Pneumologie 2003; 57(1): 52-53
DOI: 10.1055/s-2003-36640
Nachruf
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Nachruf Prof. Dr. med. Dietrich Nolte 15. 5. 1937 bis 26. 10. 2002

Obituary Professor Dr. med. Dietrich Nolte 15. 5. 1937 bis 26. 10. 2002H.  Worth, H. Magnussen
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Publication Date:
15 January 2003 (online)

Am 26.10.2002 verstarb Dietrich Nolte nach langer, schwerer Krankheit. Wir, seine Freunde und Kollegen, trauern um einen aufrechten, hilfsbereiten und toleranten Mitmenschen, der uns durch seine Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Entwicklungen, sein großes Interesse an wissenschaftlichen Fragestellungen, seine Hilfsbereitschaft, eine spritzige Feder und rhetorische Eleganz bereichert hat, verbunden mit einer ausgeprägten Fähigkeit zur Kommunikation mit Patienten, Kollegen und der Öffentlichkeit.

Dietrich Nolte wurde am 15. 5. 1937 in Essen geboren. Nach der Kriegszeit studierte er von 1955 - 1960 Medizin in Münster, Wien und München. Nach bestandenem medizinischen Staatsexamen und Promotion an der Universität in Münster war er als Medizinalassistent an der Medizinischen Universitätsklinik bei Karl Matthes in Heidelberg tätig. Von 1963 bis 1965 erhielt er eine pathologisch-anatomische Grundausbildung bei Karl Lennert in Kiel. In den Jahren 1965 und 1966 war Dietrich Nolte in der Arbeitsgruppe von W. T. Ulmer im Institut für Lungenfunktionsforschung in Bochum tätig. Dort trug er mit seinen Arbeiten über den Strömungswiderstand der Atemwege bei Lungengesunden, kohlenstaubbelasteten Bergarbeitern und Patienten mit obstruktiver Bronchitis wesentlich zur Etablierung der Bodyplethysmographie in Deutschland bei. Auf dem Fundament seiner pathologisch-anatomisch und atemphysiologischen Grundlagen begann er 1966 unter H.-G. Lasch seine klinische Ausbildung zum Internisten an der Medizinischen Universitätsklinik in Gießen. Dort habilitierte er sich 1970 mit einem Thema über die Strömungsmechanik der Atemwege bei der obstruktiven Ventilationsstörung.

Obwohl der gebürtige Westfale der Bayerischen Sprache nicht mächtig war, ursprünglich auch keinerlei Begeisterung für die Bayerischen Alpen erkennen ließ, wurde er 1974 zum Chefarzt der II. Medizinischen Abteilung am Städtischen Krankenhaus in Bad Reichenhall gewählt, mit dem Ziel, aus einer Spezialklinik mit vielen Kurpatienten ein Akutkrankenhaus mit einer Schwerpunktabteilung für Pneumologie und Kardiologie zu entwickeln. In 28 glücklichen Jahren, wie Dietrich Nolte sie bezeichnete, hat die von ihm geleitete pneumologisch-kardiologische Fachabteilung mit 80 Akutbetten und 10 Betten einer interdisziplinären Intensivstation einen weit über die Grenzen der Stadt reichenden Ruf erlangt. Durch seine gewinnende hilfsbereite Art wurde Dietrich Nolte der Arzt und Betreuer vieler Patienten mit Lungenkrankheiten. Hierzu trugen neben fundierten Fachkenntnissen zahlreiche Vorträge und Fortbildungen für Ärzte und Patienten, Fernsehauftritte und Publikationen und sicherlich auch der stete Einsatz am Krankenbett bei. Nicht umsonst zählte Dietrich Nolte neben Bergsteigen, Tennis, Inline-Skating, Weltreisen mit Pioniercharakter, Klavierspiel und vergleichender Sprachforschung, auch die Patientenvisiten am Wochenende zu seinen Hobbys. Als wissenschaftlicher Leiter der Forschungsanstalt hat er zahlreiche wissenschaftliche Projekte in Bad Reichenhall initiiert.

