Suchttherapie 2003; 4(4): 192-196
DOI: 10.1055/s-2003-45528
Schwerpunktthema
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Selbsterfahrungsübungen als Methode der Suchtprävention - den Umgang mit Sucht- und Genussmitteln lernen?

Exercises of Self-Experience, a Method of Addiction Prevention - Learning how to Handle Addiction and Pleasure Related Substances?Jens Kalke1 , Peter Raschke1
  • 1Institut für Interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD),
    Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKE
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
12. Januar 2004 (online)

Zusammenfassung

Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit Selbsterfahrungsübungen als Methode der Suchtprävention. Dieser konzeptionelle Ansatz ist in der Suchtprävention relativ jung und noch nicht sehr weit verbreitet. Es wird erstmalig für diese Art suchtpräventiver Intervention eine Übersicht zum Stand von Praxis und Forschung gegeben. Neben einer typologischen Einordnung werden der theoretische Ansatz (soziale Lerntheorie bzw. die damit verbundene Selbstwirksamkeitstheorie und der wissenschaftliche Kenntnisstand dargestellt. Das Kernstück bildet jedoch die Darstellung von sieben praktischen Beispielen aus dem deutschsprachigen Raum: In ihnen geht es beispielsweise um das Einhalten von Trinkregeln, um Verzichtsübungen oder um Testfahrten unter Alkoholeinfluss.

Über die Effektivität von Selbsterfahrungsübungen kann noch keine abschließende Aussage getroffen werden. Dafür liegen bislang zu wenige Evaluationsstudien aus diesem Bereich vor. Die vorhandenen Untersuchungen sind jedoch viel versprechend und deuten darauf hin, dass diese Art von suchtpräventiver Intervention wirkt und ein vernünftiger Umgang mit Sucht- und Genussmitteln erlernt werden kann.

Abstract

The paper considers exercises of self-experience as a method to prevent addiction. The concept is rather new and not yet widespread. This paper is the first overview on the state of practice and research of this type of intervention. In addition to a typological classification, we will present the theoretical basis (social theory of learning and the related theory of self-efficacy) as well as the scientific state of knowledge. We will mainly present seven examples from German speaking areas concerning for instance the observation of drinking rules, exercises of renunciation or test driving under the influence of alcohol. The efficacy of the exercises of self-experiences cannot yet be evaluated conclusively. A sufficient number of evaluation studies is not yet available. But those studies that are available so far are promising and indicate that this type of addiction prevention is efficient and that it is possible to learn how to handle addiction and pleasure related substances in a sensible way.

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1 Natürlich spielt auch die Verhaltenssteuerung durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen (beispielsweise strukturelle Präventionsmaßnahmen wie Preis, Werbeeinschränkungen etc.) und durch das soziale Klima eine wichtige Rolle.

2 Auch wenn es sich bei EDDRA dem Namen nach um eine Datenbank zu illegalen Drogen handelt, finden sich hier viele Präventionsmaßnahmen zu legalen Suchtmitteln wie Nikotin oder Alkohol.

Dr. Jens Kalke

Institut für Interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD), Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKE

Martinistraße 52

20246 Hamburg

eMail: KalkeJ@aol.com

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