Zusammenfassung
Hintergrund: Passivrauchen (Environmental tobacco smoke = ETS) ist als krebserzeugend im Menschen
eingestuft. Tabakrauch ist einer der wichtigsten Innenraumluftschadstoffe. Der Anstieg
der Tabakrauchexposition im häuslichen Bereich, bedingt durch die Zunahme weiblicher
Raucher, führt zu einer vermehrten Belastung von Kindern. Ziel der vorliegenden Pilot-Studie
ist es, die Bedeutung des Passivrauchens für Erkrankungen der oberen Atemwege und
die Gentoxizität bei Kindern zu analysieren.
Patienten und Methoden: Die Daten von 216 Kindern im Alter von 2-15 Jahren wurden mit Hilfe eines umweltmedizinischen
Fragebogens erfasst und zusammen mit HNO-Befunden einschließlich Allergiediagnostik
ausgewertet. Als Marker für die tatsächliche, innere Belastung mit Tabakrauch wurden
Hämoglobinaddukte von 4-Aminobiphenyl (4-ABP), einem humankanzerogenen tabakrauchtypischen
Inhaltsstoff, gemessen; zur Bestimmung des gentoxischen Schadens wurde der Mikrokerntest
in Lymphozyten durchgeführt.
Befunde und Ergebnisse: 9,3 % der ETS-exponierten Kinder litten an einer rezidivierenden Rhinosinusitis gegenüber
3,4 % in der nicht exponierten Gruppe. Eine allergische Rhinitis wurde bei 21,7 %
der Kinder aus Raucherhaushalten diagnostiziert, im Vergleich zu 13,8 % in der Gruppe
der Kinder aus Nichtraucherhaushalten. Diese Unterschiede waren nicht signifikant.
Atopische Erkrankungen (Allergische Rhinitis, extrinsic Asthma oder Neurodermitis)
fanden sich in der passivrauchenden Gruppe signifikant häufiger (39,5 %, p = 0,01)
als in der nicht exponierten Gruppe (23 %). Zusätzlich war die genetische Prädisposition
in der ETS-Gruppe signifikant niedriger (20,8 %, p = 0,048) im Vergleich zu den nicht
exponierten Kindern (45 %).
Bisher wurden in Blutproben von 63 Kindern Hämoglobinaddukte und von 92 Kindern Mikrokernraten
bestimmt. Hämoglobinaddukte von 4-ABP waren signifikant erhöht bei Kindern aus Raucherhaushalten
(Mittelwert: 82,2pg/g Hb) verglichen mit Kindern aus Nichtraucherhaushalten (Mittelwert:
60,6 pg/g Hb, p = 0,003). Die passivrauchenden Kinder zeigten signifikant erhöhte
Mikrokernraten (Mittelwert: 8,0/1000 doppelkernige Zellen) gegenüber nicht passivrauchenden
Kindern (Mittelwert: 6,2/1000 doppelkernige Zellen, p = 0,001).
Schlussfolgerung: Die vorliegenden Daten untermauern die These, dass Passivrauchen eine wichtige Rolle
für die Inzidenz atopischer Erkrankungen spielt. Sowohl 4-ABP Hämoglobinaddukte und
Mikrokernraten waren signifikant erhöht in Kindern aus Raucherhaushalten und belegen
somit molekulare Schäden durch Passivrauchen sowie einen erhöhten Genomschaden.
Abstract
Background: Tobacco smoke, containing more than 4800 chemical substances with a large number
of mutagenic and carcinogenic compounds, is the most important indoor pollution. Aim
of the study was to analyse the relationship between exposure of children (2-15 years)
to environmental tobacco smoke (ETS) with the amount of respiratory diseases, the
occurrence of atopic diseases and the risk for genotoxic damage.
Patients and Methods: Within the last 1.5 years 216 children were included in the study. Smoking habits
of the family, environmental settings, housing, nutrition, social and economic factors
were assessed by a detailed questionnaire. Two different effect markers were used
to assess molecular and genetic damage. Biochemical effect of ETS was quantified by
4-aminobiphenyl-hemoglobin (4-ABP-Hb) adducts and the genotoxic damage was determined
by chromosomal damage as seen in the micro nucleus test in lymphocytes.
Results: Chronic rhinosinusitis and allergic rhinitis are accumulated in the ETS-exposed children.
In the ETS-group atopic diseases (allergic rhinitis, extrinsic asthma or neurodermatitis)
were significantly more frequent (39.5 %, p = 0.01) than in the non-exposed group
(23 %). In addition the genetic predisposition was significantly decreased in the
ETS-group (20.8 %, p = 0.048) compared to the non-exposed group (45 %).
Until now, blood samples of 63 individuals were analysed for Hb adducts and 92 for
micro nuclei. Hemoglobin adducts of 4-ABP, a human carcinogenic aromatic amine, were
significantly elevated in children with smoking parents (mean: 82.2pg/g Hb, p = 0.003)
compared to children with non-smoking parents (mean: 60.6 pg/g Hb). ETS-exposed children
showed significantly higher micro nucleus frequencies (mean ETS: 8.0/1000 binucleate
(BN) cells, p = 0.001) than non-ETS exposed children (mean: 6.2/1000 BN cells).
Conclusion: Our data underline the thesis, that ETS plays an important role for the development
of atopic diseases. The significantly increased effect markers of tobacco smoke in
exposed children give evidence, that ETS causes elevated molecular and genotoxic damage
in children.
Schlüsselwörter
Passivrauchen - Kinder - Erkrankungen der Atemwege - Atopien Hämoglobinaddukte - 4-Aminobiphenyl
- Mikronukleustest - Gentoxizität
Key words
Environmental tobacco smoke (ETS) - Children - Respiratory diseases - Atopic diseases
- Hemoglobin adducts - 4-aminobiphenyl - Micro nucleus test - Genotoxicity