Der Nuklearmediziner 2002; 25(3): 147-148
DOI: 10.1055/s-2002-34136
Nachruf

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zum Gedenken an Prof. Dr. Wolfgang Becker* 7. September 1952 - † 18. Mai 2002

In memoriam Prof. Dr. Wolfgang BeckerF. Wolf
  • Klinik für Nuklearmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
16. September 2002 (online)

Am 7. September dieses Jahres hätte Professor Dr. Wolfgang Becker, Direktor der Abteilung Nuklearmedizin der Universität Göttingen, das 50. Lebensjahr vollendet. Statt mit ihm Rückschau und Vorblick zu halten, können wir nach seinem unzeitigen Tod am 18. Mai 2002 nur noch in ehrender Erinnerung seiner herausragenden Persönlichkeit und seiner bleibenden Leistungen gedenken.

Geboren in Bad Windsheim/Mittelfranken machte Wolfgang Becker am dortigen Gymnasium das Abitur, ging an die Universität Würzburg zum Medizinstudium, beendete dieses mit der Promotion 1979 und arbeitete zunächst in der Pathologie, um nach dem Wehrdienst in die Nuklearmedizin einzutreten. Mit der ihn auszeichnenden konsequenten Zielstrebigkeit erwarb er sich die Grundlagen des Faches und begann sehr frühzeitig mit eigener wissenschaftlich produktiver Tätigkeit in der Isolierung und Markierung körpereigener Zellen, insbesondere Leukozyten, zur Entzündungs- und lokalen Infektionsdiagnostik. Daneben erfolgte schon in der Frühzeit die intensive Auseinandersetzung mit der Untersuchung und Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen, insbesondere auch in Nutzung und Weiterentwicklung der in diesen Jahren vorankommenden Ultraschalltechniken.

Nach der Habilitation 1985 wurde Wolfgang Becker 1988 als Professor und leitender Oberarzt an die Universität Erlangen-Nürnberg berufen. Eine hervorragende, sachlich wie menschlich tief befriedigende Zusammenarbeit nahm ihren Anfang. Aus den vielen Facetten der Erinnerung kann ich nur einige wenige herausgreifen und als vielleicht auch für Nachfolgende beispielhafte Eigenschafen des Verstorbenen darstellen.

Bei all der unermüdlich aktiven Arbeit in den zahlreichen Bereichen seines Wirkens stand für Wolfgang Becker stets überzeugend die ärztliche Wurzel und Zielsetzung unseres Faches Nuklearmedizin an vorderster Stelle. Sowohl im Umgang mit dem Patienten als Mensch und Gegenüber als auch in kollegialer Diskussion mit den ärztlichen Partnern aller klinischen Disziplinen wurde diese Kompetenz sehr schnell erkannt und allseits anerkannt. Gepaart mit der menschlichen Zuwendung konnte so eine unmittelbare Ansprache des Umfeldes nicht ausbleiben. Die hohe didaktische Begabung und anregende, ansteckende Begeisterung fand bei Studenten, Kollegen in Weiterbildung und in der Fortbildung im In- und Ausland eine rasch zunehmende Resonanz. Die seit frühen Jahren gepflegte Mehrsprachigkeit sei hier besonders erwähnt. Die Zahl der Referate, Vorträge, Seminare und anderer Veranstaltungen der Weitergabe von Forschungsergebnissen und des Trainings stieg steil an. Zu den bereits genannten Schwerpunkten wissenschaftlicher Arbeit trat in engem Sachzusammenhang die Beschäftigung mit den jeweils verfügbaren radionuklidmarkierten Antikörpern und Peptiden in ihren rasch aufeinander folgenden Entwicklungsstufen in der Entzündungs- und Infektionsdiagnostik sowie bald auch des technischen Ansatzes in der Therapie bei onkologischen Fragestellungen. Die Ergebnisse der Arbeiten wurden von den frühen Jahren bis in die letzten Monate vor dem Tod wohl organisiert in zeitgerechten Originalpublikationen im internationalen und deutschen Schrifttum vorgelegt. Nahezu zwangsläufig war Wolfgang Becker bald in der Mehrzahl der wichtigen Fachzeitschriften aktiv editorisch oder im Beirat tätig.

Die Berufung auf den Lehrstuhl für Nuklearmedizin an der Universität Göttingen erfolgte 1995. Neben dem Ausbau der Abteilung nach seinen Vorstellungen fanden die Forschungsansätze ihren kontinuierlichen Fortgang, in den letzten Jahren mit immer deutlicherem Schwerpunkt in der Radioimmuntherapie maligner Erkrankungen.

Neben dieser Kerntätigkeit des Arztes und Wissenschaftlers ist eine eindrucksvolle Bilanz des Einsatzes von Wolfgang Becker für Entwicklung und Stärkung des Faches innerhalb und außerhalb unseres Landes hervorzuheben. Auch sie kann nur beispielhaft wiedergegeben werden. In der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin steht neben der mehrjährigen Tätigkeit als Sekretär und langjähriges Vorstandsmitglied die erfolgreiche Arbeit in verschiedenen Ausschüssen, auch in Delegation zu den Zulassungsbehörden für Radiopharmaka, dann besonders im Weiterbildungsausschuss. Diese gewonnenen Erfahrungen wurden besonders erfolgreich eingesetzt im europäischen Facharztwesen, in der Sektion Nuklearmedizin der UEMS (Union Européenne des Médicine Specialistes), schließlich als deren Präsident einerseits, der Gründung und dem Ausbau der European School of Nuclear Medicine der EANM andererseits. Der zügige Transfer der Kenntnisse und Erfahrungen der modernen Nuklearmedizin zu den Kollegen des östlichen Raumes nach Fall der Grenzen gehört zu Beckers bleibenden Verdiensten, wie auch die in den letzten Jahren vorangebrachte Zusammenarbeit in der Fortbildung mit der Society of Nuclear Medicine (USA).

Den Höhepunkt der internationalen Zusammenarbeit bildete die Übernahme der Präsidentschaft der EANM, die er vorbildlich ausfüllte trotz seiner schon einsetzenden Krankheit. Als besondere Ehrung erwähnt seien die Wahl zum Fellow des Royal College of Physicians als für einen Nichtengländer ungewöhnliches Ereignis und die unmittelbar posthum erfolgte Einrichtung des Wolfgang-Becker-Forschungspreises durch die Bayerische Gesellschaft für Nuklearmedizin.

Überblickt man die Vielzahl von schöpferischen, wissenschaftlichen, organisatorischen Leistungen innerhalb der zugewiesenen Lebensspanne bei der dahinter stehenden breiten und tiefen menschlichen Persönlichkeit, so verbleibt nur dankbare und verpflichtende Erinnerung. In dieser sind Freunde und Kollegen in Verbundenheit mit der Familie vereint.

Friedrich Wolf

Erlangen-Buckenhof