Z Gastroenterol 2003; 41: 32-33
DOI: 10.1055/s-2003-37433
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© Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Darmkrebs durch Früherkennung besiegen - Die Felix Burda Stiftung und das Netzwerk für Darmkrebsfrüherkennung

C. Maar1
  • 1Vorstand Hubert Burda Stiftung, Vorstand Felix Burda Stiftung, Präsidentin Burda Akademie zum Dritten Jahrtausend
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Publication Date:
11 March 2003 (online)

Der Erfolg von Krebsfrüherkennungsprogrammen hängt entscheidend von der Mitarbeit der Bevölkerung ab. Noch so effiziente und kosteneffektive Vorsorgemaßnahmen nützen wenig, wenn sie nicht von einer Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen, d. h. in Anspruch genommen werden. Obwohl die Effektivität von Früherkennung beim kolorektalen Karzinom eindeutig nachgewiesen ist und der FOBT für die Risikogruppe der über 45-Jährigen seit 1971 im Rahmen der gesetzlichen Krebsfrüherkennung angeboten wird, ist es in den vergangenen 30 Jahren nicht gelungen, die Teilnahmerate an Darmkrebsfrüherkennung zu steigern. Sie stagniert seit vielen Jahren bei 35 % der Frauen und 15 % der Männer.

Der Hauptgrund für die mangelnde Akzeptanz von Darmkrebsfrüherkennung ist das fehlende Bewusstsein der Bevölkerung für die Gefährlichkeit und Erblichkeit von Darmkrebs und für die Effektivität von Früherkennung. Außerdem haben wir es mit einem der wenigen verbliebenen Tabuthemen zu tun. Das hat zur Folge, dass über Darmkrebs nicht einmal in Familien, in denen gehäuft Darmkrebs auftritt, gesprochen wird und entsprechend wenig über evtl. vorliegende Familienrisiken bekannt ist. Hinzu kommt, dass in der Bevölkerung trotz verbesserter Untersuchungsmethoden immer noch die Vorstellung verbreitet ist, dass es sich bei der Koloskopie um eine äußerst schmerzhafte Untersuchung handelt. Bis zur Einführung der neuen Richtlinien am 1. 10. 2002 war ein weiterer Grund für die Nicht-Akzeptanz der Koloskopie als Screening-Maßnahme die fehlende Bezahlung durch die Kassen.

Darmkrebs ist in den Ländern der westlichen Welt eine der großen Volkskrankheiten. In den vergangenen Jahren wurden in verschiedenen Ländern verstärkt Anstrengungen unternommen, um die Zahl der Neuerkrankungen und Todesfälle durch Früherkennung zu verringern. In den USA wurde erstmals im März 2000 unter Beteiligung aller Krebsinstitutionen und dem Patronat des amerikanischen Präsidenten zu einem nationalen Darmkrebsmonat aufgerufen. In Europa gab unter dem Patronat des italienischen Staatspräsidenten eine International Digestive Cancer Alliance im März 2002 den Startschuss zu einer weltweiten Kampagne.

In Deutschland hat sich auf Initiative der Felix Burda Stiftung im Sommer 2001 ein Netzwerk „Darmkrebsfrüherkennung” gebildet, dem außer der Felix Burda Stiftung die Gastro-Liga, die Deutsche Krebsgesellschaft, die Deutsche Krebshilfe, die KBV und die Stiftung Lebensblicke angehören. Analog zum amerikanischen Darmkrebsmonat haben die Felix Burda Stiftung und das Netzwerk im März 2002 den ersten deutschen Darmkrebsmonat ins Leben gerufen. Er wurde von Fachgesellschaften, Ärzten und Kliniken zum Anlass genommen, um Aufklärungsveranstaltungen und regionale FOBT-Aktionen durchzuführen und Patienten-Hotlines anzubieten. Die Felix Burda Stiftung übernahm den Part der Öffentlichkeitsarbeit und nutzte dafür die Ressourcen und Netzwerke von Hubert Burda Media. Ziel war es, im Darmkrebsmonat März eine möglichst dichte Durchdringung von Print-, Hörfunk- und Fernsehmedien mit dem Thema Darmkrebs zu erreichen. Die Stiftung wurde bei ihren Aktivitäten von zahlreichen prominenten Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik, Sport, Film und Fernsehen wie Edmund Stoiber, Harald Schmidt, Iris Berben, Michael Schumacher und vielen anderen unterstützt, die sich als Testimonials zur Verfügung stellten und in ganzseitigen Zeitschriftenanzeigen für Darmkrebsfrüherkennung warben. Erstmals war Darmkrebs im Fernsehen Gegenstand von Talkshows und anderen Publikumssendungen. Es gab so gut wie keine Tageszeitung oder Zeitschrift, die in diesem Monat nicht mit mindestens einem großen redaktionellen Beitrag über das Thema Darmkrebs berichtete. Die Bildzeitung machte das Thema Darmkrebs gleich zu einem Dauerthema, das den ganzen Monat über anhielt. Die Beiträge in den Printmedien erreichten eine Gesamtauflage von 300 Millionen, die Fernsehsendungen wurden von mehr als 17 Millionen Zuschauern gesehen.

