Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2004; 39(11): 692-696
DOI: 10.1055/s-2004-825909
Mini-Symposium
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

3. Internationales Symposium: „Autologe Transfusion - Von der Euphorie zur Ratio: Praktisches Handeln aus wissenschaftlicher Sicht” (Teil II)
Die direkte Retransfusion des postoperativen Drainageblutes zur Vermeidung von Fremdbluttransfusionen - Pro

Autologous Transfusion - from Euphoria to Reason: Clinical Practice Based on Scientific Knowledge (Part II).
Postoperative Shed Mediastinal Blood Retransfusion - Pro
W.  Dietrich1
  • 1Deutsches Herzzentrum München, Institut für Anästhesiologie
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Publication Date:
02 November 2004 (online)

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Die Notwendigkeit der Einsparung von Fremdbluttransfusionen in der operativen Medizin wurde in den vergangenen Jahren, begleitet von großem öffentlichem Interesse, intensiv diskutiert [1]. Die durch Fremdbluttransfusionen übertragenen HIV-Infektionen schärften seit Mitte der 80er-Jahre das Bewusstsein dafür, dass virale Infektionen durch die Transfusion allogener Blutprodukte übertragbar sind. Gerade in dieser Phase wurde das öffentliche Vertrauen in die Sicherheit von Blutprodukten nachhaltig erschüttert. Die - erfolgreichen - Bemühungen [2], die Sicherheit von Blutprodukten zu verbessern, führten aber auch zu erheblichen Kostenanstiegen, so dass Bluttransfusionen heute einen nicht unerheblichen Kostenfaktor in der operativen Medizin darstellen.

Unzweifelhaft hat die Sicherheit von Blutprodukten durch die Einführung neuer Screeningmethoden in den vergangenen 20 Jahren signifikant zugenommen [2]. Doch werden neben dem Risiko der Übertragung infektiöser Erkrankungen auch immunmodulatorische Eigenschaften von allogenen Transfusionen diskutiert [3]. Diese werden von manchen Autoren für eine höhere perioperative Infektionshäufigkeit sowie für eine höhere Langzeitmortalität transfundierter Patienten verantwortlich gemacht [4]. Und schließlich ist auch das Auftreten neuer, durch Bluttransfusionen übertragbarer Erkrankungen nicht ausgeschlossen [5] [6].

Die Notwendigkeit, Fremdbluttransfusionen einzusparen, liegt also auf der Hand. Unterschiedlichste Methoden zur Reduzierung der Transfusionshäufigkeit wurden beschrieben. Die Einhaltung eines rationalen Transfusionstriggers trägt sicherlich am effektivsten zur Vermeidung von Bluttransfusionen bei [1]. Eine weitere Methode ist die Retransfusion des postoperativ verlorenen Drainageblutes. Auf den ersten Blick ist es ein überzeugendes Konzept, dem Patienten das Blut, welches er verloren hat, wieder zu retransfundieren. Diese wohl älteste Blutsparmethode wurde bereits 1896 von Duncan [7] beschrieben. Das Konzept wurde Ende der 70er-Jahre wieder aufgegriffen und bei Operationen mit hohen postoperativen Blutverlusten und großer Transfusionsinzidenz angewendet [8] [9]. Insbesondere in der Herzchirurgie fand diese Methode weite Verbreitung [10] [11]. Schon seit Beginn der Herzchirurgie kommt routinemäßig intraoperativ die Kardiotomie-Saugung und Retransfusion zum Einsatz.

Es gab und gibt jedoch auch Einwände gegen die Anwendung der direkten Retransfusion des Drainageblutes: Zum einen wird hinterfragt, ob diese Methode wirklich den erwünschten Erfolg, nämlich die Einsparung von Fremdbluttransfusionen, erzielt, zum anderen wird die Sicherheit dieser Methode infrage gestellt. Insbesondere die im Vergleich zu Fremdblutkomponenten andere Zusammensetzung des Drainageblutes wird von manchen Autoren als „mangelnde Qualität” und deshalb als Sicherheitsrisiko eingeschätzt [12].

Es muss also gefragt werden, ob die direkte Drainageblut-Retransfusion wirklich zur Fremdbluteinsparung führt und ob der Einsatz dieser Methode unter Sicherheitsaspekten vertretbar ist.