Fragestellung: Aktuelle Studien zur differenziellen Wahrnehmung eines standardisierten Hitzeschmerzreizes
belegen eine inhibitorische, vom orbitofrontalen (OFC, Bantick et al., 2002) bzw.
vom dorsolateralen Kortex (DLPFC; Lorenz et al., 2003) deszendierende Top-down-Kontrolle
der Schmerzverarbeitung auf den aszendierenden Midbrain-thalamus-cingulate-Weg der
zentralen Schmerzleitung. Emotionale bzw. kognitive Selbstreflexivität (Frith & Frith,
1999; Fonagy, 2001) korreliert ebenfalls mit präfrontalen Aktivierungen. Wir vermuteten
eine Veränderung der zentralnervösen Schmerzmatrix bei Patienten mit einer somatoformen
Schmerzstörung. Methodik: Anhand von 16 Patientinnen (mittleres Alter 50,1J., SD 18,1) mit der SKID-I-Diagnose
einer somatoformen Schmerzstörung untersuchten wir mithilfe eines individualisierten
Hitzeschmerz-Stimulus in der funktionellen Kernspintomographie (Siemens Symphony,
1,5T), welche neuronalen Korrelate der subjektiv gesteigerten Schmerzempfindung (mittlere
Intensität VAS: 7,2–1,7) dieser Probandinnen zugrunde lagen. Die Ergebnisse wurden
vorläufig verglichen mit den neuronalen Korrelaten von n=29 nicht altersgematchten
männlichen Normalprobanden (mittleres Alter 32–10,9J SD) unter der Anwendung desselben
Hitzeschmerz-Paradigmas (mittlere Schmerzintensität VAS: 5,6–1,6). Ergebnisse: Folgende ZNS-Areale innerhalb der zentralnervösen Schmerzmatrix zeigten bei den Patientinnen
mit einer somatoformen Schmerzstörung auf dem Niveau von p<0,001 uncorr. signifikante
Aktivierungen: Posteriore Insel (-36,-6,-9; z=5,3), Thalamus (12,-3,6; z=4,57), parahippocampaler
Gyrus (-36,-39,-6; z=4,51), dorsaler ACC (6,3,42; z=3,92). Im Vergleich zu den n=29
Normalpersonen fiel ein völliges Fehlen präfrontaler Aktivierungen bei den Patienten
mit somatoformer Schmerzstörung auf, während die Kontrollgruppe ausgedehnte Aktivierungen
besonders des dorsolateralen präfrontalen Kortex (DLPFC) zeigte. Schlussfolgerung: Unser Ergebnis lässt einen weitgehenden Ausfall einer präfrontalen Top-Down-Kontrolle
sowie eine verlagerte ACC-Aktivierung als neuronales Korrelat einer zentral gesteigerten
Schmerzwahrnehmung bei Patientinnen mit somatoformen Schmerzen vermuten.
Es handelt sich um die Zwischenauswertung einer Studie, bei der die Untersuchung der
Experimentalgruppe (=somatoforme Schmerzstörung) abgeschlossen ist. Als nächster Schritt
werden die vorgelegten fMRT-Daten mit den hitzeschmerzinduzierten ZNS-Aktivierungen
einer alters- und geschlechtsgematchten Kontrollgruppe von Normalpersonen verglichen.
Auf das Anhängen eines einzelnen fMRT-Hirnschnittbildes haben wir verzichtet.
Key words
Somatoforme Schmerzstörung - funktionelles Kernspin - Hypofrontalität - Mentalisierung