Fortschr Neurol Psychiatr 2002; 70(1): 40-45
DOI: 10.1055/s-2002-19552
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Inanspruchnahme professioneller Hilfe, Einweisungswege und Dauer der unbehandelten Psychose bei erstmals stationär aufgenommenen Patienten

Pathways to Psychiatric Care and Duration of Untreated Psychosis in First-Episode Psychosis PatientsJ.  Fuchs, T.  Steinert
  • Zentrum für Psychiatrie Weissenau, Abteilung Psychiatrie I der Universität Ulm
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Publication Date:
15 January 2002 (online)

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Zusammenfassung

Wenn systematische Maßnahmen zur Verbesserung der Früherkennung und Frühbehandlung psychotischer Erkrankungen unternommen werden, ist es von besonderem Interesse, Kenntnisse über die Inanspruchnahme professioneller Hilfe und Verzögerungen auf dem Weg in die stationäre psychiatrische Behandlung zu erlangen. Es wurden 50 Patienten mittels dem Interview zur Retrospektiven Einschätzung des Erkrankungsbeginns bei Schizophrenie (IRAOS) zur Dauer der unbehandelten Psychose (DUP) und zur Inanspruchnahme professioneller Hilfe vor Aufnahme befragt. Abweichend von dem häufig berichteten Befund einer langen DUP kamen 50 % der Patienten bereits nach längstens 8 Wochen (Medianwert) unbehandelter positiver psychotischer Symptome in die stationäre psychiatrische Behandlung, wenngleich der Mittelwert der DUP in guter Übereinstimmung mit anderen Untersuchungen auch bei uns bei 62 Wochen lag. Bei der Darstellung der Verzögerung des Behandlungsbeginns erwies sich demnach das verwendete statistische Maß (Median oder Mittelwert) als sehr bedeutsam. Im Gegensatz zu Studien aus anderen Ländern, in denen eine Hauptanlaufstelle der Allgemeinarzt war, wählten nur 24 % der befragten Patienten diesen als erste Anlaufstelle. Zwischen Patienten mit einer kurzen DUP (< 1 Jahr) und einer langen DUP (> 1 Jahr) zeigte sich kein signifikanter Unterschied bezüglich der generellen Inanspruchnahme professioneller Hilfe. Allerdings zeigten sich bei Patienten mit langer DUP Verzögerungen hinsichtlich der Zeitdauer vom ersten positiven psychotischen Symptom bis zur ersten Inanspruchnahme professioneller Hilfe, nicht aber zwischen dem ersten Hilfekontakt und der stationären Behandlung.

Abstract

To reduce the time of untreated psychosis it is necessary to know the patients' pathways to psychiatric care. For this reason we interviewed 50 first-episode patients with the Interview for the Retrospective Assessment of the Onset of Schizophrenia (IRAOS) for information about duration of untreated psychosis (DUP) and about their help-seeking contacts before psychiatric admission. In contrast to other findings of long DUP, 50 % of our patients were admitted after 8 weeks (median) of untreated positive symptoms. The mean value of 62 weeks corresponds well with results of other studies. There were important differences in DUP depending on which kind of statistical parameter (median or mean) was used. Contrary to studies from other countries only 24 % of our patients had their first contact with a general practitioner. Between patients with short (< 1 year) and long (> 1 year) DUP no significant differences were found in contacts with helpers and in the duration from the first contact until psychiatric admission. However, patients with long DUP made their first contact with helpers significantly later after the beginning of positive symptoms than patients with short DUP.

Literatur

Dipl.-Psych. J. Fuchs

Zentrum für Psychiatrie Weissenau · Abt. Psychiatrie I der Universität Ulm

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