Geburtshilfe Frauenheilkd 2004; 64(9): 936-940
DOI: 10.1055/s-2004-821175
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Selbstvorsorge bei Schwangeren: Besonderheiten in der Arzt/Patientinnen-Beziehung?

Self-Care Program for Pregnant Women: Particularities in the Patient-Doctor Relationship?M. Schreiber1 , E. Saling1
  • 1Erich-Saling-Institut für Perinatale Medizin e. V., Berlin
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Publication Date:
02 September 2004 (online)

Zusammenfassung

Fragestellung: Die vom Zweitautor entwickelte Selbstvorsorgeaktion für Schwangere (SVA), eine Maßnahme zur Prävention von Frühgeburten, bezieht die Schwangeren aktiv in die regulären Vorsorgemaßnahmen ein. Sie achten selber auf Risikohinweise und messen zweimal pro Woche ihren vaginalen pH-Wert. So können Hinweise auf Störungen des vaginalen Milieus oder Infektionen frühzeitig erkannt werden. Aus Kommentaren teilnehmender Frauen entstand der Eindruck, dass sie meist nicht durch ihre Ärzte über die Möglichkeit der SVA informiert wurden und einige Ärzte dieser Maßnahme eher ablehnend gegenüberstanden. Diese Eindrücke sollten verifiziert werden.

Material und Methodik: 140 teilnehmende Frauen wurden schriftlich nachbefragt. Alle Angaben wurden durch die Frauen selbst gemacht.

Ergebnisse: Von den 140 angeschriebenen Frauen erhielten wir 114 Antwortbogen (81 %) zurück. Von der SVA erfahren hatten 75 % der Frauen durch Presse oder Internet, nur 14 % wurden durch ihren Arzt darauf hingewiesen.

Bei 83 Patientinnen (73 %) hat der Arzt den Scheiden-pH-Wert bei seinen Vorsorgeuntersuchungen gemessen. Von der (zusätzlichen) Teilnahme ihrer Patientin an der SVA hatten 34 % der Ärzte keine Kenntnis. Von den Ärzten, die davon wussten, fanden 72 % die Teilnahme gut, 8 % nicht gut und 9 % waren indifferent (andere Angaben: 11 %).

Schlussfolgerung: Die erhobenen Zahlen zeigen, dass nur wenige Ärzte die SVA empfehlen und dass ca. ein Drittel der Ärzte keine Kenntnis davon hatte, dass ihre Patientin an der SVA teilnahm. Über die Gründe dieser mangelnden Kommunikation kann z. Z. nur spekuliert werden. Die teilweise ablehnenden Äußerungen der behandelnden Ärzte gegenüber der SVA waren größtenteils wissenschaftlich nicht nachvollziehbar. Verstärkte Fachinformation der Ärzte über die SVA erscheint nötig.

Abstract

Purpose: The Self-Care Program for pregnant women (developed by the second author), is a measure for the prevention of premature births, involving the pregnant women themselves in the usual prenatal care. The women look out for warning signs and measure their vaginal pH twice a week. Consequently, disturbances of the vaginal milieu and infection can be detected earlier. Based on comments from participating patients, we got the impression that many of them had not been informed by their obstetrician about the Program, and that some physicians were against it. We wanted to verify these impressions.

Materials and Methods: 140 women were questioned again. The data was compiled by the patients themselves.

Results: In 83 (73 %) vaginal pH was measured by the doctor. 34 % of the doctors did not know their patients were additionally participating in the program. Of those who did know, 72 % welcomed the participation, 8 % didn't, and 9 % were indifferent. Other statements: 11 %.

Conclusion: The results show that only few doctors recommended the Self-Care Program and that only one third of them knew their patients were taking part. The reasons for this lack of communication can only be speculated upon.

In most cases there is no scientific basis supporting the reasons why some physicians disapprove of the program. Therefore, it would be advisable to provide the physicians with more information about it.

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Dr. med. Monika Schreiber

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