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- 10 Zizek S. Die Pest der Phantasmen. Die Efffizienz des Phantasmatischen in den neuen
Medien. Wien: Passagen-Verlag; 1997
1 Aus dieser Perspektive ließe sich das Internet als ein Hilfsmittel des Informationsmanagements
des Stigmas Pornographiegebrauch beschreiben. Damit ist freilich nicht gesagt, dass
der Pornographiegebrauch ebenfalls entstigmatisiert würde.
2 Die Differenz von legal und illegal scheint im Übrigen keine Rolle zu spielen; allenfalls
fungiert der Hinweis „illegal in most countries” als zusätzlicher Lockanreiz. Ein
Zugriff auf das angebotene Material wird jedoch nicht verhindert.
3 So führt etwa http://www.searchgals.com zur Zeit (Stand 24. November 2003) mehr als
430 verschiedene Kategorien bzw. Schlagworte auf.
4 Weitere recht häufifig auftauchende Kategorien sind „wifes” bzw. „house-wifes”, „celebrities”
und, wohl typisch amerikanisch, „cheerleaders”.
5 Es finden sich allerdings zwei Ausnahmen, in denen Eigenschaften der Männer als relevantes
Kriterium fungieren. lm einen Falle steht die Hautfarbe der Männer im Mittelpunkt
- allerdings in der überwiegenden Zahl der Fälle als Kontrast zur Hautfarbe der Frau(en),
etwa bei Links zum Thema „blacks fuck blonde”. Ferner gibt es einige Links zu „big
cock sex”.
6 Ein weiterer Kategorientyp sind „amateurs”. Auf diese Form der Pornrnographie wird
weiter unten eingegangen.
7 In einigen Fällen finden sich jedoch auch deutlich längere Videosequenzen.
8 Die chronologisierende Funktion der Kleidung, die sich in diesem Sinne als Medium
der Temporalität darstellt, ist von ihrer erotisierenden Funktion zu trennen.
9 Auffällig ist, dass eine optionale anale Penetration fast immer auf vaginalen Geschlechtsverkehr
folgt, diesem aber (fast) niemals vorausgeht. Dies deutet auf eine Hierarchisierung
der einzelnen Sexualpraktiken und ihrer Bewertung hin.
10 Von der hypothetischen Möglichkeit, die Einheit einer Geschichte nicht über die Identität
der beteiligten Personen, sondern rn etwa über bestimmte Accessoires herzustellen,
wird kein Gebrauch gemacht. Man könnte freilich den Großteil der Mainstream-Pornographie
als eine Geschichte beschreiben, deren Einheit gerade durch diese Möglichkeit hergestellt
wird: Die Personen sind auswechselbar, während die Einheit der Geschichte über die
beiden wesentlichen, zugleich geschlechtskonstruierenden Accessoires hergestellt wird:
den Penis einerseits und die vestimentären weiblichen Accessoires. Aus dieser Perspektive
könnte argumentiert werden, dass die Struktur festgelegt sei und nur die Positionen
jeweils unterschiedlich besetzt würden. Im Gegensatz zur Liebesgeschichte produziert
die pornrnographische Sequenz weder Individualität noch dient sie der Schaffung eines
Paares. Sie aktualisiert lediglich eine speziffische „pornrnologische” Struktur und
Ästhetik.
11 Die skizzierten Überlegungen lassen vermuten, dass auch scheinbar eindeutige Darstellungen
durchaus interpretationsoffen sind und Bedeutungen sich nicht zwangsläufig aus den
gezeigten Bildern ergeben.
12 Deren Relevanz dürfte nicht zuletzt aufnahmetechnischen Aspekten geschuldet sein.
13 Von daher ist es auch nahe liegend, dass mainstream-pornrnographische Darstellungen
(heterosexuelle) Frauen kaum anzusprechen vermögen.
14 Man kann darüber streiten, ob die Geschichte ein Abfallprodukt der notwendigen Variation
ist oder ob es sich umgekehrt verhält. Diese Frage ist hier jedoch nicht entscheidend.
Vielmehr kommt es darauf an, dass sowohl die narrative Form als auch die Variation
bestimmte Funktionen erfüllt.
15 Gewaltförmige Pornographie zeichnet sich durch die Darstellung eines fehlenden Konsenses
der Beteiligten hinsichtlich der gezeigten sexuellen Handlungen aus. Das entscheidende
Deffinitionskriterium ist also nicht das Vorliegen realer Gewalt, sondern die Frage,
ob (nicht konsensuell ausgeübte) Gewalt und Zwang als ein Medium bzw. Stilmittel der
pornrnographischen Darstellung fungieren.
