Zusammenfassung
Die LVA Baden-Württemberg setzt seit 1997 in ihren Kliniken ein Instrumentarium zur
Messung der Ergebnisqualität ein. Daten zur Bewertung der prognostischen Aussagekraft
dieses Instrumentariums und anderer Informationen aus dem Reha-Entlassungsbericht
für den Langzeiterfolg der Reha sind bisher kaum verfügbar. Das Ziel der vorliegenden
Studie ist es, die prognostische Aussagekraft von kurzfristigen Erfolgsparametern
der stationären Reha und zusätzlichen Angaben aus dem Reha-Entlassungsbericht im Hinblick
auf langfristige Indikatoren des Reha-Erfolgs, wie zum Beispiel Frühberentung durch
Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit (EU/BU), zu untersuchen. Die Analyse basiert auf routinemäßig
erhobenen Daten aller Rehabilitanden im Alter von 30 - 59 Jahren, die zwischen Juni
1997 und Juni 1999 unter Kostenträgerschaft der LVA Baden-Württemberg eine stationäre
Reha-Maßnahme in 5 von 6 LVA-Reha-Kliniken im Bereich der LVA Baden-Württemberg durchlaufen
haben. Die Basisdaten zu dieser Studie umfassen die Merkmale aus dem Reha-Entlassungsbericht
sowie die Variablen aus dem Qualitätssicherungsprogramm. Weiterhin lagen Follow-up-Informationen
aus den Versichertenkonten zu einer eventuell eingetretenen Frühberentung vor (Stichtag
30. Juni 2000). Die unabhängige prognostische Bedeutung der Variablen des Qualitätssicherungsinstruments
und von 4 standardisiert erhobenen Angaben aus dem Entlassungsbericht in Bezug auf
eine Frühberentung wurde multivariat mit dem Proportional-Hazards-Modell geschätzt.
Insgesamt konnten 6 823 Patienten in die Analyse eingeschlossen werden. Während des
Follow-up (im Mittel 1,8 Jahre) wurden 908 Patienten (13,3 %) aufgrund einer EU/BU
berentet. Die Variablen mit der größten prognostischen Aussagekraft waren die Beurteilung
des Gesundheitszustands durch den Arzt und den Patienten und die Beurteilung des Leistungsvermögens
im Beruf. Eine um eine Note bessere Beurteilung des Gesundheitszustandes auf einer
von 1 - 6 reichenden visuellen Analogskala durch Arzt bzw. Patient ging mit einem
um 53 bzw. 40 % verminderten Risiko einer Frühberentung einher. Von den 4 aus dem
Reha-Entlassungsbericht untersuchten Variablen stellte sich insgesamt die Arbeitsfähigkeit
bei Entlassung als die bedeutungsvollste Variable im Hinblick auf eine Frühberentung
heraus. Die Arbeitsfähigkeit bei Entlassung war im Vergleich zur Arbeitsunfähigkeit
mit einem 78 % geringeren Frühberentungsrisiko assoziiert. Ebenfalls prognostisch
relevant waren das positive Leistungsbild und die Arbeitsunfähigkeitszeiten im Jahr
vor Antritt der Reha. Die Variablen des neu entwickelten Qualitätssicherungsinstruments
haben einen klaren Bezug zur Wahrscheinlichkeit einer Frühberentung und sagen damit
etwas über die am Ende der Reha erzielten Chancen aus, das für den Rentenversicherer
wichtige Ziel der Hinauszögerung oder Vermeidung einer Frühberentung zu erreichen.
Es ist zu überlegen, ob die Variable Arbeitsfähigkeit bei Entlassung mit in das Qualitätssicherungsprogramm
aufgenommen werden sollte, um so gegebenenfalls die prognostische Aussagekraft des
Instruments weiter verbessern zu können.
Abstract
Since 1997 the LVA Baden-Württemberg pension insurance agency has implemented an instrument
to measure the outcome quality of in-patient rehabilitation. The objective of this
study was to evaluate the prognostic value of various short-term rehabilitation success
markers and of variables of the quality assurance programme and the rehab-discharge
report of the LVA Baden-Württemberg on early retirement by means of a retrospective
cohort study. The analysis was based on routinely registered data of patients who
underwent in-hospital rehabilitation in a hospital accredited by the LVA Baden-Württemberg
between June 1997 and June 1999. Baseline data included information from medical discharge
reports and from the quality assurance programme. Follow-up information with regard
to disability was collected until July 2000. The prognostic value of the quality assurance
programme and of 4 standardized documented items from the medical discharge report
was estimated by proportional hazards regression. In this analysis 6 823 patients
aged 30 - 59 years who underwent an in-patient rehab programme between June 1997 and
July 1999 in 5 of 6 LVA rehab clinics were included. During follow-up (mean duration:
1.8 years) 908 (13.3 %) patients retired because of health-related disability. The
variables with the strongest prognostic values were the evaluation of the patient
health status by the physician and the patients themselves and the capacity to work.
The variables with the highest prognostic value were the evaluation on a 1 - 6 visual
analogue scale; a better assessment by one mark of the health status by physician
and patient himself, respectively, was associated with a 53 % and 40 % reduced risk
of disability. Fitness for work at discharge was the most prognostic variable from
the discharge report. Patients who were able to work had a 78 % reduced risk of disability
compared to patients unable to work. Also of prognostic relevance were a positive
performance and the duration of the inability to work the year before rehabilitation.
The variables of the newly developed quality assurance programme of the LVA clearly
demonstrated a prognostic value in terms of risk for subsequent early retirement.
It should be considered to include the ability to work at discharge in the programme
to further improve its prognostic value.
Schlüsselwörter
Rehabilitation - Qualitätssicherung - prognostische Faktoren - EU-/BU-Berentung
Key words
In-hospital rehabilitation - quality assurance programme - prognostic value - disability
- cohort study
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PD Dr. med. Dietrich Rothenbacher
Abteilung Epidemiologie, Deutsches Zentrum für Alternsforschung (DZFA)
Bergheimer Straße 20
69115 Heidelberg
Email: rothenbacher@dzfa.uni-heidelberg.de