Klinische Neurophysiologie 2002; 33(4): 213-222
DOI: 10.1055/s-2002-36005
Originalia
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Untersuchungen zur Eignung des Bispektralindex™ (BIS) für die Beurteilung der Hypnosetiefe in der Kinderanästhesie

Study on the Feasibility of the Bispectral Index™ (BIS) for the Assessment of Depth of Hypnosis in Paediatric AnaesthesiaJ.  Wallenborn1 , L.  Radow1 , L.  Wild1 , R.  Lietz2 , D.  Olthoff1
  • 1Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Universität Leipzig (Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. D. Olthoff)
  • 2Pädiatrische Klinik; Kreiskrankenhaus Greiz GmbH (Chefarzt: Prof. Dr. med. R. Lietz)
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Publication Date:
29 April 2004 (online)

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Zusammenfassung

Einleitung: Die computergestütze Auswertung des Elektroenzephalogramms (EEG) soll eine routinemäßige Nutzung des EEG zur Überwachung anästhetischer Effekte auf das Hirn, eigentliches Zielorgan der Narkose, ermöglichen. Ein EEG-Parameter, der besonders exakt hypnotische Effekte von Anästhetika widerspiegeln soll, ist der Bispektralindex™ (BIS). Im Bereich der Kinderanästhesie wurde aufgrund der Besonderheiten des Roh-EEG im Kindesalter noch keine Validierung vorgenommen. Im Rahmen dieses Beitrages soll die Praktikabilität des BIS-Monitorings und seine Aussagekraft im Hinblick auf verschiedene Altersgruppen bei zwei Anästhesieverfahren diskutiert werden. Methodik: 170 Patienten beiderlei Geschlechts im Alter von 0 - 18 Jahren erhielten eine standardisierte Inhalationsanästhesie mit Halothan oder total intravenöse Anästhesie mit Propofol. Die BIS-Wert-Erfassung erfolgte kontinuierlich mit Protokollierung ausgewählter klinischer Korrelate durch einen zweiten Anästhesisten. Bei der Auswertung der Daten wurden eng gefasste Altersgruppen gebildet. Ergebnisse: Die Sensorplatzierung gestaltete sich, außer bei Säuglingen, völlig problemlos bereits vor Narkoseeinleitung. Länger anhaltende Hautirritationen traten nicht auf. In allen Altersgruppen unterliegt der BIS sowohl unter Inhalationsanästhesie als auch total intravenöser Anästhesie Veränderungen, die mit dem angestrebten Hypnoselevel korrelieren. Bei nach klinischen Gesichtspunkten adäquat geführter Narkose lassen sich im Alter von 1 - 4 Jahren höhere BIS-Werte registrieren als im Alter von 0 - 6 Monaten und im Alter von 8 - 14 Jahren. Diskussion: Eine orientierende Abschätzung der Hypnosetiefe scheint durch den Einsatz des BIS auch im Kindesalter möglich. Die leichte Handhabung des Gerätes und schnelle Sensorplatzierung erweisen sich als Vorteil. Es zeigen sich altersbedingte und narkoseverfahrenspezifische Besonderheiten, wobei für eine Validierung des BIS in einzelnen Altersgruppen noch größere Patientenzahlen nötig sind. Inwieweit die erfassten höheren BIS-Werte im Alter von 1 - 4 Jahren Ausdruck einer größeren Rezeptorenzahl und -funktion sind, bleibt spekulativ. Abweichungen vom klinisch zu erwartenden BIS-Wert sind insgesamt selten und scheinen nicht altersgebunden zu sein. Möglicherweise gelingt mittels BIS-Monitoring im Kindesalter eine individuelle Anpassung der „Narkosetiefe” und somit Verbesserung der Patientensicherheit durch Einsatz der geringsten notwendigen Dosis und der Anästhesiequalität durch differenzierteren Einsatz hypnotischer/analgetischer Komponenten der Narkose.

Abstract

Introduction: The computerised analysis of the electroencephalogram (EEG) is supposed to enable the monitoring of anaesthetic effects on the brain, the actual target organ of anaesthesia. The Bispectral Index (BIS) is an EEG parameter meant to reflect anaesthetic effects with particular precision. In paediatric anaesthesia, no validation has been done so far due to the peculiarity of the paediatric raw EEG. In this publication, the practicability of BIS monitoring and its meaningfulness with regard to different age groups will be discussed. Methods: 170 patients of both gender, 0 - 18 years of age, received standard inhalational anaesthesia with halothane or total intravenous anaesthesia with propofol. BIS values were recorded continuously in conjunction with certain clinical endpoints by a second anaesthetist. For statistical analysis narrow age groups were formed. Results: Sensor placement, even before induction, was absolutely unproblematic, except in small infants. Longer-term skin irritation did not occur. In all age groups, BIS changed during inhalational anaesthesia as well as total intravenous anaesthesia, correlating with the desired hypnotic level. During anaesthesia guided by clinical criteria, higher BIS values were recorded at the age of 1 - 4 years compared to the age of 0 - 6 months and 8 - 14 years. Discussion: With the use of BIS, an assessment of the depth of hypnosis seems to be feasible also in paediatric patients. The ease of use of the device and the quick sensor placement proved to be an advantage. Age-related and anaesthesia-specific features were seen. Validation of BIS for individual age groups would require a higher numbers of patients. How far the recorded higher BIS values in the age of 1 - 4 years are an expression of a higher number and function of receptors, remains speculative. Deviations from the clinically expected BIS level are rare and seem to be independent of age. BIS monitoring in paediatrics could help to adapt depth of anaesthesia to individual needs, resulting in increased patient safety by using the lowest possible dose, and in improved quality of anaesthesia by rational use of hypnotic and analgesic components of anaesthesia.

Literatur

Dr. J. Wallenborn

Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie · Universität Leipzig

Liebigstraße 20 a

04103 Leipzig