Seine wissenschaftliche Tätigkeit umfasste seit 1965 mehr als 400 Arbeiten, die ein breites Spektrum der Pneumologie umspannen. So beschäftigte er sich neben methodischen Arbeiten zur Strömungsmechanik bei der Bronchialobstruktion mit der Hämodynamik des kleinen Kreislaufs, untersuchte Umwelteinflüsse auf die Atmung sowie die Bedeutung der Sauerstofftherapie. Die Pathophysiologie der bronchialen Hyperreaktivität, die Hausstaubmilbenallergie sowie das Screening der Bevölkerung bezüglich obstruktiver Atemwegserkrankungen mit der Pneumobil-Aktion gehörten zu seinen weiteren wissenschaftlichen Aktivitäten. Mehr als 30 Bücher und Monographien hat Dietrich Nolte publiziert, darunter einige Bestseller der deutschsprachigen Pneumologie, z. B. das in 7. Auflage erschienene Buch „Asthma”, das in 6. Auflage erschienene Buch „Die Lungenfunktion” (gemeinsam mit W. T. Ulmer) sowie das pneumologische Nachschlagewerk „Manuale Pneumologikum”.

Dietrich Nolte war Hauptschriftleiter der Zeitschrift Atemwegs- und Lungenkrankheiten und hat mit zahlreichen elegant verfassten Artikeln und Editorials die Entwicklung in der Pneumologie, insbesondere in Deutschland, kommentiert, die bei den Lesern aufgrund der Fachkenntnis des Autors und der pointierten Formulierung sehr beliebt waren, gelegentlich allerdings auch zum Nachdenken veranlassten.

Mit seinem Organisationstalent und seinen großen Kommunikationsfähigkeiten war Dietrich Nolte ein idealer Ausrichter von Kongressen. Über 24 Jahre hinweg leitete er das alljährlich stattfindende Pneumologische Juni-Kolloquium in Bad Reichenhall, das zu den beliebtesten und meist besuchten Fortbildungsveranstaltungen im deutschsprachigen Raum zählt. 17 Jahre lang gestaltete und leitete er die Fachreihe Pneumologie auf der Medica. 1999 gestaltete er als Tagungspräsident erfolgreich den 40. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie gemeinsam mit der österreichischen Fachgesellschaft für Lungenerkrankungen und Tuberkulose in Bad Reichenhall und Salzburg.

Sein Talent, motivierte Ärzte fortzubilden, führte zu zahlreichen Preisverleihungen, der Medica-Plakette 1985, der Ernst-von-Bergmann-Plakette der Bundesärztekammer im Jahre 1988 und dem Filmpreis „Silberne Rose” im Jahre 1988.

Trotz seiner intensiven klinischen und schriftstellerischen Tätigkeit fand Dietrich Nolte noch Zeit, als Mitglied der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft und Vorsitzender der Sektion „Pneumologie des Berufsverbandes der Deutschen Internisten” berufspolitisch wichtige Funktionen zu übernehmen.

1978 war er an der Gründung der Deutschen Atemwegsliga beteiligt, der er seit vielen Jahren angehörte. Mit seinen großen Kenntnissen und seiner Erfahrung half er als ihr stellvertretender Vorsitzender, die erzielten Fortschritte in der Diagnostik und Therapie von Lungenkrankheiten dem Patienten möglichst rasch und qualitativ hochwertig zugute kommen zu lassen.

Mithilfe seiner schriftstellerischen Fähigkeiten, seinem Organisationstalent und seiner professionellen Öffentlichkeitsarbeit hat er sicherlich zu einer besseren Versorgung der Patienten mit Lungenkrankheiten beigetragen und sich darüber hinaus für eine größere Beachtung der Pneumologie in Deutschland wirksam eingesetzt.

Wir, seine Freunde und Kollegen können ihm nur für alles, was er uns gegeben hat, danken und hoffen, dass die Dankbarkeit den Schmerz der Trennung überwinden hilft.

Heinrich Worth, Fürth
Helgo Magnussen, Großhansdorf

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