Zusammenfassung
Fragestellung
Wie hoch ist der Anteil von Migrantinnen unter den wegen Hyperemesis gravidarum (H.
g.) stationär behandelten Patientinnen in einer großstädtischen Frauenklinik? Welchen
Einfluss haben Migrationserfahrung und Akkulturationsgrad? Wie sind die Krankheitsursachenvorstellungen
von türkischstämmigen Patientinnen zur H. g.?
Patientinnenkollektiv/Methodik
Erfassung aller stationär behandelten Patientinnen mit H. g. des Zeitraums 4/1995
bis 3/2001; Auswahl einer Zufallsstichprobe von 13 türkischstämmigen Patientinnen
(Pilotstudie); Erhebung soziodemographischer Angaben (SozioDat), Daten zu Akkulturation/Migration
(modif. n. Günay/Haag), psychischer Befindlichkeit (SCL-90-R), subjektiver Krankheitstheorie
(n. Bischoff/Zenz) mittels Fragebogen; Vergleichskollektive: stationär behandelte
deutsche und türkischstämmige schwangere Patientinnen ohne H. g.; Literaturreview
zum Thema „Migration und H. g.“.
Ergebnisse
Der Anteil von - zumeist türkischstämmigen, libanesischen oder jugoslawischen - Migrantinnen
unter den in den 65 Monaten wegen H. g. in der Klinik behandelten Patientinnen ist
im Verhältnis zur altersstandardisierten Wohnbevölkerung überproportional hoch. Charakteristika
der Subgruppe der 13 türkischstämmigen Patientinnen: 9/13 Erstgebärende, mittleres
Alter 24 J., 7. - 11. SSW, 8/13 Aufnahme als Notfall, 7/13 sog. nachgezogene Ehefrauen
mit bisher kurzem Aufenthalt in Deutschland, niedriger Schulbildung, praktisch keinen
Deutschkenntnissen, geringer Akkulturation, geringem Gesundheitswissen. Die meisten
Migrantinnen mit H. g. hatten eine „naturalistische“ Krankheitstheorie. Der SCL 90
zeigte bei der Skala „Somatisierung“ deutlich höhere Werte in der Migrantinnengruppe.
Schlussfolgerungen
Migrationserfahrung ist offenbar ein wichtiger ätiologischer Faktor für die Entwicklung
einer schweren H. g. Unter den wegen H. g. stationär aufgenommenen Migrantinnen sind
Frauen aus der Gruppe der sog. nachgezogenen, wenig akkulturierten türkischstämmigen
Ehefrauen besonders häufig.
Abstract
Objective
We examined the country of origin of women treated in hospital for hyperemesis gravidarum.
The immigration experience and degree of acculturation were analyzed. We also studied
what ethnic Turkish women imagine to be the causes of hyperemesis.
Methods
We reviewed all patients admitted for treatment of hyperemesis gravidarum between
April 1995 and March 2001. A pilot study analyzed a random sample of 13 ethnic Turkish
women. Data on sociodemographics, acculturation, psychologic well-being (SCL-90-R),
and subjective illness theory were collected. The control group consisted of pregnant
German and ethnic Turkish patients without inpatient treatment of hyperemesis.
Results
The proportion of immigrants among patients admitted for treatment of hyperemesis
gravidarum exceeded their proportion in the age-adjusted population. Most immigrants
were from Turkey, Lebanon, or the former Yugoslavia. Of the 13 ethnic Turk women (mean
age 24 years, gestational age 7 - 11 weeks), nine were primiparous, eight were admitted
as an emergency, and seven were recent immigrants. The level of education was low
and the women had a poor knowledge of German and of health and pregnancy. Most had
a naturalistic theory of illness. The SCL-90 somatization scores were higher in the
immigrant than in the control group.
Conclusions
Immigrants appear to be at increased risk of developing severe hyperemesis gravidarum
compared with women born in Germany.
Schlüsselwörter
Hyperemesis gravidarum - Migration - Türkische Patientinnen