In der Folge erlebten die Arztpraxen einen Ansturm auf die Vorsorgekoloskopie. Dass eine Steigerung der Akzeptanz von Darmkrebsfrüherkennung generell möglich ist, hatte bereits das Bayerische Modellprojekt im Jahr 1996 gezeigt, an dem die Fachgesellschaften, die Landesärztekammern und die Krankenkassen mitgewirkt hatten. Ein wesentlicher Bestandteil des Modellprojekts war die Erhöhung der Motivation niedergelassener Ärzte durch Einführung einer Sondervergütung für die Durchführung des FOBT bei ihren Patienten. Ein anderer Baustein war die begleitende Medienkampagne, die verstärkt vor allem regionale Medien nutzte. Lag die Beteiligung der Berechtigten zu Beginn bei den Frauen bei 27 % und bei den Männern bei 11 %, so steigerte sie sich im Verlauf des Projekts bei den Männern um > 50 % und bei den Frauen um > 36 %. Nach Beendigung des Modellprojekts und der damit verbundenen Sondermaßnahmen sank die Akzeptanz bei der Bevölkerung allerdings wieder auf annähernd das gleiche Niveau wie vorher. Der Schluss liegt nahe, dass die Nachhaltigkeit des Themas in den Köpfen der Menschen eng mit der Ärztemotivation und der Präsenz des Themas in den Medien zusammenhängt.

Mit Einführung der gesetzlichen Vorsorgekoloskopie ab 55 Jahren ist eines der großen Hindernisse gefallen, das der Akzeptanz dieser Untersuchung bisher entgegenstand. Außerdem ist mit dem Mission State der Felix Burda Stiftung und den von ihr entfalteten medialen Aktivitäten erstmals die Gewähr gegeben, dass das Thema dauerhaft in den Medien präsent bleiben wird.

Eine weitere Möglichkeit, gezielt an Menschen heranzutreten, um sie für Früherkennung zu motivieren, ist der Arbeitsplatz. Die Belegschaft großer Unternehmen fungiert als eine Art von Großfamilie, die Anspruch auf soziale Fürsorge des Unternehmens hat. Die Felix Burda Stiftung hat, ausgehend von ermutigenden Erfolgen mit 5000 Burda-Mitarbeitern - alle Mitarbeiter erhielten an ihren Arbeitsplatz ein FOBT zugestellt, 40 % gaben den Test zur Auswertung zurück -, die 200 mitarbeiterstärksten deutschen Unternehmen angeschrieben und sie aufgefordert, Darmkrebsfrüherkennungsaktionen für ihre Mitarbeiter durchzuführen. Einige Unternehmen wie die Allianz, BMW und Henkel haben die Aktion bereits 2002 umgesetzt. Andere Unternehmen wie die Deutsche Post, die Deutsche Bahn und e.on haben angekündigt, die Aktion zum zweiten deutschen Darmkrebsmonat im März 2003 durchzuführen.

Ein nicht zu unterschätzender Aspekt der Öffentlichkeitsarbeit betrifft die patientengerechte Aufbereitung und Zurverfügungstellung von Information. Unabhängig vom Medium, mit dem Informationen über Darmkrebs und Darmkrebsprävention kommuniziert werden, besteht eine wichtige Aufgabe darin, Prävention, Genese und Therapie der Krankheit in eine für Laien leicht verstehbare Sprache zu übertragen. Bei Internetplattformen kommt hinzu, dass Informationen so zugeschnitten sein müssen, dass Patienten die für ihre Situation relevante Information schnell und mühelos auffinden können. Wichtig ist auch die Möglichkeit, sich im Internet mit Betroffenen austauschen und von Experten Rat einholen zu können. Als Beispiel für eine Internetplattform, die versucht, sich bei der Ausgestaltung ihres Informations- und Kommunikationsangebots ausschließlich auf die Bedürfnisse ihrer User zu konzentrieren, sei hier auf die Darmkrebs-Website der Felix Burda Stiftung hingewiesen (http://www.darmkrebs.de).

Dr. Christa Maar

Vorstand Hubert Burda Stiftung, Vorstand Felix Burda Stiftung, Präsidentin Burda Akademie zum Dritten Jahrtausend

Rosenkavalierplatz 10

81925 München

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