16 Inwieweit es sich dabei um gespielte Inszenierungen von Gewalt oder tatsächlich ausgeübte
und erlittene Gewalt, um gespielte oder tatsächliche Vergewaltigungen handelt, ist
allerdings nicht zu erkennen.
17 Für die Bundesrepublik ergibt sich die paradoxe Situation, dass das Strafrecht zwar
kein Sodomie-Verbot kennt, die Darstellung von Sex mit Tieren gleichwohl als „harte
Pornrnographie” unter Strafandrohung stellt (vgl. § 184, Abs. 3 StGB).
18 Man mag zwar einwenden, dass die Einrichtung von Newsgroups eine entsprechende Erweiterung
von Tauschringen ermögliche, aber dies ist keine genuine Möglichkeit des Internrnets.
19 Dennoch ist eine Unkenntlichmachung des Gesichts relativ selten.
20 Als Ausnahme fällt auf, dass sich Drapierungen mit erotischen Accessoires im Bereich
der „Teen”-Pornographie nicht ffinden. Sie scheinen den dort wichtigen Aspekt der
Jugendlichkeit zu dementieren. Im Bereich der „Teen”-Pornographie bedient sich die
Sexualisierung des weiblichen Körpers weitgehend ausschließlich der Nacktheit dieser
Körper.
21 Da die im Internrnet angebotene Pornographie sehr weitgehend der auch sonst angebotenen
Pornographie entspricht, beziehen sich die folgenden Analysen auf Pornographie im
Allgemeinen und nicht ausschließlich auf Internetpornographie.
22 Auch wenn diese Darstellungen, Herrichtungen und Drapierungen männlichen Phantasien
geschuldet sein mögen, so verschiebt dies nicht die Subjekt-Objekt Verhältnisse in
der Darstellung, verkompliziert sie aber in einer Weise, die die scheinbare Eindeutigkeit,
die sich auf den ersten Blick darzustellen scheint, mehr und mehr verschwimmen lässt.
23 In diesem Sinne könnte die Nutzung pornographischer Produkte auch als eine Art Selbstheilungsversuch
beschädigter und/oder als belastend empfundener Subjektivität verstanden werden. Sie
erfüllte, von dieser Warte aus betrachtet, eine ähnliche psychische Funktion wie sexuelle
Perversionen.
24 Als zusätzlicher Aspekt kommt hinzu, dass die extralcorporale Ejakulation oft durch
Selbstmasturbation erfolgt und somit die Angewiesenheit auf eine Sexualpartnerin dementiert,
wodurch diese zur Onaniervorlage degradiert wird. Zudem wird durch den masturbatorischen
Akt ein hohes Maß an Identififikation des (möglicherweise ebenfalls masturbierenden)
Zuschauers mit dem handelnden männlichen Subjekt der pornographischen Darstellung
ermöglicht.
25 Hochkomplexe Gesellschaften scheinen ganz allgemein ein kulturelles Bedürfnis nach
Unterkomplexität hervorzurufen. Dieses Bedürfnis stellt eine wichtige Erfolgsbedingung
für Soap operas ebenso wie für den zuschauerbezogenen Sport dar. Die Welt der Soap
operas und Sitcoms ähnelt insofern der Welt der Pornographie, als beide unterkomplexe
Sozialverhältnisse darstellen, deren Handlungen und Altteure jeweils an der Oberflfläche
bleiben und denen Idiosynkrasien, innere Tiefe, Ambivalenz und Mannigfaltigkeit unbekannt
sind (vgl. dazu auch Lewandowski 2004: Kap. 4.6.).
26 Henning Bech (1995: 19) bezieht etwa den Ausdruck „sexuell” explizit auf eine bestimmte
Art von Stimmung oder Gestimmtsein, als Ausdruck „einer bestimmten Auf- und Angeregtheit”.
27 An anderer Stelle habe ich die Unterscheidung von sexuellem Begehren und sexueller
Befriedigung als binären Code des Sexualitätssystems der modernrnen Gesellschaft und
als Leitunterscheidung aller modernrnen Sexualitäten beschrieben (vgl. Lewandowski
2004: Kap. 5.1.).
28 Vor diesem Hintergrund werden sich zukünftige Studien über die Auswirkungen internrnetpornrnographischer
Darstellungen endgültig von einfachen Sender-Empfänger-Modellen verabschieden und
Pornographienutzer als Nicht-Trivialmaschinen betrachten müssen.
Dr. phil. Sven Lewandowski
Rambergstr. 10
30161 Hannover
eMail: Sven.Lewandowski@stud.uni-hannover.de