschen Medizinischen Wochenschrift danken.

Hoke beschreibt in seinem Leserbrief die Vor- und Nachteile von Morphin und Fentanyl im Notarztdienst bei Patienten mit dem Verdacht auf einen Herzinfarkt bzw. Patienten mit einer bekannten koronaren Herzkrankheit (KHK), die über akute thorakale Schmerzen klagen. Er kommt zu dem Schluss, dass Morphin das in den wesentlichen Belangen bessere Medikament für diesen Einsatzzweck ist.

Wenngleich der von uns verfasste Beitrag [4] nicht vergleichende Untersuchungen von Fentanyl und Morphin beim kardialen Risikopatienten bzw. beim akuten Myokardinfarkt beleuchtet, so möchten wir doch die im Schreiben von Hoke angeführten, v. a. kardialen Eigenschaften und Nebenwirkungen der beiden Medikamente kurz kommentieren.

Die Debatte um den Einfluss von Analgetika, Sedativa und Narkotika auf die Herz-Kreislauffunktion ist so alt wie die verwendeten Medikamente selbst. In einer experimentellen Arbeit wurde bereits 1969 bei äquipotenten analgetischen Dosen von Fentanyl und Morphin über nur geringfügige Unterschiede hinsichtlich einer myokardialen Depression berichtet [3]. Im Gegensatz dazu beobachtete Strauer eine bis zu viermal stärkere myokardiale Beeinträchtigung durch Fentanyl im Vergleich zu Morphin [7].

In einer Reihe klinischer Untersuchungen ergaben sich für Morphin und Fentanyl in äquipotenter Dosierung im Rahmen der Intubationsnarkose kardialer Risikopatienten hinsichtlich kardialer Parameter keine relevanten Differenzen [1] [5] [9]. Sowohl bei Fentanyl als auch Morphin tritt ein leichter systemischer Blutdruckabfall auf. Fentanyl führte häufiger zu mäßiggradigen Bradykardien, wohingegen nach Morphingabe ein leichter Abfall des pulmonalarteriellen Blutdrucks beobachtet wurde [2]. Auch in neueren experimentellen Arbeiten wird von einer nur leichten Kontraktionsabnahme isolierter Myozyten und isoliert perfundierter Rattenherzen bei gleichem Wirkprofil von Morphin und Fentanyl berichtet [6] [8]. Anhand dieser Daten ist ein wie von Hoke für das Morphin postulierter»positiver kardiozirkulatorischer Effekt« wenig wahrscheinlich.

Zusammenfassend lassen sich die von Hoke beschriebenen Nachteile von Fentanyl im Vergleich mit Morphin bei kardiovaskulären Patienten nicht in vollem Umfang bestätigen. Sicherlich muss im Rahmen der notfallmedizinischen Erstversorgung die stärkere Atemdepression und die geringere sedativ-hypnotische Wirkung von Fentanyl berücksichtigt werden. Somit sollte vor allem angesichts der fehlenden Zulassung der Substanz für die Indikation »Thoraxschmerz« und »akuter Myokardinfarkt« auf einen Einsatz in der Notfallmedizin verzichtet werden [4].

Literatur

  • 1 Ellmauer S. et al . Perioperative Analgesie beim kardialen Risikopatienten: ein Vergleich der hämodynamischen Nebenwirkungen von acht Opioiden.  Anästhesist. 1994;  43 743
  • 2 Freye E. Opioide in der Medizin. Wirkung der Opioide auf das kardiovaskuläre System. Springer Verlag, Berlin 1999: 110
  • 3 Goldberg A H. et al . Comparative effects of morphine and fentanyl on isolated heart muscle.  Anesth Analg (Cleve). 1969;  48 978
  • 4 Graf J, Janssens U. Therapie des pektanginösen Schmerzes: Morphin oder Thalamonal?.  Dtsch Med Wochenschr. 2001;  126 572
  • 5 Hoeft A. et al . The influence of anaesthesia on myocardial oxygen utilization efficiency in patients undergoing coronary bypass surgery.  Anesth Analg. 1994;  78 857
  • 6 Kanaya N. et al . Differential effects of fentanyl and morphine on intracellular Ca2+ Transients and contraction in rat ventricular myocytes.  Anesthesiology. 1998;  89 1532
  • 7 Strauer B E. Contractile response to morphine, piritramide, and fentanyl: A comparatíve study of effects on the isolated ventricular myocardium.  Anesthesiology. 1972;  37 304
  • 8 Süzer Ö. et al . Direct cardiac effects in isolated perfused rat hearts measured at increasing concentrations of morphine, alfentanil, fentanyl, ketamine, etomidate, thiopentone, midazolam and propofol.  Eur J Anaesth. 1998;  15 480
  • 9 Yrjölä H. Comparison of haemodynamic effects of morphine and fentanyl in patients with coronary artery disease.  Acta Anaesthesiol Scand. 1983;  27 117

Dr. med. Jürgen Graf
PD Dr. med. Uwe Janssens

Medizinische Klinik I, Universitätsklinikum Aachen

Pauwelsstr. 30

52074 Aachen

Email: jgraf@post.klinikum.rwth-aachen.de

    >