Psychother Psychosom Med Psychol 2004; 54 - AB63
DOI: 10.1055/s-2004-822525

Der Einfluss psychosozialer Faktoren auf die Prothesenakzeptanz und den Rehabilitationsverlauf nach einer Amputation

C Lange 1, E Seidel 1, M Burgmer 1, HH Wetz 2, G Heuft 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie, Universitätsklinikum Münster
  • 2Klinik und Poliklinik für Technische Orthopädie und Rehabilitation, Universitätsklinikum Münster

Fragestellung: Im Gegensatz zu den physischen Folgen einer Amputation sind deren psychosoziale Aspekte in ihrem Einfluss auf die Akzeptanz und Nutzung einer Prothese und damit auf den weiteren Rehabilitationsprozess vergleichsweise unerforscht. Im Rahmen der ambulanten Sprechstunde der Klinik für Technische Orthopädie des Universitätsklinikums Münster wurde daher die Punktprävalenz psychischer Komorbidität bei Patienten nach einer Gliedmaßenamputation, die Einstellung gegenüber ihrer Prothese sowie die damit erreichte Mobilität untersucht.

Methode: Bei einer konsekutiven Stichprobe von 80 Patienten mit einer Amputation wurde routinemäßig eine umfangreiche Fragebogenbatterie erhoben (TAPES–ein umfangreicher Fragebogen zur Prothesenakzeptanz–HADS, IRES, FKV, FKB-20, IES).

Ergebnisse: Die befragten Patienten waren zwischen 18 und 80 Jahre alt, wobei der Zeitraum der Amputation bei 17% unter 1 Jahr, bei 44% über 10 Jahre lag. Am häufigsten war ein Unfall Grund für die vorliegende Amputation (35%). Die Prothese wurde im Durchschnitt 11 Stunden täglich getragen (Range: 1–20). 27% der Patienten hatten auffällige HADS-Depressionswerte (>10), 27% wiesen HADS-Angstwerte (>8) auf. In einer Regressionsanalyse konnte die Varianz der Variable „Tragedauer einer Prothese in Stunden“ zu 46% durch die Einflussvariablen (a1) psychosoziale Anpassung, (a2) subjektiv wahrgenommene Behinderung durch den Gesundheitszustand, (a3) HADS-Depressionswerte und (a4) Alter erklärt werden. Wichtigster Prädiktor für die Depressions- und Angstwerte war ebenfalls die psychosoziale Anpassung, gefolgt von der Schmerzstärke sowie der durch die Prothese notwendig gewordenen Einschränkungen in sozialen Aktivitäten.

Diskussion: Die vorliegenden Befunde verdeutlichen, dass die beste medizinische Versorgung und Prothesenanpassung aufgrund von psychosozialen Schwierigkeiten und psychischer Erkrankung schnell an ihre Grenzen stoßen